Tödliche Freundschaft - Teil 11
Anne-Katrin Kreisel
Verdammt!“ Jetzt bin ich schon bestimmt zum tausendsten Mal diese beschissene Treppe runtergeflogen. Und dann noch genau aufs Steißbein! Ich öffne die Tür zum Heizungsraum. Fast hätte ich erwartet, dass alles unverändert ist. Nein. Celine sieht furchtbar aus. Ihr Haar ist zerwühlt, unter ihren Lidern befinden sich lila Augenringe. Sie ist leichenblass - wie passend - und neben ihr liegt Erbrochenes. Der saure Geruch steigt mir in die Nase. Ich muss mich sehr unter Kontrolle halten, dass ich ihrem Beispiel nicht folge. „Na, wie geht’s dir?“ Zur Antwort schluckt sie. „Hallo, ich rede mit dir!“ „Mhm... mgh.“ Ich mache einen Schritt auf sie zu. Ihr Erbrochenes ist blutig. Igitt. Das Arsentrioxid scheint zu wirken. In ihren Augen liegt etwas Flehendes. Bitte, ich will nicht sterben, lass mich gehen, mach, dass das Gift aufhört zu wirken, mach, dass mir nicht mehr so übel ist! „Okay, die Besuchszeit ist vorbei. Tschüss!“ Das hier ist selbst für mich etwas zu viel. Schnell schließe ich wieder ab und verschwinde nach oben.
„Was ist denn mit dir passiert?“ Lars steckt seinen Kopf zur Zimmertür aus. Er guckt etwas besorgt, was bei ihm sehr selten ist. Ich kann mir gut vorstellen, wie ich aussehe: Als ob mir ein Gespenst über den Weg gelaufen wäre, sprich: sehr blass. „Celine... Guck’s dir am besten selber an.“ „Nee du. Ich will ja keine Alpträume bekommen. Geht’s wieder?“ „Mh.“ Lars scheint hin und her gerissen zu sein. „Vielleicht... Ich gehe doch mal runter.“ Ich nicke schwach. Wer hätte das gedacht, ich habe mir die blutigsten und schlimmsten Rachepläne ausgemalt und kaum ist einer umgesetzt, wird mir schon ganz anders. Wäre mir nicht so elend zu mute, würde ich wahrscheinlich über meinen Gedanken schmunzeln können.
Bald darauf schießt mein Bruder an mir vorbei. Ins Bad. Die Klospülung rauscht und er kommt, sich den Mund abwischend, wieder zum Vorschein. „Und?“ „Sie... Sie ist... Sie ist tot. Plötzlich... Sie ist vor meinen Augen gestorben! Verdammte Scheiße, was haben wir getan?!“ „Du hättest nicht nachsehen sollen. Entschuldigung.“ „Warum entschuldigst du dich da bei mir?! Ich hätte mir an einer Hand abzählen können, dass sie bald dahinsiecht!“ Ich gucke ihn nur an. „Sorry, ich stehe grad ziemlich neben mir.“ Verzweifelt läuft er in die Küche und lässt sich auf einen Stuhl sinken. Wie in Trance schmeiße ich die Kaffeemaschine an und setzte mich ihm ge-genüber: „Und was machen wir jetzt mit der Leiche?“ Er hebt den Kopf und schaut mir lange in die Augen, bevor er antwortet. „Ich habe sie in einen Müllsack gestopft und zwischen dem Gerümpel versteckt.“ Der Kaffee ist fertig. Ich stehe auf und gieße zwei Tassen voll. Normalerweise trinke ich dieses Zeug nicht, das überlasse ich meinen Eltern, aber jetzt brauche ich irgendetwas Heißes im Bauch. Die zweite Tasse stelle ich Lars vor die Nase. Dankbar nimmt er einen Schluck. Jetzt scheint mein Bruder sich wieder einigermaßen im Griff zu haben.
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Autorin / Autor: Anne-Katrin Kreisel - Stand: 11. März 2009