Mit einem Lächeln im Bauch
Christina ist seit 2 Jahren Buddhistin und erzählt euch, wie sie es geworden ist und was es mit ihrem Leben macht...
*LizzyNet*: Christina, du hattest vor 3 Jahren das erste Mal Kontakt mit dem Buddhismus. Du warst damals 21 Jahre alt, lebtest in einer WG und holtest dein Abitur nach. Wie war deine erste Begegnung?
*Christina*: Ich war auf einer Versammlung einer buddhistischen Laienbewegung. Die Versammlung fand in der Wohnung einer jungen Frau statt und war sehr spannend. Zu Beginn rezitierten die Anwesenden, darunter Japaner, Leute jeden Alters und eine Familie mit Kind, einen Auszug aus dem Lotos-Sutra und „chanteten“ ( to chant /chanter= engl./franz. für singen) ca. 20 Minuten seinen Titel: „Nam-Myoho-Renge-Kyo“. Das klang einerseits total fremd und eigenartig, aber es langweilte mich nicht und noch lange Zeit nach dieser ersten Erfahrung hörte ich den Klang tief in mir, als wäre da eine Saite angeschlagen worden, die mir bislang fremd war. Danach erklärte jemand ein buddhistisches Prinzip: Karma. Diesen Begriff kennen viele, seine Bedeutung wird aber in den meisten Fällen verwechselt mit Schicksal. Ich fragte den Anwesenden hundert Löcher in den Bauch, weil ich sicher war, dass sie irgendwann aufgeben und sagen würden „Es tut uns leid, dass Du Dich umsonst herbemüht hast, wir wissen nun wirklich keine Antwort mehr auf Deine Fragen...“ Es kam aber anders.
Ich besuchte in diesem Jahr noch einige Versammlungen, allerdings eher sporadisch. Mehr kam für mich vorerst nicht in Betracht, warum kann ich nicht sagen. Die Versammlungen waren jedes Mal wie ein Geschenk für mich. An keinem anderen Ort sind mir die Menschen je so offen und herzlich begegnet. Ich war fast misstrauisch, dass alle mich vorbehaltlos annahmen, so wie ich war."
*LizzyNet*: In dem Jahr darauf hattest du einen schlimmen Unfall, bei dem dir gesagt wurde, dass du vielleicht nie wieder richtig laufen kannst.
*Christina*: Das war ein großer Schock (ich war bisher ein total aktiver, quirliger Typ, nie konnte ich lange ruhig bleiben). Der erste Monat in Gips war grauenhaft, ohne fremde Hilfe „ging“ gar nichts mehr – wortwörtlich. Meine Mutter und mein Freund waren die einzigen, die mich besuchten, meine Mutter schimpfte jedes Mal mit mir über die Arbeit, die sie zusätzlich mit mir hatte und mein arbeitsloser Freund betrank sich. Und ich trank mit.
In dieser Zeit stürzte mein Leben auf mich ein. Ich hatte kurz zuvor mein Studium abgebrochen. Meine Essstörung, die ich schon 3 Jahre lang hatte, verschlimmerte sich total und wie gesagt steigerte sich der Alkoholkonsum, der zuvor schon als Ablöse für die Drogen, die ich schon früher genommen hatte, alltäglich geworden war. Ich nahm stark ab und sah von Tag zu Tag schlechter aus, gefangen in meiner Unterwelt. Ende Februar traf ich Heidi, eine Buddhistin, wieder. Sie lud mich zu sich ein und wir redeten lange. Dann chanteten wir 10 Minuten. Sie bot mir an, jeden Tag mit mir zu chanten. Ich könne auf diese Weise mein Leben in Glück verwandeln. Ich sagte ja. Von da an praktizierte ich jeden Tag. Am 1. Januar 2002 trat ich schließlich schließlich in eine buddhistische Laienorganisation, d.h. man verlieh mir den Gohonzon (eine Schriftrolle, in der mit altchinesischen Schriftzeichen und in Sanskrit alle Aspekte des Lebens eingeschrieben sind). Damit war ich dann offiziell Buddhistin. Der Gohonzon – das muss ich hier für das bessere Verständnis noch ergänzen – beinhaltet die Wertschätzung allen Lebens. Es ist natürlich nicht so, dass mit der buddhistischen Praxis all meine Probleme ruckzuck gelöst waren oder sind. Im Gegenteil. Ich hing so tief drin in meinem Leben, dass ich echt die „Hölle“ durchqueren musste, bis es halbwegs entspannt wurde.
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Autorin / Autor: Redaktion/ Christina - Stand: 26. März 2003