Ist in deinen Lieblingsfilmen Platz für Frauen? Diese Frage klingt einfach zu beantworten, ist aber komplizierter, als sie aussieht. Was ich meine ist nämlich nicht, dass irgendwann im Verlauf des Films menschliche Wesen mit Brüsten auf der Leinwand auftauchen. Was ich meine ist die Frage, ob Frauen tatsächlich Raum in der Handlung einnehmen – um ihrer selbst willen, nicht nur als Accessoire für einen Mann. Wie viele Filme dieses Kriterium nicht erfüllen, wurde mir selbst erst so richtig bewusst, als ich das erste Mal vom „Bechdel-Test“ las, der anhand von drei (oder sogar lediglich zwei) Fragen diese Problematik abklopft. Schwierige Analysearbeit ist das nicht, ich empfehle wärmstens, es einfach selbst einmal auszuprobieren – einfach einen beliebigen Filmtitel wählen und los geht’s:
- Tauchen in dem Film zwei oder mehr Frauen auf, die namentlich erwähnt werden?
- Reden sie miteinander?
- Über etwas anderes als Männer?
Wenn eine dieser Fragen mit nein beantwortet werden musste, hat der Film den Bechdel-Test leider nicht bestanden.
Eine andere Frage zur Thematisierung von Geschlecht in Filmen ist diejenige, inwieweit Menschen über ihr Geschlecht definiert werden, und welche Implikationen das für die Handlung hat. Kleines Beispiel gefällig? Diese Woche zeigte das Gender-Referat des Freiburger u-asta im Rahmen eines kritischen Filmabends den Film „What a Man“ von und mit Matthias Schweighöfer – einen Film, der im Prinzip die alte Frage behandelt: „Wann ist ein Mann ein Mann?“ – und uns dabei natürlich implizit wissen lässt, dass es wichtig ist, diese Frage beantworten zu können, damit auch ja niemand auf die Idee kommt, Frauen und Männer könnten letztenendes doch einfach Menschen sein, deren hervorstechendstes Merkmal nicht ihr Geschlecht sein muss. Kleiner Spoiler vorweg: Nein, der Film hat den Bechdel-Test nicht bestanden. Auch das Ergebnis des umgekehrten Bechdel-Tests (zwei oder mehr Männer mit Namen, die sich über etwas anderes als eine Frau unterhalten) würde ich zumindest mit einem großen Fragezeichen versehen.
Worum also geht’s? Dass Alex ein Problem hat, erfahren wir gleich in den ersten Minuten des Films: Er hat Flugangst, die ihn sogar bis in seine Träume verfolgt, er reicht seiner Freundin brav die Kaffeetasse mit der Aufschrift „Chefin“ und von sexistischen Werbetafeln ist er eher irritiert als amüsiert. Kurz: Er ist einfach „kein Mann“. Logische Folge: Freundin Carolin betrügt ihn mit dem Nachbarn, trennt sich wegen ihres Bedürfnisses nach einem „richtigen Mann“, Alex kriecht bei seiner besten Freundin Nele unter und leckt sich die Wunden. Logisch außerdem, dass seinem Zustand nur abgeholfen werden kann, indem er lernt, sich wie ein „richtiger Mann“ zu benehmen – und so unterziehen ihn Nele und vor allem sein Freund Okke einer Aufbaukur für Selbstbewusstsein und Männlichkeit. Es kommt, wie es kommen muss, Alex verliebt sich in Nele, Nele in Alex, Drama, Verwirrungen, Happy End.
So weit, so wenig überraschend. Aber schließlich muss eine Komödie auch nicht unbedingt einen innovativen Plot aufweisen, um sehenswert zu sein. Reicht es nicht zum Beispiel aus, dass ein Männlichkeitskonzept, in dem Männer sich über ihre körperliche Stärke definieren, persifliert (also verspottet) wird, indem Alex bei einem verschrobenen Waldschrat Bäume fällen soll, um sein Ego wiederzufinden? Es wäre wohl ausreichend, wenn der Film nicht, nachdem er die Idee zuerst ins Lächerliche zieht, gegen Ende einen Bogen schlüge und Alex seinen Baum doch noch fällen lässt – weils dem Ego ja so gut tut. Implikation: Problem gelöst, du bist ein richtiger Mann. Was rohe Körperkraft mit dem ebenfalls vom weisen Waldschrat vermittelten Motto zu tun hat, das Wichtigste für einen Mann sei, dass er wisse, was er will, weiß mensch nicht so recht. Viel interessanter ist aber ohnehin die Frage, warum das nur für Männer wichtig sein soll? Weil Frauen ohnehin immer einen starken Mann an ihrer Seite brauchen, der ihnen sagt, wo's langgeht?
Autorin / Autor: pfefferminztea - Stand: 18. Juni 2012