Ein Sinn für Verbundenheit
Wie Virtuelle Realität das Umweltbewusstsein steigert
Screenshot eines Korallenriffs aus der VR-Simulation des Stanford Woods Institute for the Environment
Stell dir vor, du bist auf einer Party und wirfst mal eben das Wort "Ozeanversauerung" in die Runde - wahrscheinlich werden dich die Umstehenden angucken wie Gurken. Denn obwohl das Thema Klimawandel inzwischen bei fast allen angekommen ist, ist eine seiner heimtückischsten Auswirkungen - die weit verbreitete Zerstörung mariner Ökosysteme durch Kohlendioxidemissionen - noch relativ unbekannt.
Was helfen könnte: Eine VR-Brille und die entsprechende Präsentation dazu! In einer neuen Studie entdeckten Forscher_innen der Universitäten in Stanford und Oregon, dass virtuelle Realität - kurz VR - ein gutes Werkzeug für die Umweltbildung sein kann, da die Erfahrung von Auswirkungen der Ozeanversauerung ein viel größeres Verständnis für das Problem bewirkt.
Die Forschungsgruppe hatte an über 270 Gymnasiast_innen, Studierenden und Erwachsenen getestet, wie sich eine Simulation - die sogenannte "Stanford Ocean Acidification Experience" - auswirkt. In der Simulation wurde jede_r zu einer rosa Koralle auf einem felsigen Unterwasserriff, die in Gemeinschaft mit Seeigeln, Brassen, Schnecken und anderen Kreaturen lebte. Im Verlauf der Videosequenz setzt ein Zeitraffer ein, der verdeutlicht, was mit dem Riff zum Ende dieses Jahrhunderts aufgrund der Ozeanversauerung geschehen sein wird: die vielfältigen, schimmernd bunten Arten sind verschwunden und übrig geblieben sind schleimige Grünalgen und die silberne Goldstriemenbrasse - eine der wenigen Fischarten, die wahrscheinlich in säurehaltigeren Gewässern noch gedeiht. Irgendwann zerfällt das virtuelle Korallenskelett der Betrachter_innen, begleitet durch die Worte "Wenn die Versauerung der Ozeane weitergeht, werden Ökosysteme wie Ihr felsiges Riff, eine Welt, die einst voller biologischer Vielfalt war, zu einer Welt des Unkrauts".
*Mit der Umwelt verbunden*
Während die Versuchspersonen die Simulation durch die VR-Brille miterlebten, beobachteten die Forscher_innen, dass die Schüler_innen körperlich mitgingen: sie drehten ihre Köpfe und ihren Körper. "Es ist ziemlich cool, ziemlich reaktionsschnell", sagte die 18-jährige Cameron Chapman. "Ich fühlte mich definitiv, als wäre ich unter Wasser." "Es war viel realistischer, als ich erwartet hatte", sagte auch die Oberstufenschülerin Alexa Levison. "Ich bin eine visuell Lernende. Die Versauerung der Ozeane zu sehen, ist anders, als nur davon zu hören."
Aber nicht nur das Mitgefühl für die Umwelt wurde angeregt, auch das intellektuelle Wissen über die Ursachen und Mechanismen der Ozeanversauerung stieg um fast 150 Prozent an, wobei das Erlernte auch noch bei einem Folgetest einige Wochen später saß.
"Über Altersgruppen, Lernsettings und Lerninhalte hinweg verstehen die Menschen die Prozesse und Auswirkungen der Ozeanversauerung nach einer kurzen, fesselnden VR-Erfahrung", sagte der Studienleiter David Markowitz von der University of Oregon.
*Motivationssteigerung*
Die Forschungsgruppe kann zwar nicht sagen, ob eine VR-Erfahrung zu mehr Lernen führt, verglichen mit den gleichen Materialien, die über andere Medien präsentiert werden, aber es erhöhe auf jeden Fall die Motivation, sich mit solchen Themen zu beschäftigen.
Vielleicht wäre das ja auch ein wirksames Mittel, um Politiker_innen die Dringlichkeit vor Augen zu führen, endlich mehr für's Klima zu tun ;-).
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