Eingenähter Hilferuf?
Primark wegen mieser Produktionsbedingungen unter Beschuss
Als in Köln eine Filiale der Modekette Primark eröffnete, gab es in der Innenstadt einen Ansturm als gäbe es was umsonst. Oder zumindest fast umsonst: T-Shirts für 3 Euro, Kleider für 9, eine Jacke für 20 Euro - bei Primark wird gekleckert, nicht geklotzt. Schon wenige Stunden nach der Eröffnung sah man in der ganzen Stadt Menschen mit den papiernen Primarktüten durch die Stadt ziehen. Die Masse, die hier den Umsatz bringen muss, war mit den Händen greifbar.
Dass Kleidungsstücke in diesem Preissegment nicht unter menschenwürdigen Bedingungen produziert werden können, weiß man nicht erst seit H&M, Kik & Tchibo. Dennoch genießt Primark einen derartigen Kultstatus, dass es den meisten KäuferInnen schlichtweg egal ist oder sie lieber die Augen davor verschließen. Anders fühlt es sich aber sicher an, wenn man in einem dieser Kleidungsstücke einen eingenähten Hilferuf findet. Einen Zettel, auf dem nachzulesen ist, dass die Menschen, die diese Kleidungsstücke produzieren unter unwürdigen Bedingungen schamlos ausgebeutet werden.
Einem dpa-Bericht zufolge, der heute in zahlreichen Medien veröffentlicht wurde, ist genau das passiert, wie verschiedene Medien berichten, sogar gleich drei mal. "SOS" oder "forced to work exhausting" (etwa: gezwungen, bis zum Umfallen zu arbeiten) war auf diesen eingenähten Zetteln zu lesen und hat den KundInnen der betroffenen Kleidungsstücke drastisch vor Augen geführt, dass hinter jeder 10 Euro-Hose auch ein menschliches Schicksal steht. Ob diese Zettel nun tatsächlich von asiatischen ArbeiterInnen verfasst wurden oder ob es sich dabei um eine geschickt ausgetüftelte Kampagne gegen Primark handelt, wie manche nun vermuten, sei dahin gestellt. Denkbar ist beides. So oder so, Tatsache ist, dass Primark einen harten Preiskampf führt und auch unter diesen Bedingungen produzieren lässt.
Es ist nämlich nicht das erste Mal, dass Primark mit ausbeuterischen Produktionsweisen in Verbindung gebracht wird. Schließlich ließ das Unternehmen auch in eben jener Fabrik in Bangladesch fertigen,
deren Einsturz 2013 für 1100 ArbeiterInnen den Tod bedeutet hatte.
Unter dem Stichwort "Ethischer Handel" kann man nun auf der Primark-Seite neben allerlei Wiedergutmachungstaten des Unternehmens auch eine Reaktion auf den aktuellen Skandal finden: wie ernst solche Anschuldigungen genommen würden, dass das Unternehmen einem Verhaltenskodex folge, demzufolge "Lieferanten und Fabriken die Produktion unserer Kleidungsstücke unter guten Arbeitsbedingungen sowie eine gerechte Behandlung und Bezahlung der Arbeitskräfte gewährleisten müssen", dass die Einhaltung dieser Arbeitsbedingungen auch eingehalten werde usw.
Beteuerungen dieser Art hat man schon vielfach gehört: von Billig- wie von Edelklamottenherstellern. Verlassen sollte man sich darauf jedoch nicht. Der Druck aber kann helfen: VerbraucherInnen müssen klar machen, dass sie diese Ausbeutung nicht mittragen wollen. Sie können in den Geschäften nach Produktionsbedingungen fragen, sich nach "fairen" Marken erkundigen oder schwarze Schafe auch mit Kaufverweigerung abstrafen.
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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 26. Juni 2014