Wer kreativ ist und besondere Genialiät an den Tag legt, kann nur ein Einzelgänger sein - so jedenfalls denken viele. Neue Forschungsergebnisse deuten aber darauf hin, dass die Rolle des sozialen Umfelds für Kreativität eine ebenso wichtige Rolle spielen könnte. Teil einer Gruppe zu sein oder nicht bewegt Menschen dazu, sich besonders kreativen Herausforderungen zu stellen, sagt Professor Alex Haslam vom Psychologielehrstuhl der University of Queensland in Australien.
„Die Gruppenzugehörigkeit ist eine Grundlage dafür, dass bestimmte Formen von Originalität angesehen oder zurückgewiesen werden“, so Dr. Haslam, der gemeinsam mit internationalen Kollegen an einem kürzlich im Personality and Social Psychology Review erschienen Artikel gearbeitet hat. „Unsere Forschungsergebnisse unterstützen das Argument, dass Genies und kreative Menschen zu einem großen Teil Produkte der Gruppen und Gesellschaften sind, in denen sie leben.“
Normalerweise geht man davon aus, dass Genialität und Kreativität der Persönlichkeit und der Gene des Einzelnen entspringen. Professor Haslam und sein Team raten aber, sich von der Vorstellung zu distanzieren, dass diese Eigenschaften ‚fremdartig’ sind. Was Menschen schaffen und wie sie es schaffen, hänge zu einem Großteil davon ab, was die Menschen in ihrer Umgebung, mit denen sie sich identifizieren, täten, so sein Kollege Dr. Adarves-Yorno.
Dieses fälschliche Bild sei durch die mittlerweile berühmte Rede von Steve Jobs an Stanford-Absolventen im Jahr 2005 geprägt, in der er seine Zuhörer anweist: ‚Hüten Sie sich vor Dogmen, denn das heißt nichts anderes, als sein Leben an den Ansichten anderer Leute auszurichten’. Die Forscher halten dagegen das ‚Ausbrechen´ für nicht so wesentlich. Selbst, wenn jemand ‚auszubrechen’ versuche, werde die Art und Weise, wie er dies tut, von der Gruppe bestimmt, so Dr. Postmes. Als Beispiel führt er die "Sex Pistols" an, die ihre Kreativität darauf aufbauten, Konventionen zu brechen und Altbewährtes in Frage zu stellen. Allerdings mache Punk nur im Zusammenhang mit dem Sinn, wovon er sich distanzieren will. Man könne die Kreativität des Punk nicht ohne Bezug zu etabliertem Denken verstehen, erklärt er.
*Kreativität braucht Publikum*
"Kreativität findet nicht in einem sozialen oder kulturellen Vakuum statt", erklärt Professor Haslam. Die Rolle der Gruppe oder Gemeinschaft bestehe auch darin, ein Publikum für Kreativität zu sein und das Umfeld zu bilden, in dem Kreativität sich entfalten kann, argumentieren die Forscher. „Manch einer mag vielleicht sagen, wir bräuchten Kunst nicht zu fördern oder in Universitäten zu investieren, da es ohnehin immer eine Handvoll außergewöhnlich kreativer Menschen geben werde, die gute Ideen entwickeln, wenn diese gebraucht werden.“
Die Forschungsergebnisse zeigten, dass es die Akzeptanz oder Ablehnung durch die Gruppe ist, die den ultimativen Wert der Kreativität bestimme. Erst durch die begeisterte Aufnahme von anderen entstehe Kreativität - und diese müsse durch die verschiedensten Formen von Institutionen gewürdigt werden.
So bezweifelt Professor Hanslam, dass Mozart in der heutigen Zeit Symphonien schreiben würde: „Das ist unwahrscheinlich, und ohne eine finanziell gut ausgestattete und öffentlich angesehene Gruppe von klassischen Musikern, um ihn zu unterstützen und zu fördern, ist es wohl wahrscheinlicher, dass er heute Musik für Waschmittelwerbung komponieren würde."
Als ein wichtige Erkenntnis der Studie seher die Forscher an, dass die Gesellschaft in Gruppen investieren müsse, die bestimmte Formen von Kreativität erst ermöglichen, um das Beste aus kreativen Menschen herauszuholen. „Selbst Steve Jobs brauchte eine Gruppe von Menschen, die seine Ideen ernst nahmen und entstehen ließen“, so Professor Hanslam. „Denn gerade aus dem Grund, dass Menschen nicht durch die Dogmen der Denkweisen Anderer gefangen sein wollten, wurde Jobs Idee des PCs zunächst als Irrsinn abgestempelt.“
Autorin / Autor: Pressemitteilung/ Redaktion - Stand: 16. Oktober 2013