Abenteuer im Land der tausend Seen

Yori war in einem Kreativ-Camp in Finnland. Zwei Wochen voller Natur und am Ende ein Haufen neuer FreundInnen aus der ganzen Welt.

Meine Reise beginnt mit einem mulmigen Gefühl im Bauch. Ich stehe am Flughafen, gehe durch den Check-In und bin ganz auf mich allein gestellt. Versuche mich nicht umzudrehen, wo meine Familie sicher noch winkend steht. Gespannt und voller Neugierde warte ich auf das, was in den nächsten zwei Wochen auf mich zu kommt.

*Zwei Wochen Finnland, zwei Wochen Freiheit ;)*
Ich ergattere einen Fensterplatz im Flieger und schaue zu, wie er mich aus dem regnerischen, absolut gar nicht sommerlichen Deutschland entführt.;) Je weiter ich fliege, desto dünner wird die Wolkendecke und kurz vor der Landung verkündet der Pilot Sonnenschein in Tampere. Vielleicht hatte das alberne Horoskop, was ich heute morgen im Auto gelesen hatte, doch Recht: Heute soll mein Tag des Monats sein... Immerhin doch ein gutes Omen.

*Ganz allein in einem fremden Land*
Das Flugzeug landet und ich schaue raus. "Wo bin ich hier? Russland?", ist mein erster Gedanke, denn von Flughafen ist nicht die Rede. Tampere Terminal 2 sieht aus wie ein übergroßer Kiosk. Na ja, viel mehr kann man von einer Billigfluglinie auch nicht erwarten. Ich steige aus und die Sonne lässt mich blinzeln. Ein seltsames Gefühl ist das - ganz allein in einem fremden Land.

*Und dann...*
...ging die Reise weiter. Ich kaufte mir Bustickets und ließ mich gemütlich in die Sitze fallen und genoss die Reise durch das neue Unbekannte. Überall Wälder, schöne rote Häuser, Seen. Insgesamt 3 Stationen hatte mein Weg nach Hauho, einem kleinen Ort in der finnischen Seenplatte.

*Busfahrt ohne ein Wort Finnisch*
Ich war überrascht von der Freundlichkeit der Menschen hier. Zum Beispiel stand ich an der Ampel mit meinem Stadtplan und schon kam jemand, der mir helfen wollte. Die Finnen waren, so kam es mir vor, ganz scharf darauf Englisch reden zu können, denn ich verstand damals eigentlich fast gar kein Wort Finnisch. Es war lustig, im Bus zu sitzen und einfach zu lauschen. Zu raten, worüber die Leute denn reden könnten... Vielleicht kann ich nun etwas nachvollziehen, wie es für Ausländer in Deutschland ist, einfach nichts zu verstehen. Und ich habe gelernt, dass man sich auch ohne Sprache verständigen kann: Ein Busfahrer konnte kein Wort Englisch, trotzdem hab ich ihm klarmachen können, wo ich hinwollte und er mir, wann ich aussteigen musste.

*Im Camp angekommen*
Dann war ich irgendwann da, erschöpft und müde, kein Wunder nach fast 15 Stunden Unterwegssein. Ich hatte mich für ein internationales Camp angemeldet, von dem ich im Internet erfahren hatte. Es war mehr oder weniger eine Spontan-Aktion, da ich unbedingt mal nach Finnland reisen wollte. Wir waren 36 Teilnehmer im Alter von 15-19 Jahren. Zuerst war ich ein bisschen geschockt, die einzige Deutsche zu sein, doch im Nachhinein war das nur ein Vorteil. Aus Finnland, Norwegen, Estland, Polen, Slowakei, Frankreich, England, sowie Südafrika und der USA kamen die Leute, ein wirklich internationales Treffen. Es war eine tolle Gruppe, viele Leute kamen offen auf einen zu und schnell konnte man neue Freundschaften knüpfen. Die Sprache im Camp war Englisch und auch damit kamen kaum Probleme und ich lebte mich viel schneller ein als ich je gedacht hatte. Mit Erstaunen stellte ich fest, dass mir nach ein paar Tagen manche deutschen Wörter nicht mehr einfielen..;)

*Finnlands Natur ist wunderschön*
Das Camp lag direkt an einem riesigen See, den ich, dank der 2 Wochen durchgehend warmen und sonnigen Wetters, täglich zum Schwimmen nutzte. So viel Wald hatte ich noch nie gesehen. Als wir einen Ausflug machten und durch die Landschaft fuhren, sah ich fast nur Wald und Seen. Klingt vielleicht langweilig oder eintönig, ist es aber überhaupt nicht. Es gab mir irgendwie ein Gefühl von Freiheit.

Im Camp hatten wir verschiedene Kreativ-Workshops wie Theater, Kunst und Schreiben, alles auf Englisch. Es hat mir das Englische mal von einer ganz anderen Seite gezeigt als die Lehrbücher in der Schule.

*Doch ein Haken...*
Bevor ich es vergesse - es gibt da eine Sache, eigentlich die einzige, die ich an Finnland hasse: Mücken! Überall diese kleinen Mistviecher, vor allem abends. Doch sage und staune: Sogar daran hatte ich mich nach einigen Tagen gewöhnt. Den Finnen zufolge, waren es noch wenig Mücken - im Vergleich zu Lappland, dem nördlichen Finnland, wo es tausendmal mehr Mücken als Einwohner gibt.

*Sauna*
Natürlich stattete ich auch der typisch finnischen Sauna Besuche ab. Es war mein erstes Mal Sauna und ich war begeistert! Am liebsten hätte ich hier in Deutschland auch so eine große Vielfalt von Saunen. Zu meinem Erstaunen erfuhr ich, dass fast jeder finnische Haushalt eine eigene Sauna hat oder zumindest Zugriff auf eine Sauna. Sauna ist übrigens ein Wort, das vom Finnischen ins Deutsche übertragen wurde - und damit wahrscheinlich eines der einzigen.

*Pommes heißen ranskalaiset perunat*
Finnisch ist eine der fremdesten Fremdsprachen. Ich kann suchen soviel ich will, ich finde kaum Ähnlichkeiten zu Deutsch, Englisch oder Französisch. Selbst Pommes frites heißen dort ganz anders, nämlich ranskalaiset perunat. =) So wurde selbst eine Bestellung am Eisstand oder der Imbissbude fast zur unlösbaren Aufgabe für mich... hätte ich nicht liebe finnischsprachige Freunde gehabt, die mir halfen. ,) An eine Situation erinnere ich mich noch gut: Wir machten einen Tagesausflug nach Tampere und waren in einem Restaurant. Ich musste auf die Toilette und stand nun vor zwei Türen, wo leider keine Bildchen für Männlein und Weiblein drauf gemalt waren. Nur zwei völlig fremde Wörter... Irgendwie fand ich diese Erfahrung fast richtig spannend, zu sehen, was man alles versteht, ohne die Sprache zu kennen - und was alles natürlich nicht.

*Viel gelernt*
Ich war fast todtraurig, als das Camp nach zehn Tagen endete. Ich hatte so viele liebe Freunde kennengelernt, soviel gelacht und Spaß gehabt und viel über die anderen Länder gelernt. Wusstet ihr, dass man in der Slowakei deutsches MTV schauen kann? Und dass die Finnen im Deutschunterricht Lieder von Nena singen? Zum letzteren: Ich war erstaunt, wie viele Leute Deutsch in der Schule lernen, und wie gut sie dies beherrschen. Apropos Schule - es hat mir nur gezeigt, was für eine Ruine unser Schulsystem im Vergleich zu anderen ist. Wenig Auswahl, keine vernünftigen Pausen (Mittagessen), schlechter Unterricht. Also da kann sich Deutschland mal was von den skandinavischen Länder abgucken, kann nicht schaden!

*Ab zur Brieffreundin*
Mit schwerem Herzen hieß es Abschied nehmen, doch richtig Zeit zum Traurigsein blieb mir nicht, das nächste Abenteuer wartete bereits auf mich. Die letzten 5 Tage verbrachte ich nämlich bei meiner Brieffreundin, die in der Nähe wohnte. Ich war aufgeregt, denn ich kannte sie bisher nur von den Briefen. Total nett und freundlich wurde ich in die Familie aufgenommen und lernte noch mehr über die finnische Kultur, nämlich früh zu essen. Manchmal gab es dort Abendessen schon um halb 5 am Nachmittag. Sie zeigten mir noch einmal sehr viel von Finnland - es war richtig toll!

*Zurück in Deutschland*
Dann hieß es auch hier auf Wiedersehen! Mein Flugzeug nach Hause und meine sehnsüchtigen Eltern, die mich doch mehr vermissten, als ich gedacht hatte;), warteten bereits auf mich. Die letzten Wochen der Sommerferien konnte ich nicht aufhören, alles mit Finnland zu vergleichen. Natürlich war in Finnland alles besser, vor allem die Qualität der Seen. Seitdem bin ich noch mehr Freibadchlorwasser-Muffel geworden. =) Mit meinen neuen Freunden schreibe ich Mails und Briefe, chatte und habe schon alle eingeladen, mich mal zu besuchen. Auch ich will ihre Einladungen nicht stehen lassen und freue mich schon darauf, um die Welt zu reisen und irgendwo jemand zu kennen. =)

*So bald wie möglich wieder: Finnland*
Und an alle Lizzys! Traut euch ruhig mal, eine Reise ganz alleine zu wagen. Das ist wirklich wie ein Abenteuer. Und irgendwie war ich am Ende sogar ein kleines bisschen stolz auf mich, das alles geschafft zu haben. ;) Nun werde ich wohl ein Jahr alle nerven, bis ich wieder nach Finnland kann! Sogar die, die mich vorher skeptisch anschauten, als ich von Finnland erzählte ("Willst du nicht braun werden?" "Vermisst du das schlechte Wetter?"...by the way... ich hatte besseres Wetter als in Deutschland und bin auch brauner als die anderen - soviel dazu) habe ich von diesen schönen Land überzeugen können: SUOMI - Finnland!

Autorin / Autor: Yori88 - Stand: 25. August 2004