Harry hat keine Ahnung, wer der Halbblutprinz ist
Was er sich ausgedacht hat, führt Harry schließlich in sehr gefährliche Bereiche
Harry hat im Grunde keine Ahnung, wer der Halbblutprinz ist. Er weiß nur, dass der früher ein altes Lehrbuch besaß, das Harry jetzt geerbt hat, als er sich für Professor Slughorns Zaubertrank-Kurs anmeldete. Dazu Yates: „Im Buch steht: ,Eigentum des Halbblutprinzen‘, aber dort steht weder ein Name noch sonst ein Hinweis auf ihn – seine Identität bleibt also ein Rätsel. Wer es auch sein mag – offenbar war er sehr schlau, denn er konnte reguläre Rezepte für bestimmte Tränke und Sprüche erheblich verbessern. Er hatte originelle Ideen, aber auch sehr abartige. Was er sich ausgedacht hat, führt Harry schließlich in sehr gefährliche Bereiche.“
Unbestrittener Star des Slughorn-Kurses
Auf den Seitenrändern des Lehrbuchs „Zaubertränke für Fortgeschrittene“ hat der Halbblutprinz Anmerkungen notiert, mit deren Hilfe Harry zum unbestrittenen Star des Slughorn-Kurses aufsteigt – was wunderbar zu Dumbledores Plänen passt. Er wusste, dass der Zaubertränke-Professor versuchen würde, Harry zu „vereinnahmen“, und er verlangt ganz offen von Harry, dies zuzulassen. Michael Gambon erklärt: „Dumbledore weiß, dass Slughorn wichtige Informationen über den jungen Tom Riddle zurückhält – er braucht Harry, um an diese Informationen zu gelangen.“ Dumbledore glaubt, dass man Lord Voldemort nur überwinden kann, indem man seine Achillesferse in der Vergangenheit aufspürt. Deshalb sammelt er alle Erinnerungen an Tom Riddle: Wann und wie hat Riddle sich das Wissen angeeignet, das ihm nach eigener Aussage zum „gefährlichsten Dunklen Zauberer aller Zeiten“ aufsteigen ließ? Jede der von ihm gesammelten Erinnerungen wird sorgfältig in einem Glas aufbewahrt und etikettiert – auch seine eigenen frühesten Erinnerungen befinden sich darunter. Er nimmt eine heraus, gießt den Inhalt in ein schwebendes Denkarium und zeigt Harry seine erste Erinnerung an Tom Riddle, als der noch ein Kind war. Harry sieht, wie der jüngere Dumbledore in Wools Waisenhaus ankommt.
Wirkt wie ein Gefängnis
Laut Produktionsdesigner Stuart Craig ist die Außenansicht des Waisenhauses von einem Gebäude inspiriert, das er bei der Motivsuche im Hafengebiet von Liverpool entdeckte. „Dort steht ein großer Backsteinklotz, der das gesamte Viertel dominiert“, berichtet er. „Es sieht sehr bedrohlich aus, wirkt wie ein Gefängnis – das inspirierte unseren Entwurf. Bei der Innenausstattung verwendeten wir glasierte Kacheln, wie sie in viktorianischen Anstalten gern verwendet wurden, weil sie sehr haltbar und leicht zu reinigen waren. Sie wirken so düster und bedrückend, dass sie genau der Atmosphäre entsprechen, die wir uns für das Waisenhaus vorstellten.“ Im Waisenhaus wird Dumbledore in einen tristen Raum geführt, wo er dem kalten Blick des jungen Tom Riddle begegnet. Die Rolle des elfjährigen Tom wird von Hero Fiennes Tiffin gespielt, der zufällig der Neffe des Voldemort-Darstellers Ralph Fiennes ist. „Tom ist ein bedrückter, finsterer Junge“, sagt Tiffin, der zehn Jahre alt war, als er die Rolle des Tom Riddle bekam. „Er hat ungewöhnliche Fähigkeiten und kann jedem weh tun, der ihn schlecht behandelt. Er hat im Waisenhaus keine Freunde, und deswegen stiehlt er den anderen ihre Sachen, weil er sich ihnen dadurch nahe fühlt. Das ist richtig traurig.“ „Hero zeigt eine fantastische Leistung“, berichtet Heyman. „Er ist ein sehr netter, liebenswerter Junge, doch es gelingt ihm, sich auf ganz unheimliche Weise von seinem eigenen Wesen zu distanzieren – er spielt derart kontrolliert, dass uns bei seinem Auftritt das kalte Grausen packt.“ „Er ist so lieb und nett, wie man ihn sich nur vorstellen kann“, bestätigt Yates. „Und er reagiert sehr gut auf Regieanweisungen. Das lief völlig unproblematisch, weil er sehr viel Charisma hat – es ging also nur darum, alle Gefühle abzuschalten und ihn durch seine Zurückhaltung und Ruhe wirken zu lassen.“ Dumbledore erzählt Tom, dass er in Hogwarts lernen kann, wie er die magischen Kräfte kontrollieren und nutzbringend einsetzen kann. Als er geht, weiß er nicht, welchen Denkprozess er damit unwillkürlich ausgelöst hat, „aber man bekommt es mit der Angst zu tun, wenn man überlegt, wie die Weichen vor so vielen Jahren gestellt wurden“, sagt David Barron.
Eine weitere Erinnerung
Dumbledore zeigt Harry später eine weitere Erinnerung, diesmal an den 16-jährigen Tom Riddle, der inzwischen in die Gruppe von Horace Slughorns Spitzenschülern aufgestiegen ist. Den jugendlichen Riddle spielt Frank Dillane – er sagt: „Tom ist sehr charmant – aber er manipuliert seine Mitmenschen. In seiner Beziehung zu Slughorn geht es drunter und drüber – das heißt: Im Verhältnis Schüler-Lehrer sollte der Lehrer die Autoritätsperson sein. Doch hier erleben wir, dass Tom offenbar die Fäden in der Hand hält.“ „Frank drückt auf ganz verblüffende Weise aus, wie es in ihm kocht“, sagt Barron. „Tom ist ausgesprochen höflich, doch er wirkt unterschwellig bedrohlich, und das verunsichert Slughorn offenbar ganz enorm.“ An einem bestimmten Abend bleibt Tom nach einer Zusammenkunft bei Slughorn zurück und bittet ihn um „einen seltenen Zauber“. Doch Slughorn unterbricht ihn ärgerlich, weigert sich, über diese Thema auch nur zu sprechen und schickt ihn fort. Harry ist verständlicherweise verwirrt, bis Dumbledore ihm erklärt, dass diese Erinnerung eine Lüge ist. Sie wurde von demjenigen verändert, der sich erinnert: Horace Slughorn. Und die Informationen, die Slughorn Tom damals tatsächlich gegeben hat, könnten den Schlüssel bilden – den entscheidenden Hinweis, um Voldemort zu besiegen. Harry muss Slughorn dazu bringen, sein Schuldgefühl und seine Angst zu überwinden und zuzugeben, was er tatsächlich erinnert.
„Damit entwickelt sich Harry als Figur deutlich weiter“, stellt Yates fest. „Harry befindet sich im Krieg. Als Dumbledore ihm sagt, dass er Voldemort mit dieser Erinnerung besiegen könnte, reicht ihm das völlig. Harry wird vor allem von dem Wunsch getrieben, Voldemort zu töten. Slughorn ist dabei nur Mittel zum Zweck. Es ist ein völlig neuer Aspekt, als wir erleben, wie Harry Potter diesen Mann manipuliert, um sein Ziel zu erreichen.
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