Mobbing eher offline statt online

1. Europa-Studie zur Internetnutzung von Jugendlichen

Endlich mal eine gute Nachricht über das Netz - zumindest für deutsche Kinder und Jugendliche. Sie machen nämlich im Durchschnitt weniger negative Erfahrungen im Internet als ihre europäischen Altersgenossen. Das ist ein Ergebnis der Studie „EU Kids Online“, die gestern in Berlin im Rahmen einer internationalen Fachtagung vorgestellt wurde. Wie Kinder und Jugendliche in der „digitalen Gesellschaft“ aufwachsen: Darüber diskutierten 200 Online-ExpertInnen, MedienwissenschaftlerInnen, JugendschützerInnen und PolitikerInnen aus ganz Europa.

Jugendliche in Portugal und Estland surfen zu lange

Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern Europas gehört das Internet inzwischen fest zum Alltag der neun- bis 16-jährigen. 92% von ihnen sind mindestens einmal wöchentlich online. Bei einen Drittel der Jugendlichen gibt es aber leider laut Studie Anzeichen dafür, dass sie das Internet exzessiv nutzen, sie vernachlässigen ihre FreundInnen, machen ihre Hausaufgaben nicht richtig oder schlafen zu wenig. Spitzenreiter im europäischen Vergleich sind hier Portugal (49%) und Estland (50%).

In der bislang einzigartigen Studie "EU Kids Online" wurden insgesamt 25.000 Kinder, die das Internet nutzen, sowie je ein Elternteil aus insgesamt 25 europäischen Ländern befragt. Die Auswertung der Ergebnisse soll auch eine Basis für politische Entscheidungen bieten, die zu einem sicheren Umgang mit dem Internet beitragen können. Vor allem Online-Risiken wie Pornografie, Cybermobbing und Internetkontakte mit nicht persönlich bekannten Personen standen deshalb mit im Fokus der Untersuchung.

Auf deutscher Ebene wurde die Durchführung der Studie vom Hamburger Hans-Bredow-Institut für Medienforschung koordiniert. "Deutsche Kinder nutzen das Internet seltener und weniger vielfältig", erläuterte Professor Uwe Hasebrink. "Damit sind sie weniger gefährdet, nutzen aber auch die Chancen des Internets nur in begrenztem Maße", so der Direktor des Instituts und Leiter des deutschen "EU Kids Online"-Forschungsteams.

Sexuelle Inhalte eher im Fernsehen als im Netz

Eins der interessanten Ergebnisse war, dass Kinder in Deutschland seltener Kontakt zu explizit sexuellen Inhalten im Netz haben als Gleichaltrige in allen anderen untersuchten Ländern Europas. Auch ist hier in Deutschland nicht das Internet die Hauptquelle solcher Inhalte, sondern das Fernsehen bzw. der DVD-Player.

In einem Interview mit Manfred Helmes (Direktor der Landezentrale für Medien und Kommunikation LMK) und Prof. Dr. Uwe Hasebrink (Leiter des deutschen "EU Kids Online"-Forschungsteams) wurden weitere Themen der Studie angesprochen. So ging es zum Beispiel um das Stichwort Cybermobbing. Erschreckende Erkenntnis: Im gesamten Europäischen Raum gibt fast jedes fünfte Kind an, irgendeine Art von Mobbingerfahrung gemacht zu haben. Allerdings berichten lediglich 4 Prozent der deutschen Kinder von Cybermobbing-Erlebnissen.

Dennoch dürfe das Thema nicht unterschätzt werden, warnt Manfred Helmes. Das klassische Mobbing verlagere sich immer mehr ins Internet. Deshalb sollten Kinder möglichst frühzeitig lernen, sich auch im Internet anderen gegenüber respektvoll zu verhalten.

Für Prof. Dr. Uwe Hasebrink ist dagegen klar: "Das Internet ist keine von der Realität abgetrennte Welt. Kinder, die im Netz negative Erfahrungen machen, sind auch im sonstigen Alltag eher von Problemen betroffen. Zusätzlich zu den Bemühungen, das Internet sicherer zu machen, ist es daher vor allem wichtig, sich um die grundlegenden Lebensbedingungen von Kindern zu kümmern."

Veranstalter der Konferenz waren die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK), das Hans-Bredow-Institut (HBI) sowie die deutschen Partner im Verbund des Safer Internet Programms der Europäischen Union (saferinternet.de).

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Autorin / Autor: Redaktion/PM - Stand: 9. Dezember 2010