Trügerische Erinnerungen
Beobachtete Taten werden als eigene abgespeichert
Habt ihr wirklich die Haustüre abgeschlossen, als ihr gegangen seid - so wie es euch eure Eltern immer einbläuen? Ganz sicher? Oder meint ihr das nur, weil ihr zufällig den Nachbarn beobachtet habt, wie der seine Türe zugeschlossen hat?
Streitet ihr euch manchmal mit FreundInnen, wer von euch jetzt den verloren gegangenen Schlüssel gefunden hat, der alten Dame die Tür aufgehalten oder die Torte vorm Absturz bewahrt hat?
Wenn andere genauso überzeugt sind, sie hätten das getan, während ihr darauf beharrt, ihr wärt es gewesen, dann müsst ihr nicht unbedingt euer Gegenüber beschuldigen, sich bösartig mit euren Taten zu schmücken. Es kann nämlich auch sehr gut sein, dass ihr selbst euch irrt.
Ein deutsch-kanadisches Forscherteam hat nämlich herausgefunden, dass das Gedächtnis sich besonders leicht überlisten lässt. Wer die Taten anderer beobachtet, erinnert diese später nicht selten als eigene.
Beobachtete Handlungen als eigene erinnert
Das PsychologInnen-Team um Gerald Echterhoff von der Jacoby University Bremen wollte eigentlich mehr über die Vorstellungskraft herausfinden, die ebenfalls für falsche Erinnerungen verantwortlich gemacht wird. Malt man sich eine bestimmte Tätigkeit gedanklich immer wieder aus, meint man am Ende, sie auch ausgeübt zu haben. Bei ihren Experimenten stießen die ForscherInnen aber auf einen bisher kaum beachteten Mechanismus, der zu falschen Erinnerungen führt: das bloße Beobachten fremder Taten führt dazu, dass das Gehirn sie als eigene Handlungen abspeichert.
In ihren Versuchen ließen die ForscherInnen Testpersonen einfache Handlungen ausführen. Anschließend bekamen die Freiwilligen Videos zu sehen, in denen Personen ebenfalls einfache Handlungen ausführten - teilweise die gleichen, die die Testpersonen gemacht hatten, teilweise andere. Zwei Wochen später wurden sie danach befragt, welche Aktionen sie ihrer Erinnerung nach selbst ausgeführt hatten. Dabei erinnerten sie sich dann besonders häufig falsch, wenn eine Person im Video diese Aktion ausgeführt hatte. Die falschen Erinnerungen traten auch dann zu Tage, wenn die ProbandInnen ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht wurden, dass es diese Effekte gibt und gewarnt wurden, dass ihnen das auch passieren könne.
Der Nebeneffekt des Einfühlungsvermögens
Die ForscherInnen machen die sogenannten Spiegelneuronen für diese Fehlleistung verantwortlich. Diese Nervenzellen im Gehirn sind dafür verantwortlich, dass wir auf beobachtete Aktionen oft genauso reagieren, als würden wir sie selbst durchführen. Darum empfinden wir beispielsweise Angst beim Anblick einer ängstlichen Person oder müssen gähnen, wenn ein anderer gähnt. Die Spiegelneuronen helfen uns dabei, uns in andere hineinzuversetzen und ihr Verhalten besser vorherzusagen oder zu lernen, wie man bestimmte Dinge tut, aber sie haben eben auch diesen unvorteilhaften Nebeneffekt.
Nicht blind auf das Gedächtnis verlassen
Echterhoff erläuterte darum, man solle sich nicht allzu sehr auf sein Gedächtnis verlassen. Eine gewisse Skepsis sei eben auch bei den eigenen Erinnerungen durchaus angebracht, auch wenn sie einem noch so greifbar erscheinen.
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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 16. September 2010