Ich kann es einfach nicht fassen, was heute alles passiert ist, ich wette mit euch, ihr werdet mir nicht ein einziges Wort glauben, das ich gleich von mir geben werde.
Aber zunächst ein paar Worte über mich: mein Name ist Yana Morris, ich bin am 20.12.2006 in Rodewisch geboren, wo das ist? Nun Rodewisch ist eine kleine Stadt im Vogtland, ich bezweifle, dass ihr die Stadt kennt, ich meine, an unserem kleinen Ort ist nichts besonders. Zumindest würden so einige Leute über unsere Stadt sprechen, aber ich bin mir sicher, nicht jede Stadt hat eine eigene Sternenwarte.
Aber das ist nicht der springende Punkt, um den es hier geht. Fakt ist, als ich heute zur Arbeit kam, sollte sich mein Leben auf den Kopf stellen. Ich fuhr also wie auch jeden anderen Mittwoch um 8.30 zur Arbeit, wo mein grimmiger Chef Steffen auf mich wartete, ich sage euch, dieser Typ ist wahrlich kein angenehmer Zeitgenosse. Ach übrigens, wer sich fragt, was arbeitet die eigentlich?
Ich arbeite für die ESA, wem das nichts sagt, stellt euch einen Haufen schlauer Menschen vor, die voller Energie dafür sorgen, dass wir eigentlich mitbekommen, was alles in den Weiten des Weltalls vor sich geht. Ich habe mir damit meinen größten Wunsch erfüllt, seitdem ich klein war, fasziniert mich der Sternenhimmel, sicher hatten auch meine Eltern großen Einfluss auf meine berufliche Entwicklung, wenn ich sage meine Eltern, meine ich damit hauptsächlich meinen Vater. Als ich noch ein kleines Mädchen war, besuchten wir jeden Freitag die Sternenwarte. Er brachte mir alles bei, was er über die Sterne wusste und wenn man bedenkt, dass er selbst Astronaut war, konnte man sich immer auf einen langen Vortrag einstellen.
Schnell wurde mir klar, ich wollte genau wie mein Vater dabei helfen, unseren Kosmos zu erforschen. Ich entschied mich jedoch dazu, nicht an vorderster Front zu sein, nein, ich wollte aus dem Hintergrund das gesamte Weltall durch mein Auge überblicken. Und nun steh ich hier in meinem eigenen Labor, beziehungsweise zumindest in einem Labor, das ich mir mit Steffen teilen muss, er ist der Meinung, er wüsste alles besser und sei mir hundertmal überlegen, er begründet seine Machtposition damit, er sei der deutlich erfahrenere von uns beiden und er besteht darauf, dass er jede meiner Arbeiten überprüfen muss, bevor wir sie umsetzen.
Ich kann diesen Mann nicht ausstehen, es fühlt sich ständig so an, als würde mich ein gigantischer Schatten auf Schritt und Tritt verfolgen und glaub mir, wenn ich sage, dass das kein schönes Gefühl ist. Aber ihr wollt vermutlich wissen, was denn nun heute auf Arbeit vorgefallen ist. Ihr kennt eventuell diese eine Sonde Namens JUICE, sie untersucht 4 Monde des Jupiters und soll, wenn alles gut läuft in einem Jahr, sprich 2034 mit den Untersuchungen fertig sein. Aber warum erzähle ich das alles? Für gewöhnlich kommen nur selten hochrangige Mitglieder der ESA hier vorbei. Ich wusste also sofort als ich die Abzeichen sah, etwas muss vorgefallen sein und in der Tat, die Hauptlinse der Sonde war gesprungen, es schien, als hätte sie der langjährigen Einwirkungen des Kosmos nicht standgehalten. Ein Schock für das ganze Team, das letzte Jahr der Forschung liefert also keine neuen Bilder. Man beauftragte uns also ein Objektiv zu bauen, welches auch langjähriger Belastung durch den Weltraum standhalten solle. Da wir beide Raumfahrttechnik mit Spezialisierung auf Raumfahrttaugliche Okulare studiert hatten, waren wir für diesen Job perfekt geeignet. Wie so oft trug auch bei diesem Auftrag Steffen nichts zum Voranschreiten des Projekts bei, er saß nur da und verfolgte meine Arbeit Tag für Tag mit seinem urteilenden Blick. Es vergingen Monate, bis „wir“ einen Prototyp hergestellt hatten, jetzt mussten wir ihn nur noch testen lassen und überprüfen, ob er denn tatsächlich widerstandsfähiger als sein Vorgänger war. Es stellte sich bei den Tests heraus, dass unsere Version des Objektivs im Vergleich zum Vorgänger die Tests bezüglich der Widerstandsfähigkeit mit 40 % übertraf. Als ich erfuhr, dass meine Arbeit so gut abschnitten hatte, war ich der glücklichste Mensch der Welt. Ich weiß noch genau, wie ich es erfahren hatte, ich war grad mit meinen „Freund“ auf der Dirtstrecke, wir waren grade damit beschäftigt, mit unseren Motorrädern neue Bestzeiten aufzustellen, als wir dann kurz anhielten, guckte ich auf mein Handy und sah, dass ich unzählige Nachrichten hatte, mein Objektiv hatte das alte bei weitem übertroffen. Ich schrie auf und umarmte Jack, er hatte ja keine Ahnung, was gerade geschehen war. Ich erzähle ihm also, dass ich es geschafft hatte. Er sagte zu mir, ich sollte berichten, ich hätte das Objektiv allein gebaut. Er meinte, das ist meine Chance aufzusteigen und mich endlich von Steffen loszureißen. Ich jedoch war, nett wie ich nun mal bin, der Meinung, es sei nicht richtig Steffen so derartig an den Pranger zu stellen, auf der anderen Seite wiederum hatte ich böse Lust, Steffen für seine strafende Art bezahlen zu lassen. Nach einem erholsamen Wochenende auf der Dirtbahn kam ich also zu dem Entschluss, ich würde Steffen nicht verpetzen. Ich komme also am Montag, dem 13.3.2034 wieder in unser Labor und traue meinen Augen nicht. Ich sah Steffen, wie er mit den Auftraggebern der ESA sprach, er war gerade dabei, sich die ganze Arbeit, die ich mir gemacht hatte, unter seine gierigen Finger zu reißen. Ich schritt mit vollem Entsetzen auf sie zu und versuchte zu erklären, dass ich diejenige sei, deren Arbeit hier vor ihnen steht, da fing dieser dreiste Mistkerl doch wirklich an zu lachen, mir aber war überhaupt nicht nach lachen. Ich fragte ihn, ob er mich verarschen wolle, er sagte nur, die Einzige, die sich hier „verarscht“, bist du. Ich konnte es nicht fassen, dass dieser Geier wirklich dachte, er käme damit davon, die Lorbeeren für meine Arbeit einzuheimsen, denn schließlich hatte ich das neue Objektiv für JUICE 2 entwickelt und nicht er. Es folgten Wochen um Wochen an Rechtsstreit, zum Schluss, als sich zeigte, dass er den Prozess verlieren würde, ersuchte er mich um „Gnade“, doch das mit der Gnade konnte er sich sonst wohin stecken. Für diese dreiste Aktion wird er sicher nicht schadenfrei davonkommen. Als ich den Prozess gewonnen hatte und Steffen für seine Taten sofort aus der Forschungseinrichtung verbannt wurde, wurde ich zur Leiterin des Labors und war ab sofort an vorderster Front in die Planung und Umsetzung von JUICE 2 involviert und in nur weniger Jahren würde die Menschheit durch mein Auge etwas mehr über den Kosmos wissen.