Fairer Flair
Wie arbeitet eigentlich ein nachhaltiges Modelabel? Jessica hat mit den Gründerinnen von LEX&JULEZ gesprochen und stellt sie euch vor.
Ein Beitrag aus einer Projektwoche zum Thema Klima&Klamotten am Geschwister-Scholl-Gymnasium Berenbostel, Garbsen / Hannover
Julia (Jule) und Alexandra (Lexi) in ihrem Atelier
Eins der großen Themen unserer Zeit: Was führt zum Klimawandel und wie können wir die damit einhergehende Klimakrise bewältigen? Da auch unser Gymnasium uns Schüler_innen darüber aufklären möchte, wurde ein Projekt zu dem Thema Klima&Klamotten durchgeführt. Der Modekonsum spielt nämlich eine bedeutende Rolle, die vielen der Teilnehmer_innen anfangs nicht bewusst war. Dabei liegt es auf der Hand: Unsere Kleidung wird in fernen Ländern produziert, bis nach Deutschland transportiert und besteht dazu aus klimaschädlichen Textilien. Alles Faktoren, die zunehmenden CO2-Emissionen wohl eher kaum entgegen wirken. Mithilfe eines Workshops und vieler darin enthaltenen Informationen begannen wir Schüler_innen ganz inspiriert, verschiedene Artikel zu schreiben.
Da mich das Thema Nachhaltigkeit besonders gepackt hat, erklärte ich mich dazu bereit, mich mit einem nachhaltigen Label auseinanderzusetzen und das Konzept näher zu beleuchten. Dazu bin ich mit meiner Lehrerin nach Hannover gefahren, wo wir einen Vormittag in dem Atelier des Modelabels LEX&JULEZ verbrachten. Julia (Jule) und Alexandra (Lexi), die Gründerinnen, haben uns vor allem mit ihrem Engagement für eine 100% ökologische Vorgehensweise fasziniert und mich zusätzlich darin ermutigt, nach meinem Abitur das zu tun, was mich persönlich erfüllt.
Die zwei Freundinnen lernten sich während ihres Modedesign Studiums in Hannover kennen. Beide entdeckten ihre Passion für Mode und erfüllten sich nach dem Master Abschluss ihren Traum, ein eigenes Label zu gründen. Seitdem arbeiten sie gemeinsam an handgefertigter Kleidung und lieben es, selbstständig zu sein, um ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Seit Anbeginn sind beide fest entschlossen, nachhaltig zu arbeiten. Für sie gibt es keine andere Alternative, als mit ihrer ethischen Verantwortung im Modedesign Veränderungen auszulösen.
Handarbeit an der Nähmaschine
Wie kamen sie dazu, in die Modewelt einzusteigen?
Beide traten bereits als Kinder in Berührung mit kreativer Arbeit und sahen im Modedesign die Möglichkeit, Neues zu schaffen. Julias Mutter nähte für sie Kleider für ihr Hobby Rollkunstlauf. Schon als Kind begann Julia, ihr zu helfen. In Lexis Familie war die Handarbeit der Oma inspirierend für sie und motivierte sie letztendlich dazu, Modedesign in Hannover zu studieren. Die beiden Freundinnen sahen und sehen in Hannover eine Modestadt, die viel Potenzial bietet, jedoch von vielen Menschen unterschätzt wird. Denn inzwischen gibt es viele Labels, die nachhaltig arbeiten und verschiedene Richtungen abdecken, sie sind nur noch nicht allzu bekannt. In Hannover fühlen sich Lexi und Julia dementsprechend sehr wohl und sehen längerfristig Potenzial für ihr Label. Gemeinsam bauen sie eine Community auf und unterstützen sich gegenseitig dabei, ihre Träume in Erfüllung gehen zu lassen. Noch haben sie lediglich ihr Atelier, verkaufen online und im Laden „Fühl dich gut“ in der List, aber ihre eigene Ladeneröffnung in Linden steht vor der Tür. Darauf freuen sie sich besonders. Menschen persönlich zu begegnen und das Bewusstsein für eine andere Art von Modekonsum zu schaffen, erfüllt sie mit Glück.
Am Kleiderständer mit Entwürfen
Wie genau sieht das Konzept aus?
An allen Prozessen, die in ihrem Atelier stattfinden, sind sie zu zweit beteiligt. Sie produzieren ausschließlich schwarze und weiße Kleidung, um diese gut kombinieren zu können. Ebenso bieten sie mit ihrem eigenen Größensystem Spielraum für Männer und Frauen, ihren Style individuell zu entfalten. Ihre Größen bieten drei Varianten, werden eher oversized getragen und sollen symbolisieren, dass es in der Mode keine festen Regeln gibt. „Niemand sollte nach Größen definiert werden, sondern sich individuell wohlfühlen können“, sagt Lexi. Außerdem wird ihr Konzept als Basic Wardrobe bezeichnet, da sie nur eine ganzjährige Kollektion herausbringen, die aufeinander aufbaut. Zu Beginn starteten sie mit nur 22 Teilen, mittlerweile sind neue dazugekommen. Alle Bestandteile der Kleidungstücke sind aus Naturmaterialien: Sie verwenden Garn aus Bio-Baumwolle und Stoffe, die nicht aus Synthetik bestehen. Anstatt drei Euro für eine Rolle Garn aus Polyester auszugeben, bezahlen sie 23 Euro für eine Rolle Garn aus Bio-Baumwolle - aus Gründen der Nachhaltigkeit. Dabei achten sie besonders darauf, dass ihre Baumwolle aus Europa stammt und in Deutschland gefärbt wird. Insgesamt bedeutet das: kein Plastik, keine Reißverschlüsse - sondern viele Wickeltechniken, alles Handarbeit und Bioqualität.
*Die Kundschaft*
Ihr Label hat keine bestimmte Zielgruppe. Meistens fühlen sich Personen im Alter von 25 bis 35 Jahren von ihrer Kleidung angesprochen. Die Altersspanne der bisherigen Kunden liegt allerdings zwischen zehn und 70 Jahren. Auch das Alter ihrer Models, die Freunde und Bekannte verkörpern, ist nicht eingegrenzt. So shootete schon ihre 60-jährige Nachbarin für sie, aber auch Freunde im Alter der Gründerinnen, die Mitte zwanzig sind. Was Lexi und Julia auch am Herzen liegt, ist Authentizität. Deshalb werden die Model-Bilder nicht bearbeitet und so wie sie sind in Social Media hochgeladen. „Menschen sind nämlich vielfältig und das soll auch gezeigt werden“, sagen die beiden.
Die Zukunft
Die Modeindustrie hat einen großen Einfluss auf die Umwelt, weshalb LEX&JULEZ auch in Zukunft nachhaltig bleiben möchte und sich den Herausforderungen stellen will. Slow Fashion wirkt dem Klimawandel entgegen und kann Veränderungen bewirken, indem Ressourcen geschont werden. Lexi und Jule stellen sich vor, ihr Team in Zukunft zu vergrößern, aber sie wollen stets alles von Hand anfertigen. Auch würden sie irgendwann gerne für größere Unternehmen produzieren. Dabei geht es ihnen aber nicht um Masse, sondern eher darum, andere Menschen zu inspirieren und ihnen die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit zu vermitteln.
Um den Modekonsum generell nachhaltig zu verändern, könnten wir als Endkonsument_innen bereits viel tun, Veränderungen müssten aber ihrer Meinung nach auf höherer Ebene, also von staatlicher Seite initiiert werden, dies hätte stärkeren und schnelleren Einfluss. So hätten auch kleinere Labels eine bessere Chance, Anreize für Fair Fashion zu vermitteln und viele Menschen zu erreichen.
Zurzeit beschäftigen Jule und Lexi eine Praktikantin, die sich in dem Atelier sehr gut aufgehoben fühlt. Das Umfeld beschreibt sie als entspannt und harmonisch. Gleichzeitig sagt sie, dass sie einen guten Einblick erhält, in das was sie selbst einmal machen möchte. Wenigstens eine Person haben die zwei jungen Gründerinnen bereits erkennbar inspiriert und von ihrer Arbeit überzeugt.
*Welche Tipps geben sie Jugendlichen und Schulabsolventen für ihre Zukunft mit?*
„Man sollte versuchen, das zu tun, was man liebt. Wir müssen in unserem Leben lange arbeiten, um in unserer Welt klar zu kommen. Deshalb sollten wir hinter dem stehen, was wir tun und mit einem guten Gefühl morgens zur Arbeit gehen. Es ist völlig in Ordnung, nach der Schule oder sogar in seinen Zwanzigern noch nicht zu wissen, was für einen das Richtige ist. Manchmal lohnt es sich sogar, etwas zu beginnen, zu merken, dass es nicht passt und anschließend in etwas Neues einzusteigen. Praktika oder Nebenjobs können Jugendlichen beispielsweise dabei helfen, erste Erfahrungen in der Berufswelt zu sammeln und den eigenen Horizont zu erweitern. Wir beide sind ziemlich privilegiert, selbstständig zu sein. Trotzdem arbeiten wir nebenbei als Stilistinnen, um uns finanziell abzusichern, und stellen unsere mentale Gesundheit immer voran. Achtet also immer auf euer persönliches Wohlbefinden und lasst euch nicht zu etwas drängen, was euch nicht gefällt.“
*Mein Fazit*
Wenn wir der Klimakrise entgegenwirken wollen, können wir uns an diesem Label ein Beispiel nehmen. Nachhaltig zu konsumieren, sich Gedanken über die Zukunft zu machen und Veränderungen zu initiieren, bringt unsere Menschheit einen großen Schritt vorwärts. Auch mutig zu sein sowie einen unsicheren Schritt zu wagen, kann zu Zufriedenheit und Selbsterfüllung führen. Ich persönlich konnte an diesem Vormittag vieles mitnehmen. Nicht nur wurde auch bei mir das Bewusstsein für nachhaltige Mode geschaffen, sondern die beiden Frauen haben mir mit ihrer Arbeit und dem Dranbleiben an ihrer Passion die Augen geöffnet. Sich einen Traum zu erfüllen und gleichzeitig etwas für unsere Erde zu tun, ist wundervoll. Von nun an werde auch ich sowohl mehr auf meinen Modekonsum achten als auch für Dinge einstehen, die Positives bewirken und Glücksgefühle hervorrufen.
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Mode und Nachhaltigkeit
Wie können wir Mode und unseren Kleidungsstil sozialer, nachhaltiger und klimafreundlicher gestalten? Hier beleuchten wir nachhaltige Textilien, Tauschbörsen und innovative Forschungsprodukte rund um das Thema Klima&Klamotten. (Bild: hello_beautiful / photocase.de)
Autorin / Autor: Jessica - Stand: 18. Juli 2022