Wettbewerbsbeitrag von Tami Signer, 18 Jahre

Die Dämmerung begann sich bereits auszubreiten, als sich plötzlich ein leuchtend blaues Licht durch den Wald bahnte. Die Astronomin, die zuvor beinahe regungslos im Gebüsch gekauert hatte, bewegte sich nun mit langsamen Schritten darauf zu. Die Sensation war ihr zu diesem Zeitpunkt näher als jemals zuvor. In ihrer rechten Hand hielt sie eine schwarze Kamera fest umklammert. Ihre Hände waren schweissnass, als sie die rechte Hand ganz langsam hob und mit ihrem Zeigefinger den Auslöser zu betätigen versuchte.
Der gelbe Blitz, der den fast in Schwärze getauchten Nachthimmel durchzuckte, liess sie sofort erschrocken zusammenfahren. Wie hatte ihr bei der Vorbereitung so etwas wichtiges nur entgehen können? Doch so erschrocken sie auch war, so überrascht war sie auch, als sie, zwar nur einen winzigen Augenblick, jedoch klar und deutlich, ein rundliches Objekt erkennen konnte, welches sich nur wenige Meter vor ihr auf dem Waldboden befand.
Als sie sich langsam zurückzuziehen begann, waren ihre Augen noch immer starr auf das mystische Objekt gerichtet. Es sah aus wie ein UFO aus diversen Kinderbüchern. Eine Art runder Teller, auf dessen Mitte sich eine kleine Kapsel erhob, welche mit lauter kleinen Fenstern versehen war. Das blaue Licht, welches zuvor noch klar geleuchtet hatte, wurde nun immer dunkler, bis auch das letzte sichtbare Flackern verschwunden war. Angestrengt kniff die Astronomin die Augen zu kleinen Schlitzen zusammen, mit der Hoffnung, doch noch ein kleinstes Detail erkennen zu können. Vergeblich. Sie hatte zu wenig gesehen, um sich vollkommen sicher zu sein.
Erst, als sie mehrere Meter hinter sich gelassen hatte, wandte sie ihren Blick ab und drehte sich um. Anschliessend setzte sie ihren Weg fort, diesmal jedoch rascher. Sie war so in ihre Gedanken vertieft, dass sie das eigenartige Wesen am Rande des Waldweges beinahe übersah. Beunruhigt blieb sie stehen und starrte es an. Sein Kopf war leicht oval geformt, im Vergleich zum eher mageren Körper riesig. Seine Augen waren ebenfalls viel zu gross und schienen in den Höhlen zu schlafen.
Das Wesen bewegte sich keinen Zentimeter. Hoch aufgerichtet stand es da und schien sie überhaupt nicht zu bemerken. Normalerweise hätte sie es mit einem Alien in Verbindung gebracht. Doch irgendetwas, sie konnte nicht sagen, was genau es war, hielt sie von diesem Gedanken ab. Zittrig hob sie die eine Hand und winkte bedächtig vor dem Gesicht des Wesens herum. Keine Reaktion.
Also hob sie ein zweites Mal die Kamera, dachte diesmal daran, den Blitz auszuschalten, und drückte ab. Mehrere Male. Dann, ohne ihre Augen abzuwenden, klickte sie sich durch die entstandenen Bilder und vergrösserte sie teilweise leicht, um deren Qualität zu untersuchen. Anschliessend suchte sie abermals den Blick des Wesens und brachte sogar einige Worte über ihre Lippen: «Wer bist du? Woher kommst du?» Sie wusste selbst, wie lächerlich dies klang. Doch etwas Besseres fiel ihr zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich ein.
Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, bekam sie keine Antwort. Nur, die Augen waren mittlerweile auf sie gerichtet. Dies war zwar nur ein kleiner Unterschied, aber einer, der ausreichte, um etwas lebendiges daran zu entdecken. Es war jedoch unmöglich, nähere Schlüsse zu ziehen. So seufzte sie leise und setzte ihren Weg, diesmal ohne Zwischenfälle, fort. Je eher ihre Forscherkollegen von ihrer Entdeckung erfuhren, desto besser. Niemand konnte wissen, wie lange dieses Flugobjekt und das eigenartige Wesen noch da sein würden.
Am Parkplatz des Waldrandes angekommen, setzte sie sich ans Steuer und raste, deutlich schneller als die Ampel es zuliess, in Richtung Forschungsinstitut. Normalerweise war das Institut um diese Zeit geschlossen und niemand hielt sich mehr darin auf. Doch heute war das grosse silberne Gebäude vollends beleuchtet. In jedem einzelnen Zimmer brannte hell loderndes Licht.
Ein wenig nervös stieg sie aus und betrat durch eine Drehtür die Eingangshalle. Ihr Weg führte sie zu einem riesigen Labor, in welchem die verschiedensten Objekte, die mit Ausserirdischen zu tun hatten, untersucht wurden. Da im Labor alles sauber gehalten werden musste, zog sie sich den üblichen weissen Kittel an und schnürte die dazugehörende Kapuze fest.
Kurze Zeit später stand sie Professor Clark, dem Leiter des Labors, gegenüber. Er wartete bereits erwartungsvoll an seinem üblichen Arbeitsplatz. Um ihre Forschungskollegen möglichst nicht zu stören, tappte sie leise auf Zehenspitzen zu ihm und berichtete im Flüsterton, was zuvor im Wald vorgefallen war. Die Augen des Professors schienen sich nach jedem Wort einige Millimeter zu weiten. Ungläubig sah er sie an.
Schliesslich seufzte er und rieb sich mit der Hand über seine Stirn. «Du willst mich doch auf den Arm nehmen, nicht wahr?», fragte er dann schwach. Sie erwiderte seinen Blick unverwandt, ohne ein Wort von sich zu geben. «Also gut», meinte Professor Clark nach kurzem Zögern, «Ich werde mich mit ein paar Kollegen auf den Weg machen und mich selbst davon überzeugen.» Die Astronomin nickte knapp und fügte hinzu: «Ich werde Sie begleiten, Professor.»
Wenige Minuten später hatte der Professor all diejenigen, die mitkommen sollten, zusammengerufen. Der Weg in den Wald dauerte kaum zwanzig Minuten. «Pssst, hier in der Nähe muss es sein…», flüsterte die Astronomin leise, während ihr Blick aufmerksam umherhuschte. «Da!», rief ein junger Mann, der mit seinem Zeigefinger auf eine Wölbung in der Erde, wahrscheinlich ein Maulwurfshügel, deutete. «So ein Quatsch! Hören Sie gefälligst auf damit!», zischte die sie wütend in dessen Richtung.
Nachdem die kleine Gruppe einige Meter weiter in den Wald eingedrungen war, sahen sie es. Eindrücklich und wieder mit einem leuchtend blauen Licht versehen, stand es da. Die Astronomin bemerkte, dass die meisten ihr Staunen nicht verbergen konnten. Zu sehr waren sie überrascht, oder vielleicht sogar überfordert von diesem Anblick. Schliesslich befasste sich jeder einzelne von ihnen seit etlichen Jahren mit unbekannten Flugobjekten, Aliens, dem Universum und allem was sonst noch so dazugehörte.
Professor Clark schlich langsam näher und winkte dann die restliche Gruppe herbei. Sie standen nun keine zwei Meter mehr davon entfernt. Die Astronomin bestieg nun mit hoch erhobenem Kopf die kleine Treppe, die wahrscheinlich vom UFO ausgefahren worden war.
Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass etliche Schalter vorhanden waren, die sie so lange erforscht hatte, blickte sie ein wenig traurig, aber dennoch mit einer freudigen Erwartung ein letztes Mal nach draussen und in die lächelnden Gesichter ihrer Forschungskollegen. Dann schloss sich die Tür und die Astronomin verschwand dahinter.

Augenblicklich schreckte Talia auf. Schweissgebadet und mit pochendem Herzen tastete sie nach der Nachttischlampe. Noch völlig verschlafen liess sie die Geschichte ein zweites Mal durch den Kopf gehen. Eines Tages, da war sie sicher, würde sie so etwas wirklich erleben. Nur war es jetzt leider noch zu früh dafür.
Doch bekanntlich ist es nie zu spät, um Träume wahr werden zu lassen…

Alle Infos

Die Über All Lesung

Lasst euch von sieben der Preisträger:innen des Wettbewerbs Über All in ferne Welten entführen

Die Über All-Preisträger:innen

Vielen Dank an alle Teilnehmenden für diese spannenden Exkursionen ins All und herzlichen Glückwunsch den Preisträger:innen

Die Über All Jury

Teilnahmebedingungen

Preise - Das gibt es zu gewinnen!

Schirmherrin Dr. Suzanna Randall

EINSENDUNGEN

Autorin / Autor: Tami Signer