Schwerwiegende Identifikation
Studie zeigt, wie groß unser virtuelles Einfühlungsvermögen ist
Der Berg war riiiieeesig und soooooo steil. Studien – und wahrscheinlich auch eure eigenen Erfahrungen – haben gezeigt, dass wir Berge höher und steiler einschätzen, wenn wir sie mit einem Rucksack bepackt besteigen als wenn wir diese ohne zusätzlichen Ballast erklimmen. Doch dieser „Größenwahn“ gilt nicht nur im realen Leben, wie ein US-Forscherteam jetzt herausgefunden hat. Auch mit unserem virtuellen Ebenbild auf dem Computerbildschirm fühlen wir anscheinend so sehr mit, dass wir, wenn dieses Last auf den Schultern trägt, Höhen überschätzen – allerdings nur, wenn wir unseren Avatar selbst erstellen.
Das Forscherteam um Sangeok You von der University of Michigan testete genau dieses Einfühlungsvermögen an einer Gruppe von 121 Studenten. Die Hälfte dieser Gruppe durfte sich am Computer selbst einen Avatar erstellen. Der anderen Gruppe wiesen die ForscherInnen willkürlich einen Avatar zu. Die TeilnehmerInnen beider Gruppen erklommen nun mit ihren Spielfiguren am Computerbildschirm drei unterschiedlich hohe und steile Berge – ein Teil der Avatare wiederum mit, der andere ohne Rucksack. Anschließend sollten sie die Höhe und die Steigung der Berge einschätzen. Und siehe da: Diejenigen, die ihren selbst erstellten Avatar mit dem Rucksack bepackt steuerten, überschätzten die Höhe des Berges sehr viel deutlicher als alle anderen Gruppen. Auch schätzten sie den Kalorienverbrauch ihres virtuellen Ebenbilds höher ein, wenn dieses Last auf den Schultern trug. Designten die Spielerinnen ihren virtuellen Freund selbst, so konnten sie sich viel besser in ihn hineinversetzen und fühlten mit ihm und erlebten mit ihm. Sie erlebten sogar eine ähnliche Wahrnehmungsverzerrung (Überschätzung der Höhe bei Belastung) wie im realen Leben.
Spieleentwickler sollten nach Auffassung des Forscherteams diese Informationen nutzen: Je besser die SpielerInnen ihre Figuren ihrem eigenen Ich anpassen könnten, umso größer der Spaß und Lerneffekt. Aber wer will schon einen Berg erklimmen, ohne dass die körperliche Anstrengung durch den wunderbaren Blick belohnt wird. Wenn die Strapazen unseres Avatars zu unseren eigenen werden, sollten wir uns vielleicht schöneren Spielszenarien widmen und unseren Spielfiguren die Sonne ins Gesicht scheinen lassen oder eine virtuelle Massage genießen, oder ...
Welche Welten würde dein virtuelles Ich durchschreiten?
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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 7. Mai 2013