Politisches Schweigen im Web 2.0
US-Studie über die "Schweigespirale" in Sozialen Netzwerken
Nie war es so einfach, mit vielen Menschen auf der Welt zu kommunizieren wie heute. Wir haben Facebook, Twitter, Youtube und all die anderen Plattformen, wo wir über das diskutieren können, was uns bewegt und uns am Herzen liegt. Das Problem ist nur: wir tun es nicht - zumindest nicht so, wie es möglich wäre. Wenn es um politischen Meinungsaustausch geht, schweigen sich die meisten lieber aus. Eine aktuelle Studie des amerikanischen „Pew Research Center“ nennt dieses Phänomen "Schweigespirale".
1.801 erwachsene US-AmerikanerInnen wurden gefragt, kurz nachdem der Whistleblower Edward Snowden Details über das NSA-Überwachungsprogramm durchsickern ließ, ob sie über diese Geschichte mit anderen auf Social Media-Plattformen diskutieren. 86% der Befragten waren zwar bereit, darüber ein persönliches Gespräch zu führen, aber nur 42% gaben an, dass sie ihre Meinung auch auf Twitter oder Facebook kundtun würden. Auch für diejenigen, die sich im Freundes- und Bekanntenkreis nicht trauen, eine abweichende Meinung zu äußern, bieten Soziale Netzwerke offenbar keine Alternative, wie manche MedienwissenschaftlerInnen vermutet haben. Von den 14% AmerikanerInnen, die nicht bereit waren, persönlich über die Snowden-NSA Geschichte mit anderen zu diskutieren, konnten sich nur 0,3% vorstellen, ihre Meinung in Social Media Kanälen zu veröffentlichen.
Aber auch andersherum entstand ein erstaunliches Bild: Gehörte jemand zum typischem Facebook-Nutzerkreis, war er nur halb so oft bereit, über Snowden-NSA-Fragen in einer real stattfindenden öffentlichen Versammlung zu sprechen als Nicht-Facebook-Nutzer. Und typische Twitter-NutzerInnen waren nur ein Viertel so häufig bereit, ihre Meinung bei Arbeitskollegen zu vertreten als Nicht-Twitterer.
"Dass es zu einer 'Schweigespirale' kommt, wenn die Leute denken, dass sie mit ihrer Meinung in der Minderheit sind oder unpopuläre Ansichten haben, war auch schon vor dem Internetzeitalter bekannt", sagte Prof. Keith Hampton, Autor dieser Studie. "Aber es gab die Hoffnung, dass die Medien zu mehr Diskussion und Austausch anregen könnten, sodass ein breiteres Meinungsspektrum gefördert wird. Leider sehen wir aber das Gegenteil - die Spirale des Schweigens macht sich auch online breit", so Hampton.
Und sein Kollege Lee Rainie ergänzt: "Die Spirale des Schweigens resultiert aus einer Angst, ausgegrenzt oder von anderen kritisiert zu werden. Möglichweise ist sie bei Social Media-Nutzern noch ausgeprägter, weil sie sich der Vielfalt der Meinungen um sie herum bewusst sind - vor allem bei einem kontroversen Thema. Dies könnte dazu führen, dass sie noch zögerlicher werden, aus Angst, abgelehnt oder beleidigt zu werden oder sogar einen Freund zu verlieren." So passiere dann das, was sich eigentlich niemand wünscht: dass das Schweigen in Sozialen Netzwerken auch noch in die reale Welte herüberschwappt, sorgen sich die Studienautoren.
Vielleicht hilft dann doch hin und wieder der Verzicht auf Klarnamen und der Griff zu einem Pseudonym, damit sich wieder mehr trauen, etwas zu sagen ;-)
Quelle:
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Autorin / Autor: Redaktion /Pressemitteilung - Stand: 29. August 2014