Listen to your heart!
Wer die Stimme des Körpers nicht hört, hat oft ein verzerrtes Körperbild
Die Fähigkeit des Menschen, sich in andere hineinzuversetzen, ist einzigartig. Er kann praktisch aus sich heraus treten, sich selbst von außen wie ein Objekt betrachten und nachspüren, wie andere ihn wohl wahrnehmen. Eine wirklich tolle Eigenschaft, die gut und wichtig ist, wenn Menschen zusammenleben wollen und müssen.
Für die eigene Psyche ist diese Fähigkeit aber nicht immer nur von Vorteil. Denn offenbar geht so manch einem beim ständigen sich-von-außen-Betrachten das Gefühl für den eigenen Körper verloren. Vor allem bei Essgestörten überlagert diese Form der Selbstbetrachtung oft die Signale, die der Körper sendet. Magersüchtige etwa nehmen sich viel dicker wahr als sie wirklich sind und ignorieren beispielsweise Hungergefühle. Auch bei anderen Problemen mit dem eigenen Körperbild gibt es Hinweise darauf, dass es den Betroffenen schwer fällt, in sich hineinzuhören.
Die WissenschaftlerInnen Vivien Ainley und Manos Tsakiris von der University of London haben nun in einer Studie mit Freiwilligen untersucht, wie der Grad der Selbst-Objektivierung (also der Betrachtung des eigenen Körpers als Objekt) und die Sensibilität für die Vorgänge im Körper zusammenhängen.
Die ForscherInnen befragten 46 Studentinnen mit verschiedenen Fragebögen zu ihrem Körperbild, ihrem Selbstbewusstsein und der Sensibilität gegenüber ihrem Körper. So sollten sie etwa angeben, wie wichtig ihnen ihr Äußeres ist, ob und wie intensiv sie körperliche Verspannungen wahrnehmen, ob ihnen wichtig ist, welchen Eindruck sie auf andere hinterlassen usw.
Anschließend wurde untersucht, wie gut die Teilnehmerinnen tatasächlich darin sind, ihren Körper wahrzunehmen. Sie mussten auf ihr Herz hören und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Mit einem Kopfhörer gegen störende Geräusche bewaffnet, wurden die Probandinnen aufgefordert ihre Herzschläge zu zählen. Ohne die Finger an den Puls zu legen sollten sie einfach nur spüren, wie das Herz schlägt - währendessen wurde der echte Herzschlag natürlich ebenfalls erfasst.
Die Auswertungen zeigten, dass Teilnehmerinnen mit einem hohen Grad der Selbst-Objektivierung besonders unsensibel für ihre Herzgeräusche waren. Wer sich also ständig mit den Augen anderer betrachtet, verweigert ausgerechnet dem die Aufmerksamkeit, um den sich am Ende doch alles dreht: den eigenen Körper.
In welche Richtung dieser Effekt genau funktioniert, ist aber unklar. Werden entscheidende Ressourcen im Gehirn blockiert, weil man sich ständig bemüht, sich von außen zu sehen? Ist man deshalb unsensibler für Körpersignale? Oder ist man auf die Außensicht angewiesen, weil man den eigenen Körper nicht richtig wahrnehmen kann?
Die ForscherInnen tendieren zur letztgenannten Variante und schlagen darum ein Wahrnehmungstraining vor: sich im Spiegel betrachten und dabei auf sein Herz hören. Sie glauben, dass sich die Sensibilität für Körpersignale durch Übung steigern lässt und diese bessere Wahrnehmung auch dafür sorgt, dass das äußere und innere Körpberild besser in Einklang gebracht werden.
Dass ihr auf euer Herz hören sollt, ist sicher in vielen Situationen ein guter Rat, hier aber ist es ausnahmsweise mal eine ganz konkrete und wörtlich gemeinte Empfehlung ;-).
Die Ergebnisse der Studie sind im Fachblatt PLOSone erschienen.
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Autorin / Autor: Redaktion / PLOS one - Stand: 7. Februar 2013