Japanische Jugendkultur - Teil 3

Weg mit der Schuluniform - her mit den Designerklamotten

Also pure Rebellion gegen die traditionelle Erziehung kombiniert mit einer Prise Realitätsflucht? Vor allem in letzter Zeit orientierten sich Yukiko und andere japanische Jugendliche immer mehr an der westlichen Welt und übernehmen ihre Werte. Yukiko weiß, wie EuropäerInnen und AmerikanerInnen leben und stellt die Wertvorstellungen ihrer Eltern in Frage. Sich in der Schule abrackern, nach dem Studium in ein Unternehmen eintreten, rund um die Uhr dort zum Wohl der Firma und zum Ruhme Japans arbeiten und bestenfalls am Wochenende für die Familie da sein, kann in ihren Augen nicht alles sein. Arbeits- und Perspektivlosigkeit macht sich unter den Jugendlichen breit. Wozu einen Beruf erlernen, wenn das auch nicht vor Arbeitslosigkeit schützt? Yukiko und viele andere Mädchen und Jungen des Landes, das bis vor kurzem vor allem durch Schuluniformen, Traditionen und "Einheitsbrei" geprägt war, versuchen sich von der grauen Masse abzusetzen, hervorzustechen und einfach ein Individuum darzustellen. Längst hat sich eine Jugendkultur entwickelt, die stark von den modernen Technologien und Medien geprägt wird und Auswege findet, um sich dem allgemeinen Anpassungsdruck zu widersetzen.

Von Mc Donalds, Automaten an jeder Ecke und Curryreis aus Plastik

In ihrer wenigen Freizeit trifft sich Yukiko meistens mit FreundInnen bei Mc Donalds, da die Wohnung ihrer Eltern - wie auch die vieler anderer Tôkyôter - sehr klein ist. Dort machen sie dann ihre Hausaufgaben und hängen einfach zusammen ab. Wenn sie sich danach auf eine kleine Shoppingtour durch Tôkyô machen, begegnet ihnen eine Sache an jeder Straßenecke - Automaten (vending machines). Knapp 6 Millionen dieser stummen Verkäufer sind über das Land verteilt. Geöffnet haben Sie 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Und erstehen kann man hier fast alles, was das Herz begehrt - heiße und kalte Getränke, Tickets, frische Eier, Regenschirme, Eis, Blumen, CDs und vieles mehr. So ein Einkaufsbummel macht natürlich hungrig, doch während bei uns schnell mal zwischendurch ein paar Pommes gefuttert werden, geht man in Japan in den nächsten Curryreis-Laden. Auf einer mit bunten Bildchen bedruckten Speisekarte werden die verschiedenen Variationen von Curryreis angeboten. Diejenigen, die sich darunter noch nichts vorstellen können, sollten einen Blick auf die - in einer Glasvitrine - ausgestellten Teller werfen. Aber Vorsicht - das appetitlich und täuschend echt aussehende Essen ist ungenießbar, denn es ist nur aus Plastik und dient nur der Anschauung. **g**

Schon mal was von Ganguro-Mädchen gehört?

Gut gestärkt geht es dann weiter durch Shibuya, Harajuku oder Shinjuku. Das sind die Stadtteile Tôkyôs, die gerade bei Yukiko und anderen jungen Leuten wegen der vielen Designer-Geschäfte, Cafés und der Atmosphäre ziemlich angesagt sind. Häufig laufen hier einem Gestalten über den Weg, die vor allem durch ihr Äußeres versuchen, sich von der Masse abzuheben. Einige dieser "Wesen" nennen sich "Ganguro". Hauptmerkmale sind gebleichte Haare - wahlweise in hellblond oder braun, seeehr kurze Röcke und kniehohe Plateaustiefel. Aber das ist noch nicht alles, denn das auffallendste an den Ganguro-Mädchen ist ihre Hautfarbe - ein unnatürliches Braun und ein merkwürdig helles Make up, mit dem sie Augen- und Mundpartie in Pastelltönen betonen. Der Name "Ganguro" setzt sich übrigens aus gan = Gesicht und guro = schwarz zusammen. Sehr passend also. **g** Zumindest heben sich die Ganguro-Mädchen ab. Viele Jugendliche gehören hier irgendeiner Gruppe an, in der alle genauso auffällig gekleidet sind wie sie selbst. Also wird aus der angestrebten Individualität irgendwie doch wieder Gruppenzwang.

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Autorin / Autor: Ute Schlotterbeck - Stand: 10. Oktober 2003