Traumhafte Tomaten
14:34 Uhr, am 17.Juli
Liebes Tagebuch,
Heute soll die Tomatenpflanze kommen, die ich schon seit Wochen erwarte. Sie ist sehr besonders, da sie eine der wenigen Ableger einer Tomatenpflanze ist, die im Weltall gezüchtet wurde.
Na gut, vielleicht ist sie nur für mich so besonders, denn ich bin, seit ich denken kann, vom Weltall fasziniert. Ich liebe es einfach, mir Gedanken darüber zu machen, was noch alles da draußen sein könnte. Als ich noch jünger war, schaute ich abends immer mit meinem Vater in den Himmel und zusammen suchten wir uns dann Sterne aus und überlegten, was darauf sein könnte. Vielleicht eine Wüste? Oder ein großes Meer?
Ich hatte schon immer einen Lieblingsstern. Den sah ich das erste Mal kurz bevor ich eingeschult wurde. Ich nannte ihn Perle, nach meinem Glücksbringer, einem kleinen Perlhuhn aus Holz. Leider habe ich es vor kurzem verloren. Ich war sehr traurig, da ich es immer mit mir herumtrug.
Aber zurück zu dieser tollen, wunderbaren, ach was sag ich: famosen Tomatenpflanze. Ich platze fast vor Aufregung, wie sie aussehen wird und habe schon einen kleinen Platz für sie auf der Fensterbank vorbereitet. Sicherlich habe ich schon 10-mal darübergewischt.
Bis morgen,
Thea
PS.: Die Tomatenpflanze ist um genau 20:48 Uhr gekommen und sie trägt sogar Früchte. Juhu! Davon werde ich mir heute Abend direkt eine gönnen.
07:58 Uhr, am 18. Juli
Liebes Tagebuch,
Die Tomaten schmecken so gut, ich liebe sie. Ich musste mich zurückhalten, nicht gleich alle zu essen, denn die Pflanze ist noch klein und trägt nur wenige Früchte.
Aber das nur am Rande. Ich hatte heute Nacht so einen wirren Traum. Es hat sich fast wie echt angefühlt.
Das ist passiert …
Es war finster und extrem heiß. Und diese ganzen Gerüche, sie waren so fremd. Plötzlich knackte es. Ich fuhr herum. Ich konnte nichts sehen. Noch mehr Geräusche, sie kamen von überall. Ich streckte meine Hände aus und tastete mich langsam vorwärts. Plötzlich berührte meine linke Hand etwas Haariges. Aus Reflex zuckte ich zurück. Dabei stolperte ich ein ganzes Stück nach hinten. Als ich mein Gleichgewicht wiedergefunden hatte, stellte ich fest, dass es etwas heller geworden war.
Überall um mich herum liefen kleine haarige Wesen. Immer, wenn sie meine Blicke spürten, huschten sie aus meinem Sichtfeld.
Sie gingen mir ungefähr bis zum Knie und waren sehr flink und wild bewachsen. Je mehr ich mich umschaute, desto mehr von ihnen entdeckte ich. Einige waren rötlich wie das Moos auf dem Boden, andere grünlich wie die bewachsenen Bäume, die ich auch erst jetzt sah.
Das Gewusel erinnerte mich an einen Ameisenhaufen: Es sah alles sehr durcheinander aus, hatte aber irgendwie System. Manche der Wesen trugen etwas, andern zogen etwas hinter sich her. Wieder andere tobten auf dem Boden herum und sahen so aus, als hätten sie riesigen Spaß dabei. Irgendwie war ich mir sicher, dass sie merkten, dass ich da war. Sie interessierten sich bloß nicht für mich.
Ich bahnte mir einen Weg durch die Wesen, um zu schauen, was es sonst noch an diesem verrückten Ort gab. Aber da klingelte mein Wecker und ich wurde abrupt aus dem Schlaf gerissen.
Das war schon ein sehr verwirrender Traum.
Jetzt muss ich mich aber beeilen, um noch meinen Bus zu kriegen.
Bis morgen,
Thea
PS (21:58 Uhr, am 18.07.).: Den Bus habe ich noch gekriegt. Und heute Abend musste ich wieder eine dieser leckeren Tomaten essen. Sie war sogar noch köstlicher als die von gestern.
06:17 Uhr, am 19. Juli
Liebes Tagebuch,
Auch heute habe ich wieder so einen Stuss geträumt, man kann es fast nicht glauben. Obwohl ich gestern Abend nicht mal meine aufregende Serie geschaut habe.
Leider ohne Erfolg! Aber jetzt zum Traum…
Diese mal konnte ich meine Umgebung sofort wahrnehmen: Hier gab es fast nichts. Und es war recht kalt. Ich probierte aufzustehen, was mir außergewöhnlich schwerfiel. Als hätte jemand die Schwerkraft verzehnfacht. Nach einiger Zeit schaffte ich es, aber nicht ohne komplett von dem Staub bedeckt zu werden, der auf dem Boden lag. Dieser war rot und schmeckte nicht gut, wie ich unfreiwillig bei einem meiner Aufstehversuche feststellte.
Anscheinend war ich in einer Grube. Da sie nicht sehr tief schien, probierte ich an den Wänden hochzuklettern. Ich brauchte mehrere Anläufe, aber schließlich gelang es mir. Danach klopfte ich mir erstmal auf die Schulter.
Eine unglaubliche Weite lag vor mir. Alles war mit rotem Staub bedeckt. Ich drehte mich einmal im Kreis, aber so weit das Auge reichte, konnte ich nur Krater und Felsen entdecken. Aus einem dieser Krater war ich gerade herausgeklettert.
Den Himmel schaute ich mir mit Begeisterung an. Ich hatte noch nie so viele Sterne auf einmal gesehen. Es war, als würde mein ganzes Blickfeld nur aus Sternen bestehen. Ich wollte mehr von dieser anderen Welt entdecken. Nach einer kurzen Suche sah ich einen perfekten Felsen: hoch genug, damit ich noch mehr sehen würde, aber gleichzeitig nicht zu schwer zum Besteigen.
Als ich die Spitze erreicht hatte, war ich ganz schön aus der Puste. Aber der Blick war es wert. Ich hatte das Gefühl, das ganze Universum zu sehen. Nachdem ich den Ausblick einige Zeit genossen hatte, suchte ich nach mir bekannten Sternen und Planeten. Am Anfang dachte ich, dass ich mir irren würde, aber dann war ich mir sicher: Ich sah unsere Erde und ihren Mond. Das brachte mich wirklich aus dem Konzept.
Bevor ich aber länger darüber nachdenken konnte, schrillte mein Wecker und rüttelte mich aus dem Schlaf.
Das war echt verrückt und was noch komischer war: Heute morgen klebte roter Staub an meinen Füßen. Aber das war doch wohl nicht möglich? Nein. Ich war sicherlich gestern Abend nur irgendwo reingelaufen.
Bis morgen,
Thea
10:58 Uhr, 20. Juli
Liebes Tagebuch,
Der rote Staub ließ mir keine Ruhe und gestern Abend wollte ich es wissen. Ich habe erneut eine Tomate vor dem Schlafen gehen gegessen und dann ganz stark an meinen Lieblings-Planeten Perle gedacht. Würden mich die Tomate wirklich hinaus ins Weltall bringen? Ich hoffte sehr. Mit Vorfreude legte ich mich ins Bett und war fast zu aufgeregt, um einzuschlafen, aber irgendwann klappte es doch.
In diesem Traum fand ich mich auf einer Wiese wieder. Es war keine normale Wiese, die Halme bestanden nur aus Glas. Das durchscheinende Sonnenlicht funkelte in allen Regenbogenfarben. Es sah aus wie in einem Märchen.
Vorsichtig stand ich auf, um das Glas nicht zu zerbrechen und fing an, die Umgebung zu erkunden. Eine ganze Zeit ging ich über verschiedenste Glasarten, die alle anders funkelten. Bis ich schließlich an einem sonderbaren Meer ankam. Das war nicht aus Glas, sondern aus vielen unterschiedlich großen Perlen.
Bei jeder Welle wurden neue Perlen an den Strand gespült. Es war ein faszinierender Anblick. Ich wagte mich langsam in die Wellen hinein. Es war ein unglaubliches Gefühl, wirklich unglaublich.
Eine Ewigkeit lief ich in der Perlenbrandung. So hatte ich mir Planet Perle damals vorgestellt. Irgendwann stieß ich mit meinem Fuß an etwas kleines Spitzes. Ich bückte mich, um es aufzuheben. Gerade noch konnte ich meine Hand darum schließen, da schreckt mich mein Wecker aus dem Schlaf.
Ich merkte direkt, dass ich immer noch etwas in meiner Hand hielt. Langsam öffnete ich sie. Da lag mein Perlhuhn. Ich hätte vor Freude fast geweint. Ich kann immer noch nicht glauben, dass mein Perlhuhn wieder da ist. Mein verloren geglaubter Glücksbringer!
Bis morgen,
Thea
21:08 Uhr, 21.07
Liebes Tagebuch,
Nach den gestrigen Ereignissen bin ich mir jetzt sicher. Es waren die Tomaten, durch die ich in den Weltraum reisen konnte.
Leider hat meine Pflanze nun keine Tomaten mehr, was heißt, dass fürs Erste Schluss mit den Reisen ist.
Aber es wird hoffentlich bald weitere geben, denn die Pflanze hat schon neue Blüten. Ich muss sagen, ich freue mich schon!
Aber jetzt erst mal gute Nacht,
Thea
Autorin / Autor: Dorothea S.