"Ein Star zu werden war nie mein Ziel"
Interview mit Julia Kotowski - Entertainment for the Braindead
Viele Menschen möchten gerne ein „Superstar“ werden, präsentieren sich in Casting-Shows, warten auf ihre Entdeckung durch eine „Plattenfirma“. Du gehst ja einen anderen Weg und stellst deine Alben im Netz zum Download zur Verfügung. Warum machst du das?
Naja, ein Star zu werden war ohnehin nie mein Ziel, auch nicht, von irgendwem "entdeckt" zu werden oder derartiges... Mir geht es um die Musik als Spielwiese und Ausdrucksmittel, teils ist sie eine Art Selbsttherapie, teils bietet sie einfach Möglichkeiten, mich kreativ auszuprobieren. Allzu große Bekanntheit, sowie vordergründige Gewinnabsichten wären da womöglich sogar eher kontraproduktiv. Mein Grundgedanke war also: Wenn ich ohnehin schon Musik mache, kann ich sie ja genauso gut teilen - nicht nur weil geteilte Freude doppelte Freude ist, sondern auch weil gerade Musik doch eine mehr oder minder kollektive Kunstform ist, bei der das Teilen oder gemeinsame Erleben im Vordergrund steht, was besonders bei Konzerten sichtbar wird, aber auch sonst.. was soll ich denn mit dem Zeug allein in meinem Kopf und auf meiner Festplatte, und verkaufen mag ich es nicht. Anfangs war die anonyme Masse des Internet mir als Publikum einfach deutlich lieber als ein konkretes, greifbar menschliches in meinem näheren Umfeld, darum war die Hemmschwelle, meine ersten Gehversuche ins Netz zu stellen, deutlich geringer als die, z.B. direkt vor Leuten zu spielen und dergleichen. Später stellte sich dann zusätzlich heraus, dass die freie Verbreitung im Internet zudem eine unvergleichlich gute Wahl ist, wenn man einen Weg sucht, seinen Kram in die Welt hinauszuwerfen und einfach mal zu schauen, was dabei passiert. Und es passiert einiges... teils bleibt es digital, in Form von weltweit verstreuten Blogrezensionen, teils wird es aber auch ganz konkret, mit Konzertanfragen aus überraschenden Winkeln der Welt - da sagt man natürlich nicht nein.
Screenshot von der Website www.entertainmentforthebraindead.com
Möchtest du von der Musik leben? Oder hast du andere Pläne? Was wünschst du dir für dich in der Zukunft?
Von der Musik leben würde ich lieber nicht, nein. Sicherlich ist es toll, wenn sich die Kosten decken, wenn ich die Anreise zu Konzerten, die kleine CD-Manufaktur und ab und an ein paar neue Instrumente bezahlen kann, eine Existenz darauf aufzubauen ist allerdings nicht mein Ziel. Zu groß wäre der kreative Druck, den ich mir dadurch machen würde - produzieren zu müssen, um davon die Miete zu zahlen... lieber nicht. Ich bin eigentlich sonst eher im visuell gestalterischen Bereich unterwegs - was sich ab und an auch ganz gut ergänzt. Was ich aber hoffe, ist, dass ich meinen Lebenswandel flexibel genug halten kann, so dass ich die Musiziererei nicht ganz hintenan stellen muss. In der letzten Zeit kristallisiert sich mehr und mehr heraus, dass einer der schönsten Aspekte der ganzen Sache eigentlich der ist, dass man herumreisen und auf großartige Menschen treffen kann, dass sich spannende Kollaborationen und manchmal sogar großartige Freundschaften ergeben. Das macht schon irgendwie süchtig, darum würd ich das nicht so schnell wieder an den Nagel hängen wollen. ;)
Tausend Dank für das tolle Interview!
Stand: 25. November 2010