Keine unüberbrückbaren Spaltungen

19. Shell Jugenstudie blickt optimistisch auf die Generation der 12- bis 25-Jährigen

Besorgt, aber pragmatisch und optimistisch zukunftsgewandt - so tickt laut der am 15. Oktober 2024 vorgestellten 19. Shell-Studie die Jugend.

Befragt wurden für die durch das Energieunternehmen finanzierte Studie 2.509 junge Menschen der Jahrgänge 1998 bis 2012 zu ihren Lebenswelten – angefangen von Familie und Freizeit über Bildungswelten und Berufswünsche bis hin zu Werten und politischen Einstellungen.

Die Studie zeichnet insgesamt ein einigermaßen positives Bild und sieht trotz einer Empfänglichkeit für populistische Positionen und vielen Sorgen trotzdem eine optimistisch in die Zukunft blickende Generation, in der mehrheitlich keine unüberbrückbaren Spaltungen zu beobachten seien.

Angst vor Krieg, Armut und Feindseligkeit zwischen den Menschen

Krieg in Europa zählt zu einer der Hauptsorgen von Jugendlichen. 80% gaben an, sich hiervor zu fürchten. Ein ebenfalls großer Teil sorgt sich um die wirtschaftliche Lage und eine möglicherweise steigende Armut. Allerdings haben zugleich immer weniger junge Menschen Angst vor Arbeitslosigkeit oder davor, keinen Ausbildungsplatz zu finden. Nur noch etwa ein Drittel nennt diese Sorgen. Prof. Albert: „Das ist in unserer Zeitreihe ein historischer Tiefstand.“

Auch wenn das Thema aktuell etwas in den Hintergrund getreten ist: Die Themen Klimawandel und Umweltverschmutzung machen weiterhin einer Mehrheit von zwei Dritteln der Jugendlichen Angst. Die Werte sind jedoch niedriger als bei der letzten Jugendstudie 2019.

Sorge macht vielen Jugendlichen die wachsende Feindseligkeit zwischen den Menschen (64%) und Ausländerfeindlichkeit (58%), die häufiger genannt wird als die Angst vor weiterer Zuwanderung (34%).

Lebenswerte Zukunft möglich - Vertrauen in Institutionen

Auch wenn angesichts schockierender Jungwähler:innen-Ergebnisse der Eindruck entsteht, Jugendliche hätten das Vertrauen in unseren Staat verloren: Die große Mehrheit der Jugendlichen steht positiv zu Staat und Gesellschaft und sieht für sich große Zukunftschancen. Das für den deutschen Sozialstaat zentrale Leistungs- und Gerechtigkeitsversprechen sowie das Vertrauen in den Fortschritt sind aus ihrer Sicht weitestgehend intakt. Etwa drei Viertel der Jugendlichen sind der Ansicht, dass Deutschland ihnen alle Möglichkeiten bietet, ihre Lebensziele zu verwirklichen. Sie vertrauen darauf, dass alle gemeinsam als Gesellschaft eine lebenswerte Zukunft schaffen können.

Vor allem das Vertrauen in die zentralen Institutionen der Bundesrepublik – vom Bundesverfassungsgericht über Bundeswehr bis zur Polizei und Europäischen Union – ist intakt und in den letzten 20 Jahren sogar kontinuierlich gewachsen.

Toleranz ist Trumpf

Jungen und Mädchen sind, so die Studie, insgesamt gesellschaftlich und persönlich optimistisch. Und vor allen Dingen steht bei ihr Toleranz hoch im Kurs. Die abgefragte Toleranz gegenüber verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen bzw. Minderheiten zeigt Toleranzquoten von 80 bis 95 %. Ablehnungswerte liegen unter 20 %.

Politik interessiert mich nicht? Auf 55% der Befragten trifft das nicht zu. Das Interesse für Politik ist den Studienautor:innen zufolge in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Bei der Befragung im Jahr 2002 waren es nur 34%, die Lust hatten, sich mit politischen Themen zu beschäftigen.

Politisch ordnen sich die Jugendlichen ziemlich mittig ein. Abgefragt wurde das auf einer Skala von 1-11 (1 = Links bis 11 = Rechts. Skalenmittelpunkt = 6). Durchschnittlich wurde ein Wert von 5,3 erreicht - also leicht links. Der Wert hat sich im Vergleich zu 2019 (5,1) kaum verändert. Wo steckt also der überall beschrieene Rechtsruck unter jungen Wähler:innen? Die Befragungen zeigen, dass vor allem der Anteil männlicher Jugendlicher, die sich als eher rechts bezeichnen, angestiegen ist, jeder vierte ordnet sich als eher rechts oder rechts ein, 2019 weniger als jeder fünfte.

Insgesamt bezeichnen sich 14% als eher rechts und 4% als rechts. Dem gegenüber stehen 14% der Jugendlichen, die sich als links einordnen, weitere 32% als eher links und 26% als zur Mitte gehörend ein.

Zeitgeist, Werte, Gendern

Achtung, jetzt wirds klischeehaft: Themen wie Feminismus, eine bunte Gesellschaft oder vegane Ernährung finden eher bei jungen Frauen Anklang. So ist beispielsweise  59% der Frauen Feminismus wichtig, bei den Männern sind es nur 20%. Für junge Männer zählen laut der Befragung eher Themen wie Männlichkeit (67% zu 20%), sportliche Autos oder Motorräder (48% zu 14%), Wettbewerb (44% zu 36%) und Markenkleidung (44% zu 35%).

Auch beim Gendern - wer hätte das gedacht - gibt es hier Differenzen. 33% der jungen Frauen sprechen sich für das Gendern aus, aber nur 12% der jungen Männer. 42% der Jugendlichen lehnen Gendern (völlig oder eher) ab, 22% sind (völlig oder eher) dafür und 35% ist das Thema egal. Die Ablehnung betrifft auch Aspekte der Ästhetik, der Verständlichkeit und der Sorge, dass die Schriftsprache immer bürokratischer und komplizierter werde. Es sind dabei vor allem die Jugendlichen, die sich selbst als ausschließlich heterosexuell beschreiben, die Vorbehalte gegen das Gendern haben.

Die Studie wurde erstellt vom Autorenteam um Prof. Dr. Mathias Albert (Universität Bielefeld), Prof. Dr. Gudrun Quenzel (Universität PH Vorarlberg), Prof. Dr. Frederick de Moll (Universität Bielefeld) und dem demoskopischen Institut Verian und vom Energieunternehmen Shell. Felix Faber, Vorsitzender der Geschäftsführung der Shell in Deutschland, sieht in der Finanzierung der Studie ein Zeichen gesellschaftlichen Engagements, auf die Inhalte der Studie werde kein Einfluss genommen.

Vielleicht nehmen sich die Förderer der Studie dann zumindest die Inhalte zu Herzen, nämlich dass die Mehrheit der Jugendlichen auch weiterhin als eine der größten Sorgen den Klimawandel nennt.

Quelle:

Was denkst du darüber?

Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 16. Oktober 2014