Queer - Sex und Geschlecht in der Welt der Tiere und Pflanzen
Autor: Josh L. Davis
Übersetzung von Monika Niehaus
Das Buch „Queer – Sex und Geschlecht in der Welt der Tiere und Pflanzen“ ist ein biologisches Sachbuch von Josh L. Davis. Davis ist Wissenschaftsautor für das Londoner Naturhistorische Museum, von welchem das besprochene Buch zum ersten Mal in der Originalsprache Englisch veröffentlicht wurde.
Das Buch ist nach diversen Fallbeispielen gegliedert; eine Übersicht über alle Arten findet sich zum Schluss im Register, das man nach dem Lesen auch nochmal nutzen kann, falls einige kürzer erwähnte Beispiele „überlesen“ wurden. Abgerundet in seinem wissenschaftlichen Charakter, wird das Buch durch ein wirklich umfangreiches Literaturverzeichnis.
Den museumswissenschaftlichen Hintergrund merkt man erfreulicherweise beim Lesen sehr; die Erklärungen sind fast ausschließlich naturwissenschaftlich, es gibt einige Bezüge zu den Sozialwissenschaften und den psychologischen Grundlagen. Analogien zum Menschen werden korrekterweise nur als Vermutungen dargestellt. Mit den älteren zitierten Werken aus der Wissenschaftsgeschichte geht der Autor kritisch um. Trotz der fachlichen Tiefe, die an einigen Stellen stärker ist als an anderen, sollte das Buch auch für diejenigen geeignet sein, die nicht vom Fach sind.
Der Einband ist mit dem großen, bunten Schmetterling ansehnlich gestaltet. Auch im Buch selbst sind viele farbige Bildaufnahmen enthalten, die zum jeweiligen Text passen und großflächig angelegt sind. Hier hätte ich mir an einigen Stellen noch spezifischere Abbildungen zu den Fallbeispielen gewünscht, z.B. zu einem medial bekannten schwulen Pinguin-Pärchen o.ä. statt einer allgemeinen Art-Aufnahme. Zu den kopulierenden Maikäfer-Männchen gibt es aber z.B. die Originalzeichnung von 1896, was ich beim Lesen spannend fand.
Was ich ebenso gut finde, ist die angelegte Bandbreite von Tieren, Pflanzen und Pilzen, sodass viele Lebewesen in ihrer Vielfalt abgedeckt werden. Am Ende des Buches sollten sich alle Leser*innen fragen, ob es denn überhaupt das binäre Geschlecht ohne Abweichungen gibt (kleiner Tipp: das ist nämlich eher unwahrscheinlich!). Gerade in Zeiten der Diskussion um die bloße Zweigeschlechtlichkeit in der Biologie, wie in dem medial hochkochenden Konflikt um die Wissenschaftlerin Vollbrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin, sind solche Sachbücher aus anderen wissenschaftlichen Institutionen wie hier aus London von Davis unerlässlich, um bei Laien mit Vorurteilen und Falschinformationen aufzuräumen.
Doch auch als studierte Biologin im Lehramt habe ich selbst auch noch viel an kuriosen Fallbeispielen seltener Spezies dazugelernt. Das krasseste Beispiel war meiner Meinung nach ein unglaublicher Pilz mit kompliziertem Namen: der Gemeine Spaltblättling (Schizophyllum commune). Mein Favorit des Buches ist wiederum der hübsche Morphofalter, der geschlechtlich längs der Mitte geteilt und somit ein sogenannter Gynander ist (kleiner Spoiler zum Nachlesen im Buch: dieses Phänomen existiert auch bei Vögeln!).
Insgesamt gibt es also von mir eine Leseempfehlung für eine gute biologische Grundlage zu einem aktuellen gesellschaftlichen Diskurs!
Erschienen Haupt Verlag
Autorin / Autor: Margherita - Stand: 20. April 2025