Interview mit einer Cutterin

Ein Interview mit der Cutterin von GIGA

*Katharina Wandt* ist Cutterin und Bildmischerin.
Nach einem Abstecher in der Theaterplastik, absolvierte sie verschiedene Volonariate bei der Deutschen Fernsehnachrichtenagentur und kam so letztlich zu ihrem Traumjob: Cutterin bei NBC GIGA TV.

*Was bist du von Beruf?*
Cutterin / Bildmischerin

*Wann und wie geht es morgens bei dir los?*
Je nach Schicht, morgens um 10:00 oder erst um 12:00 Uhr. Als Cutterin  informiere ich mich morgens, welche Schnitte gemacht werden müssen bzw. was gebucht ist und fange im Zweifelsfall direkt an, verschiedene Clips, Nachrichten, Promos etc. zu schneiden, unabhängig davon, ob ein Redakteur anwesend ist oder nicht. Als Bildmischerin bei GIGA fängt der Tag mit einem Meeting an, in dem besprochen wird, wie die Sendung um 15 Uhr ablaufen soll.

*Wie sieht ein typischer Arbeitstag von dir weiterhin aus?*
Als Cutterin im News-Bereich: schneiden, schneiden, schneiden - analog oder digital. Je nach Nachrichtenlage viel oder wenig, das hängt immer vom Tagesgeschehen ab. Bei der Erstellung von Clips und Promos sitzt man häufig den ganzen Tag an einer Sache dran, selten hat man Zeit für eine große Pause. Da herrscht ein ziemlich großer Zeitdruck, denn Termine müssen eingehalten werden!

*Wenn du auf das Arbeitsleben zurückschaust: Was war dein schönstes Erlebnis?*
Generell: Wenn man das Unmögliche möglich macht!!! Wenn ich "gestandene" Redakteure, die alles erlebt haben, mit einer "außergewöhnlichen" Leistung überraschen kann.

Ein Beispiel: Gorleben vor Ort bei den Castor-Transporten! Es herrschte viel Chaos, überall "Randale" und ich sitze mittendrin. Muss die Ruhe behalten und möglichst in einer Minute einen Zwei-Minuten-Beitrag schneiden. Ist natürlich etwas übertrieben, aber in der Regel sollte der Beitrag in 30 Minuten stehen. Wenn er dann "Live" in einer Nachrichten-Sendung auf die Sekunde genau eingespielt wird, ist das schon ein super Gefühl. Das gilt im Grunde für alle "Schnitte", die auf die letzte Minute fertig werden, so dass der Beitrag "Live" gesendet werden kann ( z.B. bei Geiselnahmen, Hochwasser, Parteitagen, Wahlen, Messen, etc.)

*Welche deiner alltäglichen beruflichen Tätigkeiten macht dir weniger Spaß?*
Nichts tun! Es gibt nichts schlimmeres als wenn es ruhig ist und ich dumm rum sitzen muss. Nicht viel besser ist die Archiv-Arbeit: archivieren und alte Beiträge raussuchen, Kassetten beschriften und einsortieren, GEMA - Listen ausfüllen usw.

*Als du angefangen hast zu arbeiten: Was war deine größte Befürchtung?*
Es gab keine Befürchtungen. Ich hatte zwar beim Vorstellungsgespräch "dick" aufgetragen, aber ich kenne mich und weiß, dass ich schnell lerne und nicht begriffsstutzig bin. Vor allem bin ich bereit, soviel Zeit zu investieren, bis ich die geforderte Leistung bringe. Ich liebe und brauche Herausforderungen. Sonst wird es mir langweilig!

*Spielt Geld für dich eine Rolle? Oder ist dir der Spaß an der Sache wichtiger?*
Definitiv SPASS! Ich habe einige besser bezahlte Angebote sausen lassen, da die Arbeit dort viel einfältiger gewesen wäre. Aber natürlich sollte das Geld auch stimmen. Der Kühlschrank zu Hause muss voll sein.

*Was wolltest du mit 16 Jahren werden?*
Genau mit sechzehn???  Keine Ahnung! Da bin ich gerade als Austauschschülerin für ein Jahr in die USA gegangen. Vielleicht hatte ich damals noch die Hoffnung, ein Stipendium als Basketballspielerin zu kriegen. Ansonsten fand ich die Berufe: Fotografin, Cutterin, Archäologin und alles, was mit FILM zu tun hat, interessant.

*Falls du den Beruf heute nicht ausübst, warum hast du den Wunsch fallengelassen?*
Ich war zu schlecht in Geschichte, daher kam Archäologie nicht in Frage. Außerdem wusste ich, dass studieren nichts für mich ist. Ich kann nicht so gut auf meinen "Vier Buchstaben" sitzen und lernen.

Fotografin "bin" ich zumindest hobbymäßig. Und die restlichen Wünsche habe ich zum Teil ja schon erreicht. Der Film kommt auch noch dran!

Durch mein Volontariat zur Theaterplastikerin hat sich alles etwas verzögert. In diesem Beruf gab es leider keine Zukunftsaussichten, so dass ich dann letztlich über Umwege zu meinem Wunschberuf gekommen bin.

*Welche Situationen oder Menschen in deinem Leben haben dir bei deiner Berufswahl geholfen?*
Theaterplastikerin bin ich durch Zufall geworden. Ich hatte nach dem Abi rein gar nichts geplant und eine Freundin verschaffte mir die Volontariatsstelle. Dort war gerade jemand abgesprungen. Ich hatte viel Glück.

Zum Cutten bin ich durch meinen Saisonjob beim BavariaFilmPark gekommen. Dort lernte  ich die ganze Fernseh-Technik kennen und leitete das "Filmende Klassenzimmer". Ich bekam Einblicke in Kamera, Schnitt und Regie und drehte Kurzfilme mit Schulklassen. Danach war klar, dass ich im Bereich Fernsehen/Film weiter machen wollte. Die Ausbildungsstelle bei der DFA (Deutsch Fernsehnachrichtenagentur) bekam ich anschließend wieder mal durch viel Glück!

*Hast du Kinder? Möchtest du welche? Und hast du dir schon mal überlegt, wie du Beruf und Kinder unter einen Hut bringen kannst?*
Nein, ich habe noch keine Kinder, aber ich möchte früher oder "eher" später auf jeden Fall welche! Ich denke, mein Beruf ist dafür sehr gut geeignet. Ich würde dann freiberuflich arbeiten. Da werden immer wieder Leute gebraucht. Zumal man sich die Zeit dann selbst einteilen kann.

*Was meinst du: Inwiefern hast du es als Frau im Berufsalltag schwerer als deine männlichen Kollegen?*
Die Spitzenpositionen in fast jedem Unternehmen sind immer noch hauptsächlich von Männern besetzt. Frauen werden ungern in eine hohe Position befördert. Sie könnten ja schwanger werden, und außerdem sind sie sowieso das schwächere Geschlecht. Meiner Meinung nach existiert dieses Vorurteil immer noch. So ist das auch in dieser Firma. Ich müsste also, wenn es mir eine solche Position wichtig wäre, jeden Tag beweisen, dass ich besser bin als meine männlichen Kollegen. Den Druck haben die Männer natürlich nicht.

*Welche Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten brauchst du zur Ausübung deines Berufes?*
Man muss kreativ und ideenreich sein, ein "Auge" fürs Bild haben (Komposition, Aufteilung, Tiefe), technisches Verständnis und Computerkenntnisse mitbringen, flexibel sein, Stress gut vertragen, Ruhe behalten und mit Menschen gut umgehen können, über Hintergrundwissen übers Cutten / Bildmischen verfügen (z.B. welche Bilder passen zusammen) und eine technische Ausbildung / Volontariat zur Cutterin / Bildmischerin absolviert haben.

Inzwischen gibt es ja sogar die anerkannte Ausbildung zum Mediengestalter/zur Mediengestalterin. Da lernt man die wichtigsten Grundlagen bzw. das Hintergrundwissen.

*Wie und wo hast du diese gelernt?*
Technik: Reingeschnuppert habe ich beim BavariaFilmPark in Bottrop-Kirchhellen (heute: Warner Brothers Movie World). Dort habe ich von heute auf morgen die Technik (Kamera, Schnitt etc.) kennen gelernt und bald schon damit gearbeitet (Leitung des "Filmenden Klassenzimmers"- Filmprojekt für Schulklassen). Dann ging es direkt weiter bei der DFA in Bonn, bei der ich das Volontariat zur Cutterin absolvierte. Hier lernte ich auch später die übrige Technik: Kamera, AVID, Bildmischerin...

Hintergrundwissen: Gut zuhören, was die "Ausbilder" bzw. älteren Kollegen erzählen, Bücher lesen, selbst fortbilden mit Kursen etc.

Kreativität und Ideenreichtum: Habe ich im Elternhaus und dann auch sehr viel durch meine erste Ausbildung zur Theaterplastikerin (Bühnenbilder für Theater/Oper bauen) gelernt.

Flexibilität, Stress bzw. Ruhe: Im Zweifelsfall natürlich Erziehung / Elternhaus bzw. es liegt wohl auch in meiner Natur!

*Was war deine Ausbildung?*
Abi
Volontariat zur Theaterplastikerin (3 Jahre)    Oper/Theater der Stadt Bonn
Volontariat zur Cutterin (1 ½ Jahre)                    DFA Bonn
Learning by doing: Bildmischerin/ Kamera      DFA Düsseldorf

*Welche Hobbys hattest du mit 16 Jahren?*
Basketball, Basketball, Basketball (2. Liga hat viel Zeit verschlungen!), Fotografie, Klavier, Ski fahren, Freunde treffen...

*Was tust du heute am liebsten in deiner Freizeit?*
Basketball (aber nur noch Wochenend-Turniere), Fotografie, S8 filmen & cutten, Ski fahren, Freunde treffen

*Welche Tipps zur Berufswahl möchtest du den Lizzys mit auf den Weg geben?*
Lasst euch nicht beeinflussen, durch dass, was andere von euch erwarten. Eltern erhoffen sich oft, dass ihre Kinder Anwälte oder Ärzte werden. Die Kinder wollen aber viel lieber Klempner werden!!! Denkt daran, ihr wisst selber am besten, was ihr gerne lernen wollt. Wenn ihr die Wahl habt (äußere Umstände zwingen ja manchmal zu anderen Entscheidungen), solltet ihr bei der Berufswahl eher nach dem Spaßfaktor als nach dem Geldfaktor gehen! Ihr werdet schließlich einen großen Teil eures Lebens mit Arbeit verbringen!

*Gibt es außerdem noch etwas, was du zum Thema "Berufswahl" loswerden willst?*
Schade, dass es nicht genug Ausbildungsplätze gibt, damit allen Wünschen entsprochen werden kann. Wenn es irgendwie möglich ist, solltet ihr euch aber nicht zu weit von euren Träumen / Zielen  entfernen. Irgendwann kriegt ihr die Chance, die ihr braucht, um das zu tun, was ihr wirklich wollt. NICHT AUFGEBEN!

Autorin / Autor: ~at~ - Stand: August 2000