Mädchen programmieren spannendere Spiele

In britischer Studie entwarfen Schülerinnen komplexere Software als Jungs

Bild:LizzyNet

Bisher sind Mädchen und Frauen als Programmiererinnen von Computerspielen noch die absoluten Außenseiterinnen, aber wenn sie mal in der IT-Branche Fuß fassen würden, könnte sich so einiges ändern. Wie eine neue Studie der britischen University of Sussex herausfand, entwickeln Mädchen nämlich die spannenderen Computerspiele als gleichaltrige männliche Jugendliche - vorrausgesetzt die (Programmier-)sprache stimmt...

Dr. Kate Howland and Dr. Judith Good, Forscherinnen der Informatik-Abteilung, baten für ihre Studie 55 GymnasiastInnen, mithilfe einer neuen Programmiersprache ihr eigenes Computerspiel zu entwerfen und zu programmieren. Diese Programmiersprache setzte visuell um, was die SchülerInnen zuvor in einfachem Englisch geschrieben hatten. Dabei stellten die Wissenschaftlerinnen fest, dass die Mädchen viel komplexere Programme für ihre Spiele schrieben als die Jungen und dass sie währenddessen auch mehr über Codierung gelernt hatten im Vergleich zu den Jungen.

Ausgangspunkt für die Studie war die auch in Großbritannien verbreitete Sorge darüber, dass zu wenig Frauen in der Informatik tätig sind - nur 17 % der Informatik-AbsolventInnen in Großbritannien im Jahr 2012 waren weiblich - und das obwohl die Kluft zwischen den Geschlechtern in mathematischen Schulfächern sich allmählich verringert. Den Grund dafür sehen nicht wenige darin, dass sich Mädchen sich im Teenager-Alter von der Darstellung der "nerdigen" Jungs in den Medien abgeschreckt fühlen.

*Über das Geschichtenerzählen zur Programmierung*
Die neue Studie, die in der Januar-Ausgabe der Zeitschrift Computer & Bildung veröffentlicht wird, legt nahe, dass Mädchen aber sehr wohl motiviert werden können, die Programmierung zu erforschen und selbst Spiele zu entwicklen, wenn man ihre - im Vergleich zu den Jungen viel besseren - Fähigkeiten im Lesen, Schreiben und Geschichtenerzählen anspricht. "Da die Geschichten der Mädchen in der Regel komplex und gut entwickelt sind, entwerfen sie auch komplexere Stories für Computerspiele, und diese erfordern dann auch komplexere Programmierungen", erklärt Dr. Good.

Acht Wochen lang entwickelten 12 bis 13-jährige Jugendliche für die Studie ihre eigenen 3D-Rollenspiele. Dazu arbeiteten sie mit einer Software, die mit dem beliebten mittelalterlichen Fantasy-Spiel Neverwinter Nights 2 zur Verfügung gestellt wird. Spiele wie dieses basieren auf "scripts", einfachen Programmen, die beschreiben, was passiert, wenn eine bestimmte Bedingung erfüllt ist. Ein Beispiel: Wenn der Spieler den Drachen tötet, wird eine Meldung auf dem Bildschirm angezeigt. In Computerspielen werden besonders häufig sogenannte Triggerpunkte eingesetzt: Wenn beispielsweise ein Spieler den Raum betritt, huschen Schatten über die Wand oder es explodiert irgendetwas; es wird also ein Skript gestartet, das solche Ereignisse auslöst. Je mehr solcher Triggerpunkte eingesetzt werden, desto fesselnder wird die Atmosphäre eines Spiels.

Allerdings fühlen sich viele Jugendliche durch die Komplexität der Programmiersprache zu eingeschüchtert, um diese Skripte selbst zu erstellen. Dr. Howland und Dr. Good entwickelten also eine neue Programmiersprache namens Flip, die den SchülerInnen ihre selbstgeschriebenen wie Skripte wie ein Gerüst erscheinen lässt. Die Schülerinnen erstellten den Code für ein Skript also nicht mehr über kryptische Textbausteine, sondern indem sie grafische Blöcke zusammen schoben, die dann den Code für das Spiel generierten. Flip schreibt dann selbstständig den Code und übersetzt ihn zusätzlich in einfaches Englisch, damit die SchülerInnen ihre selbstgeschaffenen Skripte auch verstehen.

Im Laufe der Versuchsreihen zeigte sich, dass Mädchen mit diesem Tool die Scheu vor dem Programmieren nicht nur abbauten, sondern auch fast doppelt so viele verschiedene Trigger ins Spiel programmierten wie die Jungen (zum Beispiel: eine Aktion startet nach einem Gespräch, nach dem Auftauchen in einem bestimmten Gebiet, nach der Verwendung eines Gegenstandes etc.). Die Nutzung der Aktionstypen war weitgehend ähnlich zwischen Jungen und Mädchen, allerdings verwendeten Mädchen mehr Bewegungsaktionen ihrer erschaffenen Charaktere, während Jungen eher Skripte schrieben, die mit gewinnen und verlieren zu tun hatten.

"Um junge Menschen für Informatik zu begeistern und zu motivieren, ist es wichtig, ihre anderen Begabungen hinzuziehen und die Beziehung zwischen diesen Fachgebieten zu fördern. Wir müssen Lernumgebungen entwickeln, die die vorhandenen Fähigkeiten der Jugendlichen - wie zum Beispiel die Fähigkeit zu erzählen -  mit Programmierung und rechnerischen Fähigkeiten verknüpfen" so die ForscherInnen.

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Hier geht es zur Studie (englisch)

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Autorin / Autor: Redaktion /Pressemitteilung - Stand: 5. Dezember 2014