Tränen der Erde

Beitrag zum Wettbewerb green poems von Lorena Halbeisen, 13 Jahre

Eis. Kühlend, erfrischend, eine Heimat. Zeuge der Zeiten, Überdauerer der Welt, Geburtsort und Grabstätte von Lebewesen.

Was ist, wenn es schmilzt? Wenn der tragende, weiße Raum plötzlich aufhört zu existieren?

Meer. Salzig wie Tränen, eine Heimat. Zeuge der Zeiten, Überdauerer der Welt, Geburtsort und Grabstätte von Lebewesen.

Was ist, wenn es steigt? Wenn der Raum des Lebens Leben bedroht, dorthin gelangt, wo es nicht hingelangen sollte?

Orkan. Zerstörerische Naturgewalt, heftige Fegefeuer des Windes. Henker von Lebewesen, Erschaffer neuer Welten.

Was ist, wenn es kommt? Wenn gewaltige Welten mehr zerstören, als sie je wieder erschaffen könnten?

Hitze. Undankbarer Plagegeist, gleißende Wellen. Henker von Lebewesen, Heimat von Wunderwesen.

Was ist, wenn es bleibt? Wenn die Wogen des Feuers nicht schwinden, sich nicht mit den sanften, beißenden Wogen der Kälte vermengen?

Feuer. Grellheißes, loderndes Inferno. Hilfreiche Wärme und tödliche Gefahr. Giftiger Atem, brennendes Licht.

Was ist, wenn es zerstört? Wenn es hungrig verbrennt, was es findet, wenn es verbrennt, was uns am Leben hält?

Abholzung. Zerstörerische Gier der Menschen, laute, unerlaubte Zerstörung. Zerschlagen der Heimat und Grabstätte der Lebewesen.

Was ist, wenn es übertreibt? Wenn uns das Verlangen nach Geld in den Wahnsinn, in unser Verderben treibt?

Artensterben. Der Tod von hunderten, tausenden Spezies. Geburtsort und Grabstätte der Lebewesen.

Was ist, wenn es zu viel wird? Wenn nichts übrigbleibt, was leben kann? Wenn denkende, fühlende, lebende Gestalten sich dem Erdboden gleichmachen?

Armut. Das Kämpfen um das nackte Überleben. Die Not, die einen zwingt, Dinge zu tun, um den nächsten endlosen Tag erleben zu dürfen.

Was ist, wenn es nicht geht? Wenn ganze Völker gezwungen sind, zu stehlen und zu morden, für das wenige, was sie haben, um Familien durchzubringen?

Reichtum. Das Horten von Wünschen der Menschheit. Reich an Liebe, reich an Besitz, hart verdient oder Wäscherei.

Was ist, wenn es ungleich wird? Wenn der Abgrund zwischen Haben und Nichthaben zu groß, zu ungerecht wird? Wenn die einen Wesen im Paradies leben, während die anderen nicht einmal Krumen besitzen?

Industrie. Mächte an Besitz, Mächte an Leben. Erschaffen von Unnötigkeit und weltenverändernde Erfindungen, große Einnahmequellen oder kleine Handwerksbetriebe aus Nächstenliebe.

Was ist, wenn es zu schnell wird? Wenn ganze Nationen nichts anderes im Sinn haben als größer, schneller, weiter, mehr zu haben als verdient?

Müll. Schwimmende, stille Berge, fliegende Fetzen und vergessene Ablagerungen. Einnahmequelle derer in Not, Zeuge der Zeiten, Geburtsort und Grabstätte der Lebewesen.

Was ist, wenn es bedroht? Wenn wir übertreiben, wenn es bleibt, zu viel wird?

Internet. Die Seuche des Jetzt, das Nichts und alles.

Was ist, wenn es kämpft? Wenn wir unsere Identität verlieren, Maschinen koordinieren, uns gegenseitig schaden?

Lichtverschmutzung. Das Fehlen des Himmels, die Schwärze, die uns die Sicht auf andere Welten verbieten.

Was ist, wenn es zurückbildet? Wenn Wesen vergessen, was da draußen vorgeht, wenn wir Welten vergessen und Gefahren nicht erkennen?

Krieg. Zerstörer von Nationen, töten von Unschuldigen. Erobern von Land, von Menschen, Tieren, Besitz, der einem nicht gehört. Vernichten von Ebengleichen, Verbreitung von Hass.

Was ist, wenn es mehr wird? Wenn sich die Kämpfenden an fremdes Land vergreifen, in Tode von Millionen ziehen?

Hoffnung. Das Sehnen nach den Wünschen der Seele, tiefe Schimmer in seidenem Glanz.

Das Flehen an das Schicksal, es möge etwas wunderbares passieren. Ein Wunder.

Autorin / Autor: Lorena Halbeisen