Nathan der Weise
Ja! Nathan der Weise ist ein Theaterstück oder vielmehr ein "dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen" von Gotthold Ephraim Lessing. Es gilt als eines der bedeutensten Werke der Aufklärung und wird insbesondere wegen der darin thematisierten "Ringparabel" immer wieder heiß diskutiert.
In dem Stück geht es um das Aufeinandertreffen dreier Vertreter der großen Weltreligionen: der moslemische Sultan Saladin, der jüdische Händler Nathan und ein christlicher Tempelritter. Es kommt zum Konflikt, der aber zu guter letzt glimpflich ausgeht, weil alle drei sich besinnen und sich vernünftig verhalten. Die Schlüsselstelle in "Nathan der Weise" ist die, wo Saladin Nathan die Frage nach der "wahren Religion" stellt und Nathan darauf mit der sogenannten Ringparabel antwortet:
Ein Mann besaß einen Ring von unschätzbarem Wert, der die geheime Kraft hatte, seinen Träger "vor Gott und Menschen angenehm zu machen". Er traf die Verfügung, dass der Ring immer an den liebsten Sohn weitervererbt werden sollte und dass dieser stets "Fürst des Hauses" werden solle. So kam der Ring von Sohn zu Sohn und schließlich zu einem Mann, der drei Söhne hatte, die er aber gleichermaßen liebte. Er wusste sich nicht anders zu helfen, als zwei Kopien anzufertigen und jedem der drei einen Ring zu vermachen. Schließlich wollen alle drei "Fürst des Hauses" sein, doch waren die Ringe einfach nicht voneinander zu unterscheiden (so wie auch der "wahre Glaube" nicht zu identifizieren ist.) Ein weiser Richter gibt den jungen Männern, die sich partout nicht einigen können, den Rat, sich doch jeder so zu verhalten, als ob sein Ring der echte sei. Das heißt, sich so zu verhalten, dass er Gott und den Menschen angnehme werde: "Es eifre jeder seiner unbestochnen von Vorurteilen freien Liebe nach!"
Vereinfacht gesagt: sieht man in den drei Söhnen Vertreter der drei Religionen und im Richter Gott, so geht es darum, dass keine der drei Religionen die "wahre" ist, sondern dass es auf die humanitären Grundsätze und das Verhalten des Einzelnen ankommt.
Diese Schlüsselstelle wird als Plädoyer für Toleranz, Humanität und eine Versöhnung der Religionen gewertet.
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