Rettungsroutine
Das Wort des Jahres 2012 ist gewählt
Das Wort des Jahres ist gewählt. Wie immer ist es ein Wort, das ziemlich häufig in den Nachrichten erwähnt wurde – auch wenn es laut der Jury gar nicht mal auf die Häufigkeit eines Ausdrucks ankommt. Viel mehr stünden die Signifikanz beziehungsweise die Popularität bei der Wahl im Vordergrund. Im vergangenen Jahr war der „Stresstest“ besonders signifikant und hat es somit zum Wort des Jahres 2011 geschafft. Und was hat uns in diesem Jahr so richtig gestresst? Welche Schlagzeilen bleiben euch beim Rückblick auf 2012 im Kopf hängen? Ein Thema, das das ganze Jahr ziemlich präsent war - und immer noch ist - ist die Eurokrise. Und so ist 2012 die „Rettungsroutine“ das Wort des Jahres, wie die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) bekannt gibt. Wie in den vergangenen Jahren wählte die Jury aus diesmal rund 2.200 Belegen jene zehn Wörter und Wendungen, die den öffentlichen Diskurs des Jahres wesentlich geprägt und das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben sprachlich in besonderer Weise begleitet haben.
Die gewählten Wörter sollen quasi eine sprachliche Jahreschronik darstellen. Das Wort „Rettungsroutine“ spiegele nicht nur das schon seit einigen Jahren dauerhaft aktuelle Thema der instabilen europäischen Wirtschaftslage wider, sondern beschreibe zudem die zahlreichen und wiederkehrenden Maßnahmen, die bisher zur Stabilisierung unternommen wurden. Sprachlich interessant sei die widersprüchliche Bedeutung der beiden Wortbestandteile: Während eine Rettung im eigentlichen Sinn eine akute, initiative, aber abgeschlossene Handlung darstellt, beinhaltet Routine – als Lehnwort aus dem Französischen – eine wiederkehrende, wenn nicht gar auf Dauer angelegte und auf Erfahrungen basierende Entwicklung.
Das Wort des Jahres 2012
1. Rettungsroutine
2. Kanzlerpräsidentin
3. Bildungsabwendungsprämie
4. Schlecker-Frauen
5. wulffen
6. Netzhetze
7. Gottesteilchen
8. Punk-Gebet
9. Fluch-Hafen
10. ziemlich beste ...
Auf Platz 2 begegnet uns Angela Merkel als *Kanzlerpräsidentin*. Hier zeige sich auf sprachlicher Ebene ein insofern bemerkenswertes Phänomen, als das Hauptwort dieses Kompositums Präsidentin ist, obgleich Merkel eigentlich ja Kanzlerin ist. Es stehen sich also zwei gleichwertige Wortbestandteile gegenüber, deren Kopf sich nicht eindeutig bestimmen zu lassen scheint, wodurch eine Deutung offen bleibt. So lege die deutsche Bundeskanzlerin ab und an auch die neutralen und zurückhaltenden Eigenschaften eines deutschen Bundespräsidenten an den Tag.
Als gelungener Kampfbegriff der Gegner des Betreuungsgelds – so die GfdS - belegt die *Bildungsabwendungsprämie* Platz 3 der Liste. Das ganze Jahr über in der Diskussion, erhitzte sie nicht nur die Gemüter der Parteien.
Dem Mut der *Schlecker-Frauen* soll auf Platz 4 sprachlich ein Denkmal gesetzt werden: Kontinuierlich berichteten die Medien über ihr Schicksal und die Ungewissheit darüber, was nach der Insolvenz der Drogeriekette mit ihnen geschehen würde.
Wieder hat ein Politiker es geschafft, durch seine Handlungen beziehungsweise Nichthandlungen ein neues Verb zu prägen, das gleich mehrere Bedeutungen vereint. So stehe *wulffen* auf Platz 5 nicht nur für das Hinterlassen wütender Nachrichten auf einem Anrufbeantworter, nicht nur für illegitime Vorteilsnahme, sondern auch dafür, mit der Wahrheit nicht im Ganzen, sondern »scheibchenweise« nach und nach herauszurücken.
Als deutsche Entsprechung zum in diesem Jahr viel gehörten und verübten intermedialen Shitstorm wurde die *Netzhetze* auf Platz 6 gewählt.
Dem in diesem Jahr erstmals nachgewiesenen *Gottesteilchen* wird auf Rang 7 Ehre zuteil. War seine Existenz jahrzehntelang angenommen worden, gelang dem CERN erst in diesem Jahr mit dem Nachweis des Higgs-Bosons beziehungsweise Higgs-Teilchens ein immenser wissenschaftlicher Durchbruch. Seinen populären, wissenschaftlich nicht verwendeten Namen erhielt das Gottesteilchen nach einem Buch, dessen ursprünglicher Titel »Das gottverdammte Teilchen« der Zensur zum Opfer fiel.
Die ganze Welt verfolgte das Schicksal der Punkband Pussy Riot, die für ihr *Punk-Gebet* – auf Platz 8 der Liste – nach einem öffentlichen Schauprozess hart bestraft wurde. Mit ihrer Inszenierung in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale hatten die Künstlerinnen sich vor allem gegen den russischen Präsidenten gerichtet.
Verflucht scheint das Projekt des Berliner Großflughafens Willy Brandt: Aufgrund von baulich bedingten Sicherheitsmängeln wurde die für dieses Jahr geplante Eröffnung mehrfach verschoben, die Kosten stiegen in die Höhe. All dies brachte dem Airport auf Platz 9 die Bezeichnung *Fluch-Hafen* ein.
Abschließend wählte die Jury die Phrase *»ziemlich beste …«* auf Position 10. Nach dem Erfolg des Films »Ziemlich beste Freunde« zu Beginn des Jahres war diese Floskel in aller Munde und weise gleichzeitig durch die Relativierung eines Superlativs eine sprachliche Besonderheit auf.
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Autorin / Autor: Pressemitteilung/ Redaktion - Stand: 17. Dezember 2012