Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet
Da stand ich nun. Vor der Tür des Direktorates. In dem kleinen Nebenzimmer, wo ich angespannt darauf wartete, in das Büro des Direktors gerufen zu werden. Ich bin nicht freiwillig hier. Das ist klar! Wer ist schon aus eigenem Willen in dem kleinen, mit weißen Plastikstühlen ausgestatteten, Vorzimmer des Büros unseres Direktors Herr Walenchcke. Die Tür zum Direktorat ist nur angelehnt, was üble Erinnerungen in mir hervorruft.
Es war an einem Dienstag. Inder zweiten Schulwoche an meiner neuen Schule. Ich hatte mich noch nicht richtig an den Schulalltag, in der für mich fremden Schule gewöhnt. Meine Familie und ich sind vor kurzem hierher nach Waltersberg gezogen. Übrigens noch ein paar Sachen über mich: Ich heiße Patricia Webers bin zwölf Jahre alt und gehe in die siebte Klasse. Jedenfalls war ich neu an der Schule und mit den Regeln noch nicht so vertraut. Als ich also an diesem Dienstagmorgen an der Schule ankam, war ich noch viel zu früh. Ich ging also in Richtung Klassenzimmer und ließ mir gaaaaaaaaaanz viel Zeit. Als ich an den Mädchen-Toiletten vorbeikam, entschloss ich mich noch aufs Klo zu gehen, bevor ich wieder während dem Unterricht auf die Toilette musste. Denn das letzte Mal wäre ich fast geplatzt, weil ich mich nicht getraut habe unseren strengen Physiklehrer zu fragen. Ich ging also aufs Klo und wollte gerade die Kabinentür aufstoßen, als ich in der letzten Kabine Gekicher hörte. Ohne dass ich wusste warum (wahrscheinlich weil mich Ärger magnetisch anziehe), ging ich dem Gegacker nach. Die Kabinentür war nur angelehnt und ich lugte mit flatterndem Herzen durch den Spalt. Drinnen waren drei Mädchen und, obwohl ich neu bin, erkannte ich sie sofort. Wer kannte sie eigentlich nicht? Es waren die beliebtesten Mädchen unserer Schule. Sie heißen: Lina, Rosi, Antonie. Ich mochte sie nie und ich werde sie auch nie mögen. Insgeheim nenne ich sie die Lästerschwestern.
Sie sind alle drei ausgesprochen hübsch, stark geschminkt und mega zickig. Sie erstellten schwarze Listen, auf die sie alle schrieben, die out sind. In meiner ersten Schulwoche stand ich schon darauf, weil ich keine Schminke trage. Jedenfalls stand ich vor dieser Tür und (was für ein Zufall) sie redeten darüber, wer als nächstes auf der schwarzen Liste ganz unten stehen würde. Natürlich wurde ich auch erwähnt. Antonie lehnte sich ge-gen die Türe und diese knallte vor meiner Nase zu. Für einen Moment konnte ich Antonies Parfum riechen. Sie hatte definitiv zu viel aufgelegt! Ein ganzer Schwall von dem Zeug kam mir entgegen. Sofort bekam ich einen Hustenanfall. Natürlich bemerkten die drei Oberzicken das auch. Die Tür wurde aufgestoßen und drei paar Augenpaare starrten mich wütend an.
Wenn Blicke töten könnten wäre ich jetzt schwerst verletzt, wenn nicht sogar tot. Lina fragte, mit unendlichem Zorn in ihrer Stimme: "Was machst du denn hier?" Ich hätte gerne geantwortet: Auf's Klo gehen. Das ist hier doch nicht verboten, oder?" Aber aus meinem Mund kam kein Laut. Ein Kloß steckte in meinem Hals und jenes war mir unendlich peinlich. Jetzt sagte Rosie: "Du hast gelauscht und hast gehört, wie wir von Tom geschwärmt haben! Du… ." "Neeeeiiin !!!!" fiel ich ihr ins Wort. Und das war wenigstens die halbe Wahrheit. Ja, ich hatte gelauscht, aber ich hatte nichts von einem Tom gehört. Die drei Läster-mäuler zogen sich zur Beratung zurück. Nach fünf Minuten, die mir endlos vorkamen, drehten sie sich zu mir und sahen mich plötzlich ganz lieb an. Ich war verwirrt, was war denn aus den Mörderblicken geworden? Nun meinte Rosi auch noch, dass ich ihre beste Freundin werden würde, wenn ich eine Kleinigkeit für sie erledigen würde. Was war denn jetzt los? Gerade noch hatten wir uns gestritten und jetzt wollten wir Freundinnen werden. Aber ich wollte aus meinem sozialen Tief herauskommen, also beschloss ich mehr über die Kleinigkeit herauszubekommen, die ich für sie erledigen sollte. Also fragte ich: "Was für eine Kleinigkeit soll das sein"? Antonie antwortete: "Ich hab letztens meinen teueren Nagellack im Schulspeicher verloren. Wenn du ihn mir zurückholst, gehörst du zu uns." Und schon verschwanden die drei.
Das war alles ganz schön fadenscheinig. Wer bitteschön geht in den Speicher, um sich die Nägel zu lackieren? Aber, na ja ich konnte wenigstens mal versuchen, meinen sozialen Stand zu verbessern. Ich machte mich also auf den Weg zum Speicher. Wo war der überhaupt? Irgendwo ganz oben wahrscheinlich. Ich marschierte in den dritten Stock und hielt nach einer weiteren Treppe Ausschau. Da entdeckte ich eine Tür. An ihr hing ein Pappschild auf dem stand "Speicher". Juhu, erster Schritt geschafft. Ich drückte die Klinke herunter und ehe ich die Tür öffnen konnte hörte ich hinter mir eine Frauenstimme rufen: "Bleib sofort stehen, Mädchen!" Ich hielt verdattert inne und drehte mich um. Hinter mir stand, mit verschränkten Armen; die Hausmeisterin. "Du weißt doch, dass man nicht in den Speicher darf! Da oben sind viele alte Schränke, die auf dich fallen könnten! Wenn mich die liebe Antonie nicht um deiner Willen gewarnt hätte, hätte sonst was passieren können!" Jetzt erst bemerkte ich Antonie, welche mir hämisch zuwinkte. Unermessliche Wut überkam mich. Ich hätte der Hausmeisterin am liebsten alles haarklein erklärt, doch wieder kam kein Pieps aus meinem Mund. "Ich bin keine böse Frau, aber damit du das nie wieder tust, werde ich dich zum Direktor bringen." Sie packte mich an der Hand und zog mich mit. Und damit das mal klar ist in meinen Augen ist sie schon eine böse Frau. Sie hätte auch ein Auge zudrücken können, finde ich. Jetzt stand ich also in dem Vorzimmer und wartete darauf zum Direktor gerufen zu werden.
Autorin / Autor: Hannah Magdalena, 12 Jahre - Stand: 15. Juni 2010