Überfordert von der Nachrichtenflut
Immer mehr Menschen leiden unter news fatigue. Forscher:innen erklären warum und geben Tipps, wie ihr euch schützen könnt.
Wer heute durch Nachrichtenseiten und soziale Medien scrollt, bekommt die volle Alarm-Packung: Krisen, Kriege, Katastrophen und immer geht es noch schlimmer und aussichtsloser. Wenn ihr davon manchmal erschöpft seid und am liebsten nichts mehr sehen und hören wollt, dann leidet ihr vermutlich unter Nachrichtenmüdigkeit (news fatigue) - ein Phänomen, das immer mehr Menschen ereilt, jung wie alt. Die ständige Informationsflut kann zu Stress, Erschöpfung oder bewusster Nachrichtenvermeidung führen. Gleichzeitig verfallen viele in Doomscrolling – das zwanghafte Konsumieren negativer Schlagzeilen.
Forscher Jan Michael Rasimus von der Dualen Hochschule Baden Württemberg Karlsruhe erklärt, weshalb die Nachrichtenflut so überfordert – und wie man sich davor schützen kann.
Ständig Alarm - keine Pausen für das Gehirn
„Unser Gehirn ist darauf ausgerichtet, Gefahren frühzeitig zu erkennen“, erklärt Jan Michael Rasimus. „Doch in der digitalen Welt gibt es keine Pause mehr. Die permanente Konfrontation mit negativen Nachrichten hält unser Stresssystem in Daueralarmbereitschaft. Das Risiko für Ängste, Erschöpfung und depressive Verstimmungen steigt.“ Wer sich machtlos fühlt, zieht sich oft zurück oder sucht unaufhörlich nach neuen Informationen – ein Teufelskreis, der die mentale Gesundheit belasten kann.
Medienmechanismen verstärken das Problem
Laut Rasimus sind moderne Nachrichtenplattformen so gestaltet, dass wir da bleiben und immer weiter konsumieren: Reißerische Schlagzeilen sorgen für mehr Klicks und die Algorithmen in sozialen Medien bevorzugen solche Inhalte. "So entsteht leicht ein verzerrtes Weltbild, das sich vorwiegend auf negative Ereignisse konzentriert“, sagt Rasimus. Auch das Gefühl der Hilflosigkeit könne entstehen, wenn Menschen merken, dass sie selbst keine Kontrolle über die großen Weltgeschehnisse haben.
Hinzu kommt die Verbreitung von Fake News und KI-gestützten Täuschungen. Wenn Nutzer:innen die Orientierung in der Informationswelt fehlt, sind sie besonders empfänglich für Desinformation, warnt der Forscher. Dies schwäche das Vertrauen in unabhängigen Journalismus und begünstige extreme Meinungen, was letztlich auch demokratische Prozesse gefährden könne.
Der Wissenschaftler empfiehlt als Schutz gegen news fatigue feste Zeiten, in denen man Nachrichten liest, statt ständig neue Updates zu suchen. Pausen und digitale Auszeiten fördern ihm zufolge die mentale Gesundheit und helfen, Informationen bewusster zu verarbeiten. Wer seriöse Quellen statt Sensationsmeldungen nutzt, fördere außerdem ein ausgewogenes Bild der Realität und reduziere Stress. Außerdem rät er, sich lösungsorientierten Nachrichten zuzuwenden - Beiträge, die zeigen, wie Probleme gelöst werden.
Medienkompetenz stärken
Medienkompetenz kann hier helfen. Wer Informationen kritisch hinterfragt, kann Fake News und Desinformation leichter entlarven. Rasimus plädiert für deutlich mehr Bildungsangebote: „Digitale Medienkompetenz sollte früh gefördert werden, damit bereits junge Menschen lernen, Nachrichten einzuordnen und sich souverän in der digitalen Welt zu bewegen“
Fazit: Bewusst informiert bleiben
News Fatigue ist eine Herausforderung der heutigen Mediengesellschaft, doch bewusster Konsum hilft, informiert zu bleiben, ohne sich zu überfordern. „Wir sollten Nachrichten nicht meiden, sondern gezielt und reflektiert konsumieren“, sagt Rasimus. Wer fundierte Berichterstattung wählt, sich Pausen gönnt und seine Medienkompetenz stärkt, bleibt informiert – ohne sich von der Nachrichtenflut überwältigen zu lassen.
Quelle
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 16. April 2025