Naturspaziergang gegen Stress
Studie: Eine Stunde im Grünen gehen verringert die Aktivität eines Hirnareals, das mit Stress verbunden ist
Stress im Alltag? Dann macht einfach mal einen ausgiebigen Spaziergang im Grünen. Das könnte für eine deutliche Erholung sorgen.
Forscherinnen der Lise-Meitner-Gruppe Umweltneurowissenschaften am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung haben untersucht, wie sich Spaziergänge in der Natur oder in der Stadt auf die Gehirnaktivität auswirken. Dabei schauten sie vor allem auf einen Vorher-Nachher-Effekt. Es ist bereits bekannt, dass die Amygdala, eine zentrale Gehirnregion, die an der Stressverarbeitung beteiligt ist, bei Menschen, die in ländlichen Gebieten leben, nachweislich weniger aktiviert wird als bei Menschen, die in Städten leben. Dies weist auf eine mögliche positive Wirkung der Natur hin. Bisher konnten wir das Henne-Ei-Problem nicht lösen also klären, ob die Natur tatsächlich die Effekte im Gehirn verursacht hat oder ob sich bestimmte Personen einfach dazu entschieden haben, in ländlichen oder urbanen Regionen zu wohnen, so Sonja Sudimac, Doktorandin der Lise-Meitner-Gruppe Umweltneurowissenschaften und Hauptautorin der Studie.
Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, ließen die Wissenschaftlerinnen der Lise-Meitner-Gruppe Umweltneurowissenschaften 63 gesunde Proband_innen eine Stunde lang im Grunewald oder auf einer Einkaufsstraße mit Verkehr in Berlin spazieren. Vor und nach dem Spaziergang wurde ihre Hirnaktivität mit einer funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) erfasst. Die Ergebnisse der Studie belegen, dass die Aktivität in der Amygdala nach dem Spaziergang in der Natur abnahm, was darauf hindeutet, dass die Natur positive Auswirkungen auf jene Gehirnregionen hat, die in Beziehung zu Stress stehen.
Den Forscherinnen zufolge ist dies die erste Studie, die den kausalen Zusammenhang der zuvor schon angenommenen positiven Verbindung von Gehirngesundheit und Natur unterstützt, also dass die Naturnähe tatsächlich die Ursache ist für ein weniger gestresstes Gehirn. Die Studie zeigte aber auch, dass ein Stadtspaziergang die Sache nicht unbedingt verschlimmert. Die Hirnregion wurde nämlich nach einem solchen nicht aktiver, sondern blieb stabil auf dem gleichen Level wie vor dem Spaziergang.
Für die Forscher_innen zeigten die Ergebnisse, dass unser physisches Lebensumfeld die Gesundheit unseres Gehirns und der Psyche beeinflusst. Schon ein kurzer Aufenthalt in der Natur könne die Aktivität der Amygdala verringern. Naturspaziergänge könnten demnach die potenziell nachteiligen Auswirkungen des Stadtlebens mildern und präventiv gegen psychische Probleme wirken.
Die Ergebnisse stehen in Einklang mit einer zuvor durchgeführten Studie (2017, Scientific Reports), die zeigte, dass Stadtbewohner_innen, die nahe an einem Wald lebten, eine physiologisch gesündere Struktur der Amygdala aufwiesen und daher vermutlich besser mit Stress umgehen konnten. Die nun vorgelegte Studie bestätigt erneut, dass die Städteplanung mehr zugängliche Grünflächen in den Städten schaffen sollte, um die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Bürger_innen zu verbessern.
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 13. September 2022