Ich nehme, was ich kenne
Studie: Vertrautheitsgefühl beeinflusst unsere Entscheidungen
Wer kennt das nicht: Wenn man sich morgens zwischen dem Brötchen mit der Marmelade, die man jeden Tag isst und einer völlig unbekannten entscheiden soll, greift man fast immer zu der, die man schon kennt. Über die Messung von Hirnströmen haben Psychologen der Universität des Saarlandes nun erstmals nachgewiesen, dass das Wiedererkennen von Dingen, Entscheidungen stark beeinflusst.
*Man nimmt, was man kennt*
Menschen treffen ihre Entscheidungen nach bestimmten Regeln. Eine dieser Regeln nennt sich „Rekognitionsheuristik“. Diese Regel besagt, dass man sich für etwas entscheidet, das man wiedererkennt, wenn mehrere Dinge zur Auswahl stehen. „Wir konnten jetzt durch neurowissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass sich der Entscheider hierbei tatsächlich durch ein Vertrautheitsgefühl leiten lässt.“, erklärt Timm Rosburg, promovierter Psychologe an der Universität des Saarlandes, der gemeinsam mit den Saarbrücker Kollegen Axel Mecklinger und Christian Frings die Forschungsergebnisse veröffentlicht hat.
*Die Studie*
Um die Rekognitionsheuristik zu untersuchen, nutzten die Wissenschaftler die Elektroenzephalografie (EEG). Mit dieser wird die elektrische Aktivität des Gehirns gemessen. Den Testpersonen der Studie wurden nun zwei Städtenamen genannt und sie sollten entscheiden, welche die größere ist. Herausgefunden wurde dabei, dass etwa 90 Prozent der Testpersonen bei dieser Aufgabe den bekannteren Städtenamen wählten. Mithilfe der EEG-Daten konnte außerdem festgestellt werden, dass bekannte Städtenamen ein größeres Vertrautheitsgefühl hervorrufen. „Der wichtigste Befund unserer Studie ist jedoch, dass wir die Antwort der Versuchspersonen mittels dieser frühen Hirnantworten vorhersagen können, und dies gilt auch, wenn wir spätere Reaktionen des Gehirns in die Analyse mit einbeziehen. Das frühe Gefühl von Vertrautheit hat also wesentlichen Einfluss für solche Art von Entscheidungen“, erläutert Christian Frings. Dieses Verhalten führt nach Ansicht der Wissenschaftler auch oft zu den richtigen Entscheidungen, da – wie auch in der Studie – die bekanntere Stadt oftmals die größere sei.
*Vertrauen ist nicht alles*
Die Wissenschaftler weisen allerdings auch darauf hin, dass ein größeres Vertrautheitsgefühl nicht immer zu den richtigen Antworten oder Entscheidungen führe. „Das kann man etwa am Aktienmarkt beobachten: Bekanntere Unternehmen werden dort oft nach oben katapultiert, allein wegen ihrer häufigen Nennung in den Medien. Das sagt jedoch nichts über den inneren Wert einer Aktie aus“, so Timm Rosburg.
Auch der Gedächtnisforschung soll die Studie neue Anreize liefern. „Bisher haben Psychologen die Frage, wie wir Entscheidungen fällen, vor allem in Verhaltensexperimenten untersucht. Durch unseren neurowissenschaftlichen Ansatz konnten wir erstmals nachweisen, dass das Vertrautheitsgefühl nicht nur beim Erinnern, sondern auch beim Entscheiden eine wichtige Rolle einnimmt.“, erklärt Professor Mecklinger. Weiterhin betont er: „Wenn wir wissen, dass wir uns von vertrauten Dingen leiten lassen, sollten wir uns das in schwierigen Situationen bewusst machen und eine kritische Distanz dazu einnehmen“.
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Autorin / Autor: Pressemitteilung/ Anika Krüger, - Stand: 24. August 2011