Zwei Herren aus Köln mit Brillengestellen und Musikbegeisterung hatten eine Leidenschaft: französische Popmusik. Der eine, Oliver Fröschke, nahm Audio-Tapes auf, die dem anderen, Rolf Witteler, ziemlich gut gefielen. Und Rolf arbeitete zu der Zeit in einem Plattenladen und versuchte, die Alben der KünstlerInnen zu bestellen, die auf diesen Mix-Tapes waren. Das gestaltete sich jedoch schwierig, die Alben waren hierzulande unfassbar schlecht zu bekommen. "Da müßte es Compilations geben" dachten sich die beiden. Ja. Mittlerweile haben die beiden ein Label gegründet, nannten es babylonisch "Le Pop Musik", haben schon den 2. Sampler und eine LP von Jérôme Minière veröffentlicht, sind Veranstalter einiger sehr toller Konzerte und touren mit ihren Lieblingsplatten durch die Clubs ganz Deutschlands. Ganz Deutschlands? Ja. Schönste französische neue Pop-Chanson-Musik ist hier mittlerweile überall en vogue, nachdem sie lange Zeit vollkommen ignoriert wurde. Der nächste Coup: für den Herbst planen die Herren eine weitere Offensive in Form eines 3. Samplers und einer Konzert-Tour.
Le Pop 1 war schon ein Überraschungserfolg, mittlerweile sind von dem ersten Teil über 10000 verkauft worden, LPs nicht mitgezählt. Ausgegangen waren sie davon, etwa 3000 CD's zu verkaufen. Die zweite Compilation lief genauso gut. Am Vorabend des 14. Juli, des französichen Nationalfeiertags zur Einnahme der Bastille, bat das Institut Français de Cologne die Labelmacher, einen "Event" zu organisieren, was man mit einem Thierry Stremler-Konzert auch realisierte. Ginge es hierbei um *britische* Popmusik, den Ritterschlag hätten die beiden schon bekommen. Sir Rolf nahm sich Zeit für ein Interview.
*LePop war ein Verkaufsschlager. Was denkst du über den Erfolg? Gab es auch Misserfolge?*
Das freut mich unglaublich. Die nackten Zahlen sind es aber nicht allein. Die Pressereaktionen waren überwältigend und mittlerweile haben auch die hiesigen Plattenfirmen kapiert, dass es sich lohnt, sich um das neue Chanson zu kümmern. Als Le Pop erschien, war gerade Mal aus dieser Szene Yann Tiersen hier veröffentlicht, der ja genau genommen kein Chansonier ist. Danach kamen von Benjamin Biolay, Françoiz Breut, Dominique A, Jérôme Minière, Keren Ann, Coralie Clément, Albin de la Simone und Pascal Parisot neue CDs in Deutschland heraus. Demnächst folgen M und Mickey 3D. Das sind alles KünstlerInnen, die zuerst auf Le Pop oder Le Pop 2 hier zu hören waren. Das ist eigentlich der größte Erfolg, dass man hier jetzt tolle, neue Musik hören kann, die vorher nicht zu hören war und an die man nur sehr schwer herankam. Jetzt kann man einfach in den nächsten Saturn latschen und sich die neue Dominique A mit nach Hause nehmen. Der größte Misserfolg war, dass wir es nicht geschafft haben Mathieu Boogaerts in Deutschland herauszubringen. Das lag aber nicht in unserer Macht, weil dessen internationale Firma Warner kein großes Interesse an solchen Themen hat und lieber darauf vertraut, dass die nächste Madonna wieder einschlägt.
*Wie sieht deine Arbeit als Labelmacher aus?*
Eigentlich machen wir alles zusammen: Musik hören, neue Musik recherchieren, CDs organisieren, Kontakte herstellen, Kontakte pflegen, Platten zusammenstellen, Rechte klären, Promo-Texte verfassen, Veröffentlichungspläne erstellen, Produktion koordinieren und CDs an Presse und Rundfunk verschicken. Dazu kommen noch so Sachen wie Buchhaltung und Marketing und ab und an ein Interview wie jetzt. Da Oliver Graphiker ist, kümmert der sich vor allem um die Covergestaltung und alles, was mit Artwork zu tun hat wie Flyer, Poster, Aufkleber. Wenn ich es mir so genau überlege, ist es eine ganze Menge Arbeit. Da braucht man viele Leute, die helfen.
*Wer hilft?*
Viele. Angefangen bei meiner Schwester in Paris, die mit einem französischen Komponisten verheiratet ist und bei der ich immer übernachten kann, über Plattenfirmen, die uns unterstützen - bis zu Clubs und VeranstalterInnen, die uns oder KünstlerInnen der Nouvelle Scène einladen. Ganz wichtig sind natürlich auch Radiostationen wie WDR Funkhaus Europa, NDR und Radio Multikulti, aber auch kleine wie Campusradios und Lokalradios, die unsere Platten regelmäßig einsetzen. Ich kann gar nicht alle aufzählen. Ohne einen toll arbeitenden Vertrieb, groove attack, wäre das Ganze allerdings überhaupt nicht machbar. Dazu kommt noch, dass uns eine Agentur einen Büroplatz zu Traumbedingungen zur Verfügung gestellt hat.
*Und sind mittlerweile persönliche Beziehungen entstanden?*
Am Anfang lief das alles sehr formell. Die Kontakte beschränkten sich eigentlich auf's Geschäftliche. Als die Verhandlungen für den ersten Sampler ins Stocken geraten waren, überzeugte mich mein Schwager Michel davon, einfach mal bei den Plattenfirmen direkt vorbeizugehen. Das war sehr hilfreich und hat das Eis gebrochen. Mittlerweile ist durch die Konzerte von Minière, Dominique A, Pascal Parisot und Albin de la Simone auch ein direkter Kontakt zu einzelnen Künstlern entstanden. Als ich letzte Woche in Paris war, habe ich mich mit de la Simone und Thierry Stremler getroffen und einen netten Nachmittag verbracht. Als die mir dann erzählten, dass Boogaerts gerade in Berlin ist und in einem Café Le Pop 2 gehört hat, war ich schon ziemlich gerührt. Die finden glücklicherweise gut, was wir machen und so macht die Sache erst richtig Spaß.
Autorin / Autor: Astrid - Stand: 14. Juli 2004