Invictus?

Wettbewerbsbeitrag von Cyanide, 16 Jahre

Die Invicti sind die Besten der Besten. Um ihrer Crew beizutreten, musste man eine Reihe von Tests mit einer weit überdurchschnittlichen Punktzahl bestehen. Damit sollte sichergestellt werden, dass nur die begabtesten Menschen an der bisher größten Weltraumforschung der Menschheit teilnehmen durften. Zumindest war uns das so gesagt worden.
„Sie sind absolut wahnsinnig." „Ich bevorzuge genial", entgegnete der Captain. „Sie nennen das Auslöschen der menschlichen Rasse genial?!", rief ich, empört von seiner schieren Ignoranz. „Wir löschen nicht alles aus, Samira. Jeder, der es wert ist, gerettet zu werden, ist an Bord dieses Schiffes", korrigierte er mich. „Warum erzählen Sie mir das alles?" Der Captain seufzte: „Da du der Invictus aufgrund deiner Intelligenz beigetreten bist, hatte ich gehofft, dass du es verstehen könntest. Die Menschheit braucht einen Neustart." „Den Teil verstehe ich", unterbrach ich ihn, „aber es gibt bessere Wege, um neu anzufangen!" „Es gibt keinen anderen Weg, den wir nicht schon probiert haben, Samira. WACHEN!" Zwei große, bis an die Zähne bewaffnete Leute kamen herein. Widerstand war zwecklos.
Während die Wachen mich durch die Gänge zerrten, drehten sich meine Gedanken im Kreis. Eine Bombe, die in der Lage war, die gesamte Erde zu zerstören. Eine Bombe wie diese konnte es nur einmal geben, oder? Wenn ich es also irgendwie schaffen würde, den Einschlag auf der Erde zu verhindern…? Eines war klar, ich konnte nicht zulassen, dass der Captain gewann, ich brauchte einen Plan. Da der Weg zu meinem Zimmer lang war, hatte ich mir schon einen ausgedacht, als wir dort ankamen. Es war kein großartiger Plan, aber besser als gar nichts zu tun. Mit ein bisschen Glück würde er perfekt funktionieren. Sobald die Wachen die Tür hinter mir verschlossen hatten, eilte ich zu meinem Kleiderschrank. Mit aller Kraft schob ich ihn zur Seite und eine schwarze Metalltür erschien. Meine Vorgesetzten wussten von dem geheimen Raum, hatten ihn aber nie beachtet. Sie gingen davon aus, dass ich ihn nutzte, um in Ruhe die von mir benötigten Berechnungen durchzuführen. Damit hatten sie nicht ganz unrecht. Als ich meine geheime Kammer betrat, wurde ich von meinen technischen Geräten begrüßt, die sich bis dicht unter die Decke stapelten. Ich sprintete zu einem der Monitore hinüber und tippte hektisch den Code ein. „Komm schon", flüsterte ich. Mir lief die Zeit davon und das machte mich nur noch panischer. Ich las mir den Code noch einmal durch. Es gab nur einen Versuch, wenn der nicht klappte, war alles vorbei, bevor ich überhaupt begonnen hatte. Ich holte ein letztes Mal tief Luft und drückte auf Enter. Sofort ertönten alle Sirenen auf der Invictus: „Asteroidenloch entdeckt. Alle Bewohner in Sektor 4B." Der erste Schritt war getan, ich hatte das Sicherheitssystem erfolgreich überlistet. Ich eilte aus dem geheimen Raum und wie erwartet stand meine Tür weit offen. Ich konnte nicht anders, als im Stillen zu feiern. Für den Fall, dass es tatsächlich einen Asteroidenloch gab, wurden alle Türen geöffnet, um sicherzustellen, dass niemand in seinem Zimmer festsaß und dem Tod überlassen wurde. Ich hetzte aus der Tür und durch die Gänge in Richtung des Kontrollraums. Der Kontrollraum befand sich in Sektor 1A, entgegengesetzt 4B. Die Chancen, dass ich jemanden treffen würde, wurde mit der Zeit immer geringer. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte ich endlich den Sektor 1A und konnte die rote Metalltür sehen. Ich zog die Tür auf und befand mich im Herzen des Schiffes. Plötzlich schien die Welt stillzustehen, als ich entsetzt stehen blieb. Die Sirenen im Hintergrund verklangen, die weißen Wände des Kontrollraums schienen plötzlich so unerreichbar weit weg. Mein Mund war trocken, als ich auf die fetten weißen Buchstaben auf dem großen Bildschirm starrte: „Automatische Detonation in T-40 Sekunden". Ein altes Gespräch kam mir wieder in den Sinn. Es hatte zwischen dem Captain und dem Chefingenieur stattgefunden. „Entweder wir überleben als Einzige oder wir sterben alle." Der Captain hatte genickt und ihm auf die Schulter geklopft. Ich hatte es als eine weitere seltsame Analogie des Ingenieurs abgetan. Was ich ursprünglich gemacht hatte, um mir einen Vorteil zu verschaffen, hatte meinen Plan unvermutet noch viel schwieriger gemacht. Meine eigene Finte hatte die Detonation aktiviert. Laut fluchend rannte ich auf das Steuerpult zu. Als ich es erreichte, sank mein Herz. So nah war ich noch nie dran gewesen, und erst jetzt sah ich die schier endlose Menge an Knöpfen. Wie sollte ich in so kurzer Zeit den richtigen finden?! 30 Sekunden. Ich rannte um den Tisch herum und versuchte, überall gleichzeitig zu suchen. Dann, gerade als der Timer die 15-Sekunden-Marke erreichte, fand ich ihn. Ein großer blauer Regler mit einem kleinen Bildschirm direkt daneben. Ich eilte hinüber. Ein großer roter Punkt für uns, eine grüne Linie für den Kurs der Bombe und ein blauer Punkt für die Erde. 10 Sekunden. Ich hatte keine Zeit zu verlieren. Schnell riss ich den Regler zur Seite. Die rote Linie zeigte nun in die entgegengesetzte Richtung. 5 Sekunden. Keine Zeit zum Nachdenken, ich schlug mit der Hand auf den blauen Regler. Ein dumpfes Brummen ertönte. Der Countdown war verschwunden, der Bildschirm war schwarz.
Die Bombe war weg. Geschafft! Es war vorbei.
Aber tief in mir wusste ich, dass das nicht stimmte. Es war noch nicht wirklich vorbei. Dieser Teil des Ganzen vielleicht schon. Wenn der Captain am Leben blieb, wenn ihn niemand stoppte... Als ich in die unendlichen Weiten des Weltraums hinausblickte, konnte ich die Erde sehen. Mein Zuhause, der Ort, an dem meine Freunde und meine Familie immer noch auf meine Rückkehr warteten. Für einen Moment war es so, als ob ich sie direkt vor mir sehen könnte. Ich musste sie beschützen. Je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde es. Der einzige Weg, dass dieser Wahnsinn ein glückliches Ende hatte, war, dass ich den Captain tötete.

Alle Infos

Die Über All Lesung

Lasst euch von sieben der Preisträger:innen des Wettbewerbs Über All in ferne Welten entführen

Die Über All-Preisträger:innen

Vielen Dank an alle Teilnehmenden für diese spannenden Exkursionen ins All und herzlichen Glückwunsch den Preisträger:innen

Die Über All Jury

Teilnahmebedingungen

Preise - Das gibt es zu gewinnen!

Schirmherrin Dr. Suzanna Randall

EINSENDUNGEN

Autorin / Autor: Cyanide