Frauensprache

"Petsie käuft sich einen Füllfedsiehalsie" oder wie man politisch korrekt spricht...

Bild: Lizzynet

*Wie Frauen mit Sprache umgehen???*
Frauen reden mehr, haben aber einen kleineren Wortschatz als Männer. Sie benutzen weniger Schimpfwörter, drücken sich allgemein höflicher aus. Sie neigen zu Übertreibungen und Verniedlichungen ("süß!"), benutzen häufiger sog. Unschärfemarkierer (z.B. "irgendwie") und reden meist in unvollständigen Sätzen, da sie nur unvollständig denken können...

*Alles BLÖDSINN???* Oder nicht?! Jedenfalls haben Wissenschaftler vor rund 80 Jahren ernsthaft so etwas behauptet. Z.B. der Däne Jespersen, der es sich 1922 zur Aufgabe gemacht hat, die Besonderheiten der *"Weibersprache"* zu beschreiben. Was dabei herausgekommen ist, ist natürlich längst out. Allerdings heißt das nicht, dass es nicht auch heute noch genug Leute gäbe, die an solche Vorurteile glauben.

Die Situation bestimmt die Kommunikation

Erst mit der Frauenbewegung Ende der sechziger Jahre fingen auch Frauen an, sich mit der "weiblichen" Sprache zu beschäftigen. Natürlich kamen sie zu ganz anderen Ergebnissen als ihre männlichen Vorgänger. Sie beschrieben Frauensprache als kreativ, offen und kommunikationsfördernd, während sie die männliche Sprache als Instrument der Unterdrückung und Ausgrenzung von Frauen entlarvten.
In der neueren Forschung wurde festgestellt, dass es bei der Untersuchung von Sprache eine entscheidende Rolle spielt, mit wem man gerade spricht. Das kennt wohl jede von euch! *Ungestört mit der besten Freundin* redet es sich ganz anders, als wenn 10 Jungs daneben stehen. Mit der Schwester spricht man anders als mit den Eltern oder der Lehrerin. Und *anonym im Internet* traut man sich vielleicht ganz andere Dinge zu schreiben, als man das unter dem eigenen Namen tun würde. Vielleicht ist man auch an einem Tag schlecht gelaunt und bekommt keinen Ton heraus und am nächsten Tag hat man *eine ganz große Klappe*. Es ist also offensichtlich gar nicht so einfach herauszufinden, wie Leute wirklich miteinander kommunizieren, weil sie eben in jeder Situation und mit jeder Person anders sprechen.

Wie die Sprache mit den Frauen umgeht...

Natürlich geht es beim Thema Frauensprache nicht nur darum, wie und ob Frauen anders mit Sprache umgehen als Männer, sondern auch darum, wie die Sprache mit den Frauen umgeht. Feministinnen und Sprachwissenschaftlerinnen haben immer wieder darauf hingewiesen, wie ungerecht die Sprache die Frauen behandelt. Sie haben auch Forderungen dahingehend gestellt wie eine Sprache sein soll, die Männer und Frauen gleich behandelt. Besonders engagiert haben sich hier die Feministinnen Senta Trömmel-Plötz und Luise F. Pusch

Wer wird Millionärin?

Es ist noch nicht lange her, da hat bei "Wer wird Millionär" eine Frau gewonnen. Die Glitter-Buchstaben leuchteten auf: *MILLIONÄR*. Nicht MILLIONÄRIN??? Was glaubt ihr, würde passieren, wenn die Sendung plötzlich *„Wer wird Millionärin“* hieße? Würde es da nicht jede Menge Protest geben? Oder würden nicht alle denken, das sei plötzlich eine alberne Frauensendung? Oder wenn auf einmal nicht mehr der Kunde König wäre, sondern die *Kundin Königin*? Wie ist es, wenn jemand erzählt, zehn Schüler haben bei "Jugend forscht" gewonnen? Denkt man dann nicht, dass das nur Jungs gewesen sind? Wenn eine Freundin euch sagt, sie habe einen guten Arzt, würdet ihr darauf kommen, dass dieser Arzt eine Frau ist? Dass die männliche Form bei so vielen Berufen so überwiegt, liegt natürlich auch daran, dass Frauen früher schlichtweg nicht solche Berufe ergreifen konnten oder durften. Es gab eben kaum Ärztinnen, Ingenieurinnen, Schreinerinnen, geschweige denn Präsidentinnen oder Pfarrerinnen. Aber wenn die Zeiten sich (zum Glück) geändert haben, sollte die Sprache das auch wiedergeben, da es sonst auch immer zu Missverständnissen und Diskriminierung kommt.
Man darf aber auch nicht vergessen, dass das grammatische Geschlecht (Genus) nicht immer automatisch mit dem tatsächlichen Geschlecht der Person (Sexus) gleichzusetzen ist. So kann "die Wache" ja durchaus ein Mann sein, und niemand regt sich darüber auf, dass das grammatische Geschlecht dabei weiblich ist.

Wie drücke ich mich geschlechtsneutral aus?

Die optimale Lösung ist noch nicht gefunden. Wenn man immer beide Formen berücksichtigt, kann es sehr kompliziert werden und man muss beim Schreiben und Sprechen höllisch aufpassen. Ein Beispiel: Ein/e Mann/Frau, die/der seine/ihre Gefühle nicht zugeben kann, sollte zum/zur Psychologen/Psychologin gehen. Oje, das ist kompliziert. Manche Feministinnen schlagen vor, einfach immer nur die weibliche Form zu nehmen. Das wäre nun aber eine Diskriminierung der Männer. Es gibt aber auch die Möglichkeit, neutrale Ausdrücke zu finden, wie z.B. "die Lehrkräfte", wenn man Lehrer und Lehrerinnen meint oder "Studierende", wenn man Studenten und Studentinnen meint. Oft funktioniert dieses Prinzip aber nicht, weil diese neutralen Ausdrücke nicht immer zur Verfügung stehen.

Männer sind herrlich und Damen sind dämlich...

Es ist nicht zu leugnen, dass die deutsche Sprache so manche Diskriminierung beinhaltet. Warum ist z.B. *"herrlich"* so positiv und *"dämlich"* so schrecklich dämlich?
Viele Feministinnen sehen auch in dem Pronomen "man" eine Diskriminierung und würden es am liebsten immer durch "frau" ersetzen. Aber wäre es nicht auch dirkriminierend, wenn man "man" immer durch "frau" ersetzen würde? Zumal "man" ja nicht mit "Mann" gleichgesetzt werden kann, schließlich wird es (und wurde auch schon früher) im Sinne von "Menschen, Leute" benutzt. Sollte "frau" jetzt also immer von der "Frauschaft" sprechen, von der lieben "Fraugott", von der "Frauscher" statt vom "Herrscher", von der "walkwoman" statt vom "walkman"? Geht es dann so weit, dass man auch die Silben "er" in jedem Wort durch "sie" ersetzen muss, wie es die "Missfits"-Kabarettistinnen am Beispiel ihrer "Feminäspräch"-Veralberung vorgemacht haben: *"Petsie kauft sich einen Füllfedsiehaltsie"* (Peter kauft sich einen Füllfederhalter)???

Diskussions-Forum zum Thema

Was meint ihr dazu? Fühlt ihr euch von der deutschen Sprache ungerecht behandelt? Fühlt ihr euch ausgeschlossen, wenn man euch mit "Liebe Schüler" anspricht? Und was wäre eine gute Lösung? Oder habt ihr damit überhaupt kein Problem? Im Forum könnt ihr darüber diskutieren!

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Autorin / Autor: Sabine Melchior - Stand: 16. August 2001