Weiblich, jung und rechts?!
Mädchen und junge Frauen in der rechten Szene? LizzyNet hat mit dem Kölner Journalisten Peter-Christian Löwisch gesprochen, der zum Thema Mädchen und Frauen im Rechtsextremismus forscht.
*LizzyNet*: "Mädchen und Frauen in der rechten Szene" lautet Ihr Thema. Wie sind Sie darauf gekommen, besonders nach den Rechtsextremistinnen zu fragen?
*Peter-Christian Löwisch*: Ich beschäftige mich schon seit einigen Jahren damit. Darauf gekommen bin ich über Demonstrationen von Neo-Nazis hier in Köln, bei denen ich dabei war und fotografiert habe. Dabei habe ich beobachten können, dass ein relativ hoher Anteil von Mädchen und jungen Frauen anwesend war, die äußerlich nicht erkennbar waren als rechtsextrem, also nicht aussahen wie die Skingirls oder die Reenies, sondern eben ganz normal gekleidet waren.
*LizzyNet*: Wie alt waren diese Mädchen und jungen Frauen?
*Peter-Christian Löwisch*: Von ca. 15 bis 25 Jahren.
*LizzyNet*: Wie verhielten und verhalten sich die Mädchen und Frauen?
*Peter-Christian Löwisch*: Sie gehen bei Demonstrationen mit und rufen die Parolen. Dieses Bild war ein Schlüsselerlebnis für mich, und ich fing an, mich mit dem Thema rechtsextreme Mädchen und Frauen zu beschäftigen.
*LizzyNet*: Gab es noch einen anderen Grund für Sie, sich mit dem Thema zu befassen?
*Peter-Christian Löwisch*: Ja, der zweite Grund war Annett. Annett kommt aus Schwedt, ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, sieht ganz normal aus, blond, ein bisschen pummelig, singt und begleitet sich auf der Gitarre. Sie singt z.B. darüber, wie schwer es ist als Alleinerziehende - und andere Alleinerziehende werden ihr Recht geben! Aber sie singt auch Lieder wie "Ich habe für Deutschland einen Sohn geboren" und "Eine Rose für mein Deutschland". Sie singt Texte, in denen sie soziale Schwierigkeiten thematisiert und benennt Dinge, die diese ihrer Meinung nach verursachen. Es ist keine Oi!-Musik, kein Hammer-Skin, sondern Ballade - und Annett ist damit in der rechten Szene sehr erfolgreich.
*LizzyNet*: Wie erklären Sie sich den Erfolg der Sängerin?
*Peter-Christian Löwisch*: Annett spricht diejenigen an, die die übliche Skinmusik nicht hören mögen. Mit ihren Texten und der Art ihres Vortragens erreicht sie die bürgerliche Mitte. Sie selbst sieht ja im Unterschied zu den Skinbands auch nicht wie eine Rechte aus, sondern eben bürgerlich - auch das spricht viele an.
*LizzyNet*: Wer sind die rechten Mädchen und Frauen, wissen Sie etwas über ihre Herkunft?
*Peter-Christian Löwisch*: Es gibt leider keine gesicherten Daten zu den Herkünften der Mädchen und Frauen. Ich behaupte, dass es sich wie bei den Jungs und Männern verhält, sie also aus allen sozialen Schichten stammen. Auch gibt es nur sehr wenig Literatur dazu und so gut wie kein Geld für Forschungsprojekte. Daher haben wir kaum Daten über die Mädchen und Frauen, wissen nichts über ihre Herkunft, ihre Motive, ihre Zukunftspläne... Das traditionelle rechte Frauenbild - bezopft, blond, Heim, Herd, Kinder - das passt heute nicht mehr und deswegen tut sich da ein Forschungsfeld auf, ein Forschungsbedarf.
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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 11. Juli 2003