Traum oder Realität?

Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet

Was, schon? Nein, bitte noch nicht. Mein Körper widerstrebt dem, was mein Gehirn intuitiv fordert: „Dreh dich zur Seite und stell den klingelnden Wecker aus!“ Nein... Ja, doch... oder? In Zeitlupe drehe ich mich langsam über meinen Rücken auf den Bauch, mein linker Arm greift nach meinem Handy, stellt den Wecker aus und gewährt mir einen Blick auf die Uhr. 6:05. Innerlich graut es mir schon vor dem Tag, trotz des guten Wetters. Die Sonne scheint einfühlsam durch die schmalen Spalten meiner Jalousie und füllt mein Zimmer dezent in warme Helligkeit. Ist es wirklich dieses Licht, das mein Zimmer durchflutet?
Die leicht verträumt gespielte Klaviermusik ist immer noch zu hören, meine Augen sind immer noch geschlossen. Eben. Gerade das ist es, was mich stutzen lässt. Immer noch.
Ich versuche zu blinzeln, ganz langsam öffnet sich mein rechtes Auge, im gleichen Atemzug versuche ich, mir den Schlaf von den Augen zu reiben. Nein, meinen Kopf habe ich noch nicht einen Zentimeter bewegt. Allerdings jetzt, da ich die veränderte Helligkeit bemerke, die Lichtquelle, die ich wie für gewöhnlich hinter meinem Kopf erwarte, doch die scheinbar von überall erstrahlt.
Meine Augen weiten sich unbewusst; mein Körper liegt in einem Himmelsbett, die Laken sind weiß und unaufdringlich jadegrün und flieder gestreift, der Stoff ist leicht lichtdurchlässig und die impulsiven Sonnenstrahlen erfüllen das ganze, relative unbekannte Zimmer in ein weißes wogendes Paradies.
Ich liege immer noch auf der linken Seite, dieselbe Beinstellung. Mein Kopf hat es sich auf meinem linken Arm bequem gemacht, der gemütlich auf dem übergroßen Kissen liegt. Die Matratze scheint wie Federn und trotzdem habe ich noch nicht einmal genießt.
Mein Blick gleitet aufmerksam und interessiert durch den ganzen Raum, ich nehme süßlichen Waffelgeruch und Lilienduft wahr. Eine weiße, hölzerne Tür gewährt mir nur einen winzigen Spalt in das Nebenzimmer, aus dem, wie ich vermute, die wundervolle Musik erklingt. Es scheint, wie eine Tür in den Himmel- dabei glaube ich noch nicht einmal an ihn- doch wenn es ihn gibt, muss er so einladend unschuldig sein.
Langsam schiebt sich mein linkes Bein über das rechte, gleitet an der Bettkante entlang, die überraschend weich federt, und berührt am Ende doch den Boden. Mein Fuß nimmt hölzernes Parkett wahr, das durch den ansteigenden Druck leicht knarrt. Das Klavierspiel hört für einen Augenblick auf, mein Körper erstarrt, im nächsten ertönt es wieder und meine Muskeln entspannen sich. Ich bewege mich in gefühlter Zeitlupe auf die angelehnte Tür zu, doch meine Hand widerstrebt dem Befehl meines Gehirns, sie zu öffnen. Wieso?
Ist es die zu erwartende Überraschung, die hinter dieser Tür steckt?
Will ich es wissen? Wirklich?

...“If you´re out on the road, feeling lonely and so cold, all you have to do is to call my name, and
I´ll be there on the next train. Were you lead, I will follow....“
GRAUEN!

Nein, das darf ja wohl nicht wahr sein. Dieser dämliche Wecker. Meister der Vortäuschung.
Ich glaub es nicht. Immer wieder schafft er es.


Die Tür zu meinem Zimmer ist angelehnt.
Leichter Waffelgeruch erfüllt mein Zimmer, die Sonne scheint auffordernd auf mein Bett...

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Autorin / Autor: Marisa, 16 Jahre - Stand: 15. Juni 2010