Fehlender Überblick
Fachleute fordern: Übergang von Schule zu Berufsausbildung neu gestalten
Nicht alle, die die Schule verlassen, finden sofort einen Ausbildungs- oder Studienplatz. Für jene Jugendliche, die oft aus weniger privilegierten Familien stammen, gibt es Übergangsmaßnahmen zwischen Schule und Berufsausbildung, um sie bei der Berufswahl und Ausbildungssuche zu unterstützen. Im Jahr 2009 nahmen dieses Angebot rund 347.000 Jugendliche an. Doch nun steht das Übergangssystem in der Kritik von rund 500 BerufsbildungsexpertInnen, die im Rahmen einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Bertelsmann Stiftung die gegenwärtigen Bedingungen beim Übergang Schule - Berufsausbildung bewerteten. Das System sei dringend reformbedürftig, meinen sie. 89 Prozent finden, dass es beim Einsatz von finanziellen Mitteln und Personal im Übergangssystem an Effektivität mangelt. Mehr als drei Viertel der Fachleute kritisieren, dass die zahlreichen unterschiedlichen Maßnahmen und Bildungsgänge inzwischen kaum noch zu überblicken sind.
Trotzdem sei das Übergangssystem aber grundsätzlich unverzichtbar: 81 Prozent der Berufsbildungsfachleute sind der Meinung, dass auch in Zukunft Maßnahmen und Aktivitäten erforderlich sein werden, um Jugendliche beim Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung zu unterstützen.
Fach "Berufsorientierung" empfohlen
So schlagen die ExpertInnen zum Beispiel vor, bereits in den allgemeinbildenden Schulen mehr für die Prävention zu tun: Mehr als 80 Prozent wünschen sich ein eigenständiges Fach "Berufsorientierung". Dieses sollte von allen SchülerInnen über mehrere Jahre besucht werden. Zudem sollte für alle gefährdeten Jugendlichen eine individuelle Übergangsbegleitung von der Schule in die Ausbildung mit einer festen Vertrauensperson erfolgen. Betriebe sollten bei Schwierigkeiten in der Ausbildung, bei denen zum Beispiel ein Ausbildungsabbruch droht, kostenfrei auf einen externen persönlichen Ansprechpartner zurückgreifen können, so die Forderung von 85 Prozent der Fachleute.
Warteschleifen vor der Ausbildung abschaffen
Nach Auffassung von Dr. Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, könne es sich Deutschland schlichtweg nicht mehr leisten, viele Jugendliche erst über Umwege oder Warteschleifen in eine Ausbildung zu bringen oder sie sogar ganz ohne Berufsausbildung auf den Arbeitsmarkt zu entlassen.
"Die vielen Programme und Initiativen, die schon heute neue Ansätze zur Unterstützung der Jugendlichen beim Übergang von der Schule in die Berufsausbildung erproben, müssen besser miteinander verbunden werden", sagte BIBB-Präsident Manfred Kremer. Vieles laufe zu unkoordiniert nebeneinander her und selbst Fachleuten falle es mittlerweile schwer, den Überblick zu behalten.
Für die Studie wurden innerhalb des "Expertenmonitors Berufliche Bildung" des BIBB im Herbst 2010 deutschlandweit rund 500 Berufsbildungsfachleute befragt. Die Fachleute stammen aus unterschiedlichsten Institutionen wie zum Beispiel Betrieben, Schulen, überbetrieblichen Bildungsstätten, Kammern, Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Forschungseinrichtungen.
Die Studie kann kostenlos abgerufen werden unter
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 14. Januar 2011