Alles klimaneutral?
Umfrage der Verbraucherschutzzentrale NRW: Verbraucher_innen wissen oft nicht, was die Aussage "klimaneutral" in der Praxis bedeutet und werden dadurch in die Irre geführt.
Wer derzeit durch den Supermarkt geht, sieht eine ganze Menge Produkte, auf denen in meist grüner Schrift "100% CO2-neutral hergestellt" prangt. Oder "klimaneutrales Produkt" oder "klimaneutral produziert". Klingt gut, aber dieser Begriff ist rechtlich nicht geschützt und die wenigsten wissen, was das eigentlich heißt. Die Verbraucherzentrale NRW sagt, dass "klimaneutral" in der gängigen Praxis lediglich bedeutet, dass der CO2-Ausstoß des Produkts berechnet und von den Herstellern durch den Kauf von Zertifikaten aus Klimaschutzprojekten ausgeglichen wurde. Für die Bananen, den Joghurt, die Dosensuppe, die hier angeboten werden, wird ein Wert für den CO2-Ausstoß berechnet und dieser wird durch eine entsprechende Zahlung an ein Klimaschutz-Projekt ausgeglichen - etwa ein Projekt, das klimafreundliche Kochgelegenheiten in Uganda fördert oder Wälder aufforstet. Weil beim Kochen in Uganda dann theoretisch weniger CO2 anfällt, können wir hier die Bananen vermeintlich "klimaneutral" essen. Bei der "Klimaneutralität" geht es also überwiegend um "Ausgleichszertifikate", also woanders für weniger CO2 zu sorgen, damit man selbst mehr verbrauchen kann.
Aber wissen das auch die Verbraucher_innen?
Verbraucher_innen stellen sich unter Klimaneutralität etwas anderes vor
Nein, sagt eine repräsentative Umfrage des SINUS-Instituts im Auftrag des MehrWert-Projekts der Verbraucherzentrale NRW.
Der Großteil der Verbraucher_innen erwartet nämlich, dass derart beworbene Produkte tatsächlich weniger klimaschädlich hergestellt sind. 1.000 repräsentativ ausgewählte, in Deutschland lebende Menschen zwischen 18 und 69 Jahren wurden in der Studie befragt, was sie unter "klimaneutralen Produkten" verstehen. Dabei zeigten sich sehr unterschiedliche Einstellungen, dabei auch recht vage und allgemeine. Die Antworten reichten von "umweltfreundliche Herstellung" über "kein/reduzierter CO2-Ausstoß" bis hin zu "weniger Plastik und Verpackungen" nur wenige Befragte denken zuerst an den CO2-Ausgleich. Nur 13 Prozent der Befragten erwähnten explizit das Prinzip des CO2-Ausgleichs bzw. der Kompensation.
Nur 3% der Verbraucher_innen wissen dabei im Detail, was die Bezeichnung "klimaneutral" auf Produkten genau bedeutet. 39 Prozent wissen zwar, dass der CO2-Ausstoß ausgeglichen wird. Doch 52 Prozent glauben, dass sich die Hersteller zu Maßnahmen zur Reduktion oder Vermeidung des CO2-Ausstoßes der Produkte verpflichtet haben. Selbst Befragte, die besonders umweltbewusst sind, haben verbreitet falsche Vorstellungen von Klimaneutralität.
Klar wird aber in der Umfrage, dass die Konsument_innen sich klare Regeln und eine unabhängige Überprüfung für "klimaneutrale" Produkte wünschen. 86 Prozent sind der Ansicht, dass nur Produkte die Bezeichnung "klimaneutral" tragen dürfen, die auch klimafreundlich hergestellt wurden.
Konsequente Vermeidung von CO2-Emissionen statt Kompensation
Die Verbraucherzentrale schlussfolgert, dass "klimaneutral"-Aussagen die Verbraucher_innen in die Irre führen, da diese sich darunter etwas ganz anderes vorstellen, und dass ein reiner CO2-Ausgleich durch Kauf von Zertifikaten den Verbraucher_innen nicht ausreicht, um Produkte als "klimaneutral" auszuzeichnen.
Sie fordert darum, dass die EU-Kommission nachbessern muss. Bisher verlangt die EU-Kommission in einem Entwurf, dass allgemeine Umweltaussagen verboten werden sollen, ohne dass sie auf demselben Medium (also z.B. einer Verpackung) genauer erklärt werden. Den Verbraucherschützer_innen reicht das nicht. Es müssten einheitliche und wissenschaftlich erprobte Methoden festgelegt werden, auf deren Basis solche Umweltaussagen getroffen werden. Daran müssten sich dann alle halten. Klima-Aussagen, die ausschließlich auf solchen Ausgleichszertifikaten beruhen, müssten unterbunden werden, um Greenwashing zu vermeiden. Im Mittelpunkt sollte stattdessen eine konsequente Vermeidung und Verringerung von CO2-Emissionen durch Unternehmen stehen.
Quelle:
Autorin / Autor: Resaktion / Pressemitteilung - Stand: 5. Oktober 2022