...erinnern...

Was bei einem schrecklich öden Tannenzapfensammeln passieren kann...

Ich hebe den nächsten Tannenzweig auf und stecke ihn in meine Stofftasche. Sie ist noch nicht einmal halb voll, dennoch sind meine Hände schon rot. An der Kälte ändert auch der für einen zweiten Advent ungewöhnliche Sonnenschein nichts. Zweiter Advent - besser nicht dran denken. Besser nicht dran denken, dass Sarah und Leonie gerade über den Weihnachtsmarkt bummeln und ihre Gedanken sich sicherlich nicht um kalte Hände, sondern um heißen Punsch drehen. Anstatt den nächsten Zweig aufzuheben, sehe ich zu meiner Mutter rüber. Ihre Tasche ist natürlich fast doppelt so voll. Gerade bückt sie sich nach einem Tannenzapfen, ihr langer, grüner Mantel schleift dabei im Dreck. Jetzt schaut sie in meine Richtung, sofort zieht sie eine Augenbraue hoch. Ich muss weiter sammeln. Demonstrativ drehe ich ihr den Rücken zu und suche den Waldboden weiter ab. Warum ich auf den gemütlichen Weihnachtsbummel mit meinen 2. Freundinnen verzichten und stattdessen mit meiner Mutter im Wald nach Weihnachtsdekorationsmitteln suchen muss, hat sie mir nicht gesagt, wahrscheinlich weiß sie es selber nicht. Meine Tasche füllt sich, meine Hände werden immer kälter und ich immer wütender. Statt weiter zu sammeln, gucke ich wieder zu meiner Mutter, wenn ihre Tasche voll ist, gehen wir endlich nach Hause. Aber dann schaue ich nicht auf ihre Tasche, ich starre ihre Haare an, ich kann gar nicht anders. Ihre Haarfarbe ist nicht mehr aschblond, sondern strahlt golden. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne spielen mit ihren langen Haaren. Und dann erinnere ich mich wieder. Wie viele Jahre ist es her, dass meine Mutter mir die Geschichte vom Zauberlicht erzählt hat? Als ich noch im Kindergarten und in der Grundschule war, haben wir jeden Adventssonntag etwas zusammen unternommen. Plätzchen gebacken, Geschichten erfunden oder Weihnachtskarten geschrieben. Am zweiten Advent haben Mama und ich immer weihnachtliche Dekorationen für unsere Wohnung gebastelt. Auch diesmal bemerkt meine Mutter meinen Blick. Aber jetzt lächelt sie mir zu.

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Autorin / Autor: schokobroetchen - Stand: 26. November 2008