Zukunft zieht nicht?
Studie: Der Mensch will schnell belohnt werden, etwa, wenn er sich für den Klimaschutz einsetzen soll.
Wenn die PolitikerInnen dieser Welt zusammen kommen, um wichtige Maßnahmen für den Schutz des Klimas und unserer Umwelt zu beschließen, stehen sie am Ende meist mit leeren Händen da. ForscherInnen vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie haben nun einen möglichen Grund dafür gefunden: dem Menschen fällt ein Engagement für die Zukunft offenbar besonders schwer. Lieber möchte er eine direkte Belohnung im Hier und Jetzt haben als sich mühsam auszumalen, dass nach ihm kommende Gernationen von seinem jetzigen Verhalten profitieren könnten. Und das mag auch auf die PolitikerInnen zutreffen, die für die Länder, die sie vertreten, sofort einen Vorteil herausschlagen möchten. Bei der Bekämpfung von Gefahren, die alle betreffen können, wie etwa dem Klimawandel - sollte darum vielleicht stärker mit kurzfristigen Belohnungen gearbeitet werden, statt lediglich langfristige positive Folgen in Aussicht zu stellen.
Ein internationales Forscherteam unter Leitung von Manfred Milinski vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie hat zu diesem Thema ein Experiment durchgeführt. Sie haben sich dabei von einem Essay des Ökonomie-Nobelpreisträgers Thomas Schelling inspirieren lassen, der die finstere Prognose aufstellt, dass die Motivation der heutigen Akteure, etwas gegen den Klimawandel zu tun, ziemlich gering sei, weil nicht sie selbst, sondern die nachfolgenden Generationen davon profitieren würden. Die ForscherInnen wollten nun herausfinden, ob der Mensch wirklich so kurzfristig und egoistisch denkt und stets jetzt und sofort eine Belohnung braucht, wenn er etwas für die Allgemeinheit tun soll.
*Public-Goods-Game zum Klimaschutz*
Die WissenschaftlerInnen ließen zu diesem Zweck ein sogenanntes „Public-Goods-Game" spielen. Solche Spiele werden häufig eingesetzt, um herauszufinden, wie (un)eigennützig sich Menschen unter bestimmten Voraussetzungen verhalten, und sie laufen immer nach dem selben Schema ab: Die Teilnehmer erhalten einen gewissen Geldbetrag und werden aufgefordert, über mehrere Runden verteilt einen Teil davon zu spenden. Das gespendete Geld wird verdoppelt und davon an alle der gleiche Betrag ausgezahlt. Alles, was nicht gespendet wurde, fließt sofort in die eigene Tasche. Am meisten Geld kann nach Hause tragen, wer selbst gar nicht spendet, sondern nur von der Großzügigkeit der anderen profitiert. Die Forscher gestalteten ihr spezielles Spiel nun so, dass das zu spendende Geld in den Klimaschutz fließen sollte und je nach Spendensumme der Klimawandel auch symbolisch abgewendet werden konnte. Die Teilnehmer bekamen 40 Euro Kapital, das sie in insgesamt 10 Spendenrunden abgeben oder in die eigenen Tasche stecken konnten. Das Spendenziel war, dass die eingeteilten Gruppen mehr als die Hälfte ihres Gesamt-Kapitals spendeten.
*Späte Belohnung, wenig Einsatz*
Um herauszufinden, wie wichtig der Zeitpunkt der Belohung ist, gab es drei Szenarien: Einmal bekamen die Testpersonen ihr Guthaben (also nicht gespendetes Geld, ihren Anteil der verdoppelten Spenden der anderen und Bonuszahlungen) am Tag nach dem Experiment ausgezahlt, in einem zweiten Szenario erst 7 Wochen später. Im dritten Fall gab es gar keine Auszahlung, stattdessen wurden Bäume gepflanzt, die künftigen Generationen wertvolles Holz liefern sollen und natürlich im Laufe ihres Lebens Kohlendioxid absorbieren.
*Spendenziel verfehlt*
Während bei Variante 1 und 2 des Experiments noch sieben von zehn bzw. vier von zehn Gruppen das Spendenziel erreichten (mindestens die Hälfte des Gesamtkapitals), sah es bei der dritten Variante finster aus.
Im ersten Szenario spendeten die Teilnehmer durchschnittlich 108 Euro, und die Mitspieler des zweiten Szenarios immerhin noch 83 Euro. Von den elf Gruppen, denen das Pflanzen von Eichenbäumen in Aussicht gestellt worden war, erreichte jedoch keine einzige das Spendenziel. Durchschnittlich flossen nur 57 Euro auf das Klimakonto. Das ist weniger als die Hälfte dessen, was hätte erreicht werden sollen. „Das Ergebnis unseres Experiments zeichnet ein düsteres Bild von der Zukunft“, fasst Milinski auf der Seite des MPI zusammen. „Leider konnten wir Schellings Voraussage bestätigen, es ist ein Desaster.“
Die ForscherInnen glauben darum, dass der Mensch kurzfristige Anreize braucht, wenn er sich heute für den Klimaschutz einsetzen soll. "Es reicht nicht, nur auf die Vorteile zu verweisen, die künftige Generationen haben werden“, fasst Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie, einer der Autoren der Studie, zusammen. „Wirksamer Klimaschutz wird nur gelingen, wenn die Akteure auch kurzfristigen materiellen Gewinn aus ihm ziehen können, etwa durch den Export von klimafreundlichen Technologien.“
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Autorin / Autor: Redaktion / Pressmitteilung - Stand: 22. Oktober 2013