Ab wann ist man online-süchtig?

Bedeutet schon tägliches Surfen eine Gefahr, abhängig zu werden? Was kann man gegen Onlinesucht machen? Interview mit Dorothee Mücken von der Fachstelle für Suchtprävention der Drogenhilfe Köln.

Dorothee Mücken leitet bei der Fachstelle für Suchtprävention der Drogenhilfe Köln das Projekt Online-Sucht, das sich mit der Webseite WEB-CRACK.de an Jugendliche und mit web-sucht.info an Eltern und Multiplikatoren richtet. Ihr Ziel ist es, Jugendliche und Eltern darüber zu informieren, inwiefern man vom Internet abhängig werden kann und welche Möglichkeiten bestehen dem vorzubeugen. Wir haben mit Frau Mücken genauer darüber gesprochen.

Wie lautet ihre Definition von Onlinesucht? Hängt die Sucht nicht auch von den Beschäftigungen ab? Z.B. mailen, spielen, chatten, spielen...

Ja, da haben Sie ganz recht. Es zeigt sich, dass bei bestimmten Internetaktivitäten eher ein Risiko besteht online-süchtig zu werden. Oder anderes herum, Online-Süchtige sind überwiegend spielsüchtig, sexsüchtig, glücksspielsüchtig oder chatsüchtig. Von einer Gefährdung der Online-Sucht sprechen wir, wenn jemand in seiner Freizeit das Internet überwiegend nutzt, um bestimmte positive Effekte wie z.B. Entspannung, Belohnung zu erreichen. Andere Hobbys, wie Sport oder Freunde treffen, werden vernachlässigt und die Online-Zeit wird immer länger.

Ab wann ist man süchtig? Würden Sie sagen, dass jemand, der zum Beispiel jeden Tag 3 Stunden im Netz verbringt, schon onlinesüchtig ist?

Ob man süchtig ist, kann man nicht anhand der Zeit entscheiden, sondern vielmehr anhand der Funktion, warum jemand im Internet ist. Was sucht der- oder diejenige im Internet? Versucht man, z.B. Probleme zu vermeiden oder hat man nur Online-Freunde und im realen ist es ganz still geworden, dann werden wir hellhörig.

Woran kann man erkennen, dass man selbst gefährdet ist?

Das kann jeder bei sich selbst ganz einfach überprüfen, in dem er versucht, mal einen Tag - oder noch besser - mal eine Woche auf das Internet zu verzichten. Was passiert? Wenn man merkt, dass der Verzicht nicht besonders schwer fällt, ist man wohl eher nicht gefährdet. Merkt man aber, dass sich alle Gedanken um den PC drehen und man etwas unruhig wird und etwas sehr stark vermisst, dann kann eher von einer Gefährdung ausgegangen werden.

Gibt es Studien über Online-Sucht? Was sagen die z.B. aus über Jungs und Mädchen? Gibt es da Unterschiede?

Die vorliegenden Studienergebnisse zeigen ganz deutlich Unterschiede zwischen Mädchen und Jungs. Jungs sind stärker von der Online-Sucht betroffen als Mädchen. Der Trend zeigt aber auch, dass Mädchen ganz stark aufholen. Darüber hinaus nutzen Mädchen eher Foren und Chats, Jungen hingegen gamen lieber.

Welche Auswirkungen hat Online-Sucht, welche Folgen für die Persönlichkeit?

Bei Jugendlichen kommt es häufig zu Schulabbrüchen und starker Isolierung. Die Betroffenen halten sich meist nur noch in ihren vier Wänden auf und  haben keinen Kontakt mehr zu ihren realen Freunden. Sie vernachlässigen körperliche Hygiene und regelmäßige Mahlzeiten. Es gibt ständig Streit mit den Eltern.

Bei anderen Süchten gibt es ja bestimmte Therapieformen, wie ist das bei Onlinesucht? Was macht man da? Computer abschalten? Maus einsperren?...  ;-)

Ja Sie lachen, aber das berichten mir tatsächlich oft die Eltern. Viele Eltern ziehen den Stecker, schalten die Sicherung nachts aus oder schließen die Tastatur weg. Das kann dann hilfreich sein, wenn der Betroffene auch dazu bereit ist und die Einschränkungen mit seiner Einsicht geschehen. Ansonsten empfehlen wir eher langsam vorzugehen. Manchmal ist es wichtiger, über die anderen Aktivitäten zu sprechen als über den PC-Konsum. Wichtig ist es also, die anderen Aktivitäten zu verstärken und zu fördern. Immer wieder zu überlegen, was kann ich sonst noch unternehmen und machen?

Zum Schluss noch was Persönliches: Wie lange sind Sie selbst so im Durchschnitt online? Haben Sie schon manchmal daran gedacht, ob Sie süchtig werden könnten?

Gewagte Frage ;-). Ich bin in der Tat sehr viel online. Beruflich recherchiere ich viel im Netz und schreibe E-Mails an Kolleginnen und Kollegen. Privat nutzte ich eher die sozialen Communities und Chats, um den Kontakt zu meinen Freunden und Freundinnen zu halten.
Ich habe mich tatsächlich schon mal gefragt, ob ich gefährdet bin. Als ich auf meinem Arbeitsplatz angefangen habe WOW zu spielen, war ich hin und weg. Ich habe dann entschieden, dass ich privat nicht spielen werde ;-).

Und würden Sie sagen, dass LizzyNet süchtig machen kann?  ;-)*

Das glaube ich wohl kaum.

*Ein bisschen vielleicht doch, aber nicht schädlich (lach) und vielen Dank für das Interview!*

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Autorin / Autor: Rosi Stolz / D. Mücken; - Stand: 8. Juli 2009