Schwankende Einschätzung
Wie die Körperhaltung unsere Entscheidungen beeinflusst
Ja, nein, vielleicht, vielleicht doch lieber nicht...? Wüsstet ihr auch mal gerne, was eure Entscheidungen beeinflusst? Am offensichtlichsten sind es ja die Meinungen von uns nahestehenden Menschen. Aber auch eine Reihe unbewusster Faktoren wie Gefühle oder Wahrnehmungen lenken unsere Entscheidungen. Eine weitere wichtige Quelle von Informationen - auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind - ist unser Körper.
"Wenn wir Entscheidungen treffen, sind mehrere Informationsquellen im Spiel: Das Gedächtnis, Bilder und auch körperliche Informationen, wie die Körperhaltung", sagt Anita Eerland, Psychologin an der Erasmus Universität Rotterdam in den Niederlanden. In einer neuen Studie fanden Eerland und ihre Kollegen Tulio Guadalupe und Rolf Zwaan heraus, dass eine unbemerkte Veränderung der Körperneigung Menschen dazu bringt, Mengen, wie Größen, Zahlen oder Prozentsätze anders einzuschätzen.
Für ihre Studie machten sie sich zunächst die Erkenntnis zunutze, dass Menschen kleinere Zahlen eher mit der linken Körperseite, größere mit der rechten Körperseite in Verbindung bringen. Um zu testen, ob sich diese Eigenart auch auf das Schätzvermögen auswirkt, stellten die ForscherInnen 33 Diplomanten auf ein Wii Balance Board und ließen das Board unbemerkt nach links, rechts oder in die Mitte wanken. Dabei mussten die ProbandInnen Schätz-Aufgaben an einem Bildschirm lösen und wurden angewiesen aufrecht zu stehen. Außerdem wurden sie verunsichert, in dem ihnen gesagt wurde, dass sie die Lösungen gar nicht wissen könnten. Unter den Aufgaben auf dem Bildschirm wurden Abbildungen gezeigt, die die ProbandInnen in aufrechter Position zeigten, sodass sie immer glaubten, mittig zu stehen, selbst wenn ihre Körper in geneigten Positionen waren.
*Wissen und Schätzung*
Im ersten Durchlauf sollten Schätzungen verschiedener Arten von Mengen gemacht werden, z. B. die Höhe des Eiffelturms oder der Prozentsatz von Alkohol in Whisky. In der zweiten Runde waren die Mengenangaben alle gleicher Art: Wie viele Enkelkinder hat Königin Beatrix der Niederlande? Wie viele Nummer 1 Hits hatte Michael Jackson in den Niederlanden? Die Antwortmöglichkeiten befanden sich alle zwischen 1 und 10.
Wie erwartet, gaben die TeilnehmerInnen kleinere Schätzungen ab, wenn sie sich in nach links geneigten Positionen befanden als mittig stehend oder nach rechts geneigt. Keinen Unterschied in den Schätzungen gab es dagegen, wenn die ProbandInnen sich mittig oder in nach rechts geneigten Positionen befanden.
Auch wenn die Ergebnisse erstmal nahelegen, dass wir von unserem Körperhaltungen in die Irre geführt werden können, geben die ForscherInnen Entwarnung, denn wenn wir die richtige Antwort wissen, kann die Körperhaltung nicht dazu führen, dass wir eine falsche Antwort geben. "Nur die Schätzungen können von Körperhaltungen in eine bestimmte Richtung gelenkt werden", erklärt Zwaan. Und Eerland fügt hinzu: "Körperhaltungen überschreiben kein Wissen."
Dennoch sollten wir unser Wissen und Denken nicht immer als perfekt und bewusst rational ansehen, mahnen die WissenschaftlerInnen. "Die Entscheidungsfindung ist kein unantastbarer Prozess. Alle Informationsquellen fließen da hinein und wir fangen gerade erst an, die Rolle des Körpers dabei zu erkunden."
Also, bevor ihr die nächste Entscheidung trefft, schaut lieber nach, ob ihr auf festem Boden steht und euch keiner verschaukeln will ;-).
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