Tödliche Freundschaft - Teil 3
Anne-Katrin Kreisel
Das zweite Halbjahr neigt sich seinem Ende zu. Es gibt mal wieder Zeugnisse, aber diesmal Ganzjahreszeugnisse. Ich bin besser geworden, Maria auch. Über Mathe kann ich mich nicht beschweren und Geschichte ist auch um eine Note gesunken. Jetzt haben wir die Qual der Wahl: Französisch oder Russisch. Maria und ich haben uns für Fran-ze entschieden, in der Hoffnung, dass wir in einer Klasse bleiben.
Nun ist der Tag der Wahrheit gekommen, die Zettel mit den Klassen hängen aus. Ich finde mich auf dem Zettel der 7b. Ich lese weiter: Ludwig, Müller...Wo zum Teufel steht Maier? Maria Maier. Sie bleibt unauffindbar auf dem Zettel der 7b. Ich linse auf den Plan der 7a. NEIN! Maria Maier. Zwischen Leopold und Münzner. Mein Herz rutscht mir bis in die Kniekehlen. WIR SIND NICHT IN EINER KLASSE!!! Sie realisiert diese Tatsache so schnell wie ich. Still glotzt sie vor sich hin. Ich aber bin vor Enttäuschung den Tränen nahe. Ich werde wieder alleine sein, wie vorher. Panik ergreift mich. Anscheinend ist das für sie nicht so tragisch: „Na ja, wir sehen uns doch auf dem Schulhof.“ Ich starre sie an. Ich muss starren, sonst würde ich losheulen. Sie hat ja keine Ahnung, wie es ist alleine zu sein. Das wird sie bald merken.
Als der erste Schultag kommt, laufe ich betrübt in meine Klasse und suche mir den äußersten Platz. Ein Mädchen kommt und fragt mich, ob es sich neben mich setzen darf. Ich nicke und frage, wie sie denn heiße. „Lena ,und du?“ „Anni“, sage ich mit einem Seufzer. „Was ist denn?“, fragt sie. „Ach, nichts!“ Auf dem Schulhof sehe ich Maria mit anderen Mädchen zusammenstehen. Ich bin mal wieder alleine in meiner Ecke. Sie schaut nicht einmal zu mir rüber, obwohl sie ganz genau weiß, wo ich stehe, und dass sie mir versprochen hat, dass sie weiterhin zu mir kommt. Ich bleibe alleine. Nach einer Woche reicht es mir. Ich gehe zu ihr und frage sie, was das soll. Leichter gesagt, als getan, denn sie ist gerade in ein Gespräch mit ihrer neuen Freundin, Celine, verwickelt. Sie sieht mich zwar, aber beachtet mich nicht. Ich bin entsetzt und wütend zugleich. Doch dann gewinnt ein ganz anderes Gefühl die Oberhand: Eifersucht.
Ich unterhalte mich zwar ausgiebig mit Lena, aber sie hat andere Freundinnen und ist auch kein Ersatz für Maria. Ich werde wieder zur Außenseiterin, keiner kann mich leiden. Aber ich kann die Anderen auch nicht leiden. Maria ist eben unersetzbar...
Auf dem Pausenhof hängen meine Augen an ihr und ihren neuen Freundinnen. Diese neuen Freundinnen sind so ziemlich das Letzte, womit ich mich abgeben würde. Sie schminken sich übertrieben - nicht zu vergessen, wir sind alle noch in der siebenten Klasse - und prahlen damit, wie viel Alkohol sie an X-beliebigen Feiertagen runtergekippt haben.
Maria verändert sich mehr und mehr. Sie fängt an sich zu schminken und wird gemein und rücksichtslos. Ihre Zensuren sind ihr egal. Ich stelle sie mir in 10, 15 Jahren vor: besoffen auf irgendeiner Parkbank. Harz IV Empfängerin. Ich kann es nicht mehr ertragen. Die Eifersucht, die veränderte Maria. Ich kann nicht mehr schlafen. Ich wälze mich im Bett und suche nach einer Lösung. Um Mitternacht, ding-dong, habe ich einen Geistesblitz. Juhu! DAS ist die Lösung. Ich muss mich beeilen, sonst ist es zu spät.
Sofort beginne ich mit der Planung meines Vorhabens: Meine Tat soll drei Menschen betreffen. Nicole. Bettina. Celine. In dieser Reihenfolge. Celine ist Marias neue beste Freundin. Sie zuletzt. Okay, das wäre geklärt. Bloß, wie soll ich das anstellen? Mir wird schon noch etwas einfallen. Nicole werde ich morgen oder übermorgen in den Park locken. Abends, um 10. Dann... Ich muss ein Seil mitnehmen....
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Autorin / Autor: Anne-Katrin Kreisel - Stand: 3. März 2009