Planet 333 – Faszination, Fröhlichkeit und Frieden

Wettbewerbsbeitrag von Hanna, 25 Jahre

Blinzelnd verschwand die Dunkelheit, die mich in den letzten Minuten eingehüllt hatte und meine Sicht tauchte sich in ein funkelndes Silber. Es dauerte ein paar weitere Sekunden bevor ich realisierte, dass das metallische Glitzern in Wahrheit aus drei großen runden Augen stammte, welche mich interessiert musterten.
„Kalinareos. Sei gegrüßt, Menschling, auf Planet Kalina.“ Die technisch klingende Stimme des Wesens vor mir katapultierte mich vollends zurück ins Hier und Jetzt. Ich hörte mich scharf nach Luft schnappen, denn ich hatte es geschafft. Ich hatte es tatsächlich geschafft.
Seit ich ein kleines Mädchen war, hatte ich davon geträumt, unser Weltall zu erforschen. Ich wollte ferne Galaxien bereisen und fremde Sterne und Planeten bewandern, wollte durch Wurmlöcher springen und schwarzen Löchern ausweichen. Und dabei hatte mich immer diese eine Frage beschäftigt. Diese Frage, die schon seit Jahrhunderten die Menschheit beschäftigte … Die Frage über die Existenz von Außerirdischen.
Nun hatte ich, eine Frau, es tatsächlich geschafft, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Vor mir stand der handfeste Beweis. Ich konnte es kaum erwarten, meinen männlichen Kollegen, die weniger begeistert über die Tatsache waren, dass eine Frau auserwählt wurde, um sich mit der Kapsel von dem Raumschiff für wenige Stunden auf Planet 333 abzuseilen und diesen zu erkunden, von meiner Entdeckung zu berichten, sobald ich mich wieder zu ihnen ins Haupt-Shuttle gesellen würde.
Dies war nicht nur ein großer Schritt für die Menschheit, sondern vor allem einer für die gesamte weibliche Bevölkerung.
„Amika.“ Die Gestalt mit der grauen Haut, die wie Leder wirkte, zeigte auf sich.
„Malia.“ Nachahmend zeigte ich ebenfalls auf mich. Dann ließ ich meinen Blick kurz über das Wesen gleiten, ehe ich die Umgebung musterte und aus dem Staunen nicht mehr herauskam.
Die außerirdische Existenz vor mir war vielleicht einen Meter groß. Höchstens. Es besaß keine Haare oder Ohren, dafür aber zwei antennenartige Auswüchse, die rechts und links aus seinem Kopf in die Höhe zeigten, und Augen wie silbern glitzernde Discokugeln.
Die glitzernden Halbkugeln in seinem Kopf passten perfekt in die Umgebung, denn der Boden bestand zwar aus weiß-grauem Stein wie der Mond, aber wenn ich gen den schwarzen Himmel schaute, leuchteten mich Himmelskörper in den verschiedensten Farben und Formen an.
„Du mögen Planet Kalina?“ Erst jetzt bemerkte ich, dass Amika weder Ohren noch Mund besaß. Ich vermutete, dass die Antennen wohl für die Kommunikation zuständig waren, allerdings erklärte das noch nicht … „Wieso sprichst du unsere Sprache?“
„Wir schon lange wissen von Menschlingen“, erklärte das kleine Kalinarer-Wesen.
Verdutzt sah ich zu ihm, während wir uns in Bewegung setzten und es mich in Richtung eines großen Platzes führte. Überall standen kleine Gebäude, die aus demselben Gestein waren wie der Boden und die aus Formen bestanden, von denen die Geometrie nur träumen konnte. Die Wege waren mit ähnlichen Antennen gesäumt an dessen Enden Disco Kugeln hingen, nur größer. Dazwischen liefen kleine Kalinarer umher, die mir kurioserweise keine Beachtung schenkten, sondern so taten, als wäre es ganz alltäglich, dass eine außerirdische Spezies Fuß auf ihren Planeten gesetzt hatte.
„Wieso habt ihr nie Kontakt aufgenommen?“ Verständnislos sah ich zu meinem kleinen Begleiter, der meinen Blick ebenso erwiderte.
„Und was hättet Menschlinge dann getan?“
Bevor ich antworten konnte, erreichten wir den Platz. Es war das Herz von Kalina. In der Mitte war ein riesiger Kristall platziert, der aus dem gleichen Material wie die Discokugeln zu sein schien. Durch die bunten Himmelskörper funkelte er in den schönsten Farben und die Reflexion tauchte den Platz in ein atemberaubendes Lichterspiel. Unendlich viele kleine Straßen zweigten von der Mitte wie Venen ab und verbanden den gesamten Planeten zu einem großen funktionierenden Kreislauf, wie ich von meinen Beobachtungen aus dem Raumschiff bereits wusste. Überall waren weitere Einheimische, die umherliefen, gemeinsam Be-wegungen vollführten, die an menschliches Tanzen, und Laute von sich gaben, die an Lachen erinnerten. Die Art, wie sie miteinander interagierten war so friedlich und dann wurde mir schlagartig klar, warum sie uns nie kontaktiert hatten.
Die Menschheit war noch nicht bereit dafür. Nicht dafür, dass sie nicht die einzige Spezies im Universum war. Und auch nicht dafür, nicht die fortschrittlichste Spezies zu sein.
Menschen hatten schon immer die Dreistigkeit gehabt, sich das Recht rauszunehmen, darüber zu urteilen, wer wertvoller war als jemand anderes. Ich selbst war ein guter Beweis dafür. Warum war es für mich als Frau so viel schwieriger, diese Mission machen zu dürfen? Weshalb hatte ich so viele Hürden mehr zu bewältigen gehabt als die Männer, mit denen ich auf dieselbe Mission gefahren war? Wieso gab es so viel Unfairness und Kriege auf der Erde und wieso konnten wir nicht einfach so friedlich wie die Kalinarer leben?
Das Wissen über die außerirdische Existenz würde die Menschheit verängstigen. Sie würden sich bedroht fühlen, weil sie nicht würden begreifen können, dass ein Leben in Harmonie und Frieden tatsächlich möglich war.
Amika griff nach meinen Händen und ehe ich mich versah, war ich von hüpfenden und tanzenden Kalinarern umgeben. Feiernd umkreisten wir den großen Kristall unter dem nachtschwarzen Himmel mit Planeten und Sternen, die ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können, und mit jeder Sekunde, die verstrich, wusste ich, dass ich nicht zulassen konnte, dass wir Menschen das zerstörten. Dass die Existenz dieser friedlichen Wesen mein Geheimnis bleiben würde, zumindest vorerst, bis wir bereit waren. Bereit, zu verstehen, dass wir nicht die führende Spezies waren, sondern ein klitzekleiner Teil von etwas so viel Größerem. Das Weltall war unendlich und wir hingegen nicht. Es war mehr als genug Platz für uns alle da und niemand war etwas Besseres oder mehr wert. Niemand hatte mehr eine Daseinsberechtigung als jemand anderes es hatte. Weder im Universum noch auf der Erde. Leben und leben lassen, richtig? Nein, dafür waren wir wirklich nicht bereit.

Alle Infos

Die Über All Lesung

Lasst euch von sieben der Preisträger:innen des Wettbewerbs Über All in ferne Welten entführen

Die Über All-Preisträger:innen

Vielen Dank an alle Teilnehmenden für diese spannenden Exkursionen ins All und herzlichen Glückwunsch den Preisträger:innen

Die Über All Jury

Teilnahmebedingungen

Preise - Das gibt es zu gewinnen!

Schirmherrin Dr. Suzanna Randall

EINSENDUNGEN

Autorin / Autor: Hanna