Das Cover zu Claudia Praxmayers Jugendthriller „Bienenkönigin“ wirkt gleichermaßen ruhig wie bedrohlich; auf schwarzem Grund zeichnen sich J-förmig drei verschieden große orange-goldene Kreise ab. Im oberen und unteren ist jeweils eine überlebensgroße Biene zu sehen, im mittleren und größten Kreis steht zweizeilig der Titel in schlichten schwarzen Blockbuchstaben.
Wenn ich ehrlich bin, alleine vom Titel und Cover konnte ich mir so gar nichts unter dem Buch vorstellen – genau das hat mich neugierig gemacht. Der Klappentext verspricht zunächst eine Story, die doch recht alltagspräsenten Themen Bienensterben, NSA („Big Brother is watching you“) und Gefahren des Technischen Fortschritts aufzugreifen, doch auf die Geschichte, die einen zwischen den Buchdeckeln erwartet ist man damit noch lange nicht vorbereitet!
Zunächst begegnet man der Ich-Erzählern Mel, die eine Art Pausejahr zwischen Schule bzw. begonnenem Studium und weiterem Ausbildungsweg einlegt, um sich selber zu finden und sich damit auseinanderzusetzten, was sie wirklich mit ihrem Leben anfangen will. Seit ein paar Monaten lebt sie in einer Villa in einer WG, die sich als eine Art Wohncommunity begreift, die man als alternativ beschreiben kann. Der „Beehive“ (dt. Bienenstock), die Villa/WG, setzt nämlich auf umweltschonendes und selbstversorgendes Leben: Gemüse wird selber angebaut, das Essen und andere alltäglichen Haushaltsprodukte wie Wasch- und Putzmittel werden aus einer Gemeinschaftskasse gezahlt und ebenso genutzt. Außerdem hat sich ein Bienenvolk im Garten der Villa eingenistet, die Untermieter, wie Mel sie öfters nennt.
Hier wird auch klar, dass Mel eine besondere Verbindung zu den Bienen hat, eine Gabe, denn sie scheint auf gewisse Art mit den Bienen kommunizieren zu können.
Die anderen Mitbewohner des Beehive sind Josh, der Besitzer der Villa, Ozzy, ein schweigsamer Student, Leo, der alles über den Gemüseanbau weiß, und Coco, eine strukturierte und extrovertiert wirkende junge Frau.
Die Charaktere sind alle gut ausgearbeitet und werden durch ihre klar gezeichneten Eigenschaft allesamt sehr Lebendig. Auch das Zusammenspiel der einzelnen WG Bewohner verleiht dem Buch einiges an Tiefe, da hier sehr schön zur Geltung kommt, dass sie alle recht unterschiedliche Persönlichkeiten sind und keiner von ihnen ohne Fehler ist. Die Konflikte und Kompromisse, die im Laufe der Geschichte auftreten, wirken natürlich und sehr realistisch, was mir gut gefallen hat. Das macht „Bienenkönigin“ zu einem Buch mit vielen Identifikationspunkten und bindet den Leser wundervoll mit ein, da man sich in irgendeinem Punkt immer wiederfinden kann.
Durch Mels besondere Beziehung zu den Bienen wiederum wird die Thematik des Bienensterbens wundervoll betont und sowohl Ursachen und Fehlverhalten des Menschen umrissen, als auch aufgezeigt, warum Bienen so wichtig sind und wie man sie schützen/ das Bienensterben verringern kann. Hier regt das Buch ganz besonders zum Nachdenken an und man fragt sich als Leser selbst, was man schon tut oder tuen kann, um heimische, wildlebende Bienenvölker zu erhalten.
Da ein großer Teil der Geschichte sich darauf bezieht, dass das Bienenvolk des Beehive von einer Roboterbiene, einer Miniatur-Drohne, „unterwandert“ wird, welche ihre natürlichen Vorbilder anscheinend auszurotten versucht, greift hier ein Science Fiction Element ein, das gar nicht so sehr SciFi ist. In der technikorientierten Welt ist das durchaus schon ein realistisches Element, bei dem es einem glatt alle Härchen aufstellt. Mich hat es dann doch geschüttelt, als diese kleine bösartige Drohne auf der Bildfläche auftauchte!
Hier denkt man zunächst nämlich an Spionage und staatlichen Eingriff in die Privatsphäre – was an sich schon schlimm genug wäre. Immerhin könnte das Bienenvolk das eines Hobbyimkers sein, die Bienen gewissermaßen sein Eigentum, und der Fremdeingriff via Drohne wäre damit ein Verstoß gegen diverse Eigentumsschutzgesetze.
Dass die Drohne jedoch diese kleinen wichtigen Arbeitsbienen auslöschen möchte, ist jedoch viel schlimmer – und hier ein großes Lob an die Autorin, dass sie die Thematik so gut beschreibt! – denn das Bienensterben fällt auf den Menschen zurück. Ausbleibende Pflanzenbestäubung (diese erfolgt durch Bienen!) sorgt für weniger pflanzliche Lebensmittel und weniger Honig.
Mel und ihre Mitbewohner gehen der Sache natürlich auf den Grund – aber was dahinter steckt, solltet ihr selber herausfinden!
Meiner Meinung nach ist „Bienenkönigin“ nicht nur ein sprachlich ansprechendes und spannend geschriebenes Buch, sondern auch eins, das ein brisantes und wichtiges Umweltthema leicht verständlich aufgreift. Ich möchte es vor allem Lehrkräften ans Herz lesen, denn dieses Buch sollte eigentlich Pflichtlektüre werden! Die Bienen werden es danken. Von mir gibt es volle Punktzahl und im nächsten Frühjahr ein paar bienenlockende Blumen extra!
*Erschienen bei cbj*
Autorin / Autor: cheshirekitty - Stand: 12. November 2018