Frauen haben Glück, Männer sind gut?!
Studie: Sportkommentare zementieren Ungleichheit
Wenn Frauen im Sport erfolgreich sind, liegt es daran, dass sie Glück haben und vielleicht auch noch gut aussehen - der Erfolg der Männer wird hingegen als Folge ihrer Kraft und Geschicklichkeit gefeiert. Diese krasse Beobachtung hat Professor James Angelini von der University of Delaware in zwei Studien über die Fernsehberichterstattung der letzten Olympischen Spiele gemacht. Seinen Ergebnissen zufolge zeigen Sportkommentare deutliche Unterschiede in der Art, wie über AthletInnen gesprochen wird, je nach ethnischer Herkunft, Geschlecht und Nationalität. "Es geht um 'Glück' bei den Frauen und um 'Fähigkeit' bei den Männern", so Angelini.
Angelini und seine Forschungspartner hatten die tägliche Olympia-Berichterstattung in der Hauptsendezeit des US-Senders NBC unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet, und sich angeschaut, wie unter anderem über "athletische Fähigkeiten", "Kraft", "sportlichen Einsatz", "Intelligenz" und "Glück" berichtet wird. Bei den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking taten sie das gleiche mit Chinas CCTV-Sender. Und in diesem Jahr wird die BBC während der Spiele in London (vom 27. Juli - 12. August) untersucht.
Sie gewann eine Goldmedaille, weil sie hübsch ist
Die geschlechtsspezifische Studie, die im Journal of Broadcasting und Electronic Media veröffentlicht wurde, enthält folgende Beobachtungen: Nicht nur wurden die männlichen Sportler weit häufiger erwähnt (2010 waren 75% der meisterwähnten AthletInnen männlich), die Kommentatoren werteten auch ihre Leistung anders: War eine Frau erfolgreich, hatte sie eben Glück, bei einem Mann galt es als Beweis für sein Können und seine Hingabe für den Sport. Andersherum wurden beim Versagen Fähigkeit und Engagement der Frau zur Kenntnis genommen, verlor ein Mann, wurde weniger über seinen Misserfolg als über das Gelingen seiner Konkurrenten gesprochen.
*Der Kerl hat nur gewonnen, weil uns das Glück verließ*
Angelini und sein Team untersuchten auch die Unterschiede, die SportkommentatorInnen aufgrund von Nationalitäten machten: Waren amerikanische SportlerInnen erfolgreich, bezogen sich die BerichterstatterInnen eher auf ihren Verstand, ihre Leistung und ob sie Glück oder Pech hatten. Scheiterten nicht-amerikanische SportlerInnen, werteten die KommentatorInnen sie öfter ab: Schuld am Misserfolg sei die mangelnde Kraft und Geschicklichkeit im Vergleich zu den anderen.
Während amerikanische SportlerInnen eher nach ihrer Ausgangslage und Verfassung beurteilt werden, stellen die Kommentare über nicht-amerikanische SportlerInnen eher deren Größe oder Körperteile in den Vordergrund. Insgesamt wird bei amerikanischen AthletInnen oft mehr auf die immateriellen Aspekte ihres Auftritts geachtet, anstatt auf Kraft und Geschicklichkeit.
Ähnliche Unterschiede fand Angelini auch im Umgang mit anderen Ethnien: So wurde bei der Diskussion über afro-amerikanische SportlerInnen mehr auf ihre körperliche Leistungsfähigkeit und Stärke eingegangen, während asiatische AthletInnen eine unverhältnismäßig große Zahl von Kommentaren über ihre Intelligenz erhielten. Wurde über weiße Sportler gesprochen, erwähnten die SprecherInnen besonders ihr Engagement und ihre Gelassenheit.
Die Gefahr dieser verzerrten Darstellungen liegt laut Angelini darin, dass sie sich auf die Wahrnehmung der ZuschauerInnen auswirken können. Das Glaubenssystem der Menschen über Geschlecht, Rassen und Ethnien basiere zum Teil darauf, was sie im Fernsehen sehen. Und da Sportevents - speziell die Olympiade als weltgrößte Sportveranstaltung - ein großes Publikum anziehen, darunter vor allem junge Männer, macht sich der Wissenschaftler große Sorgen, dass eine solche Berichterstattung die Sichtweisen der vielen Zuschauer weltweit beeinflusst. Bleibt uns also nur eins: Hören wir weniger auf die Kommentare der (oft männlichen und weißen) Sportreporter, sondern bilden uns unser eigenes Urteil: "Wow, ist die stark und schnell!"
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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 20. Juni 2012