Wenn ich mal groß bin...

Studie: Mädchen hören erst ab der dritten Klasse auf, Programmiererin sein zu wollen

Woran liegt es, dass der Anteil von Frauen in MINT-Berufen eigentlich immer noch nicht wesentlich steigt? In welchem Alter beginnen die geschlechtsspezifischen Interessensunterschiede, denn angeboren kann die Begeisterung oder Ablehnung von Informatik und Co. doch nicht sein? Allison Master, Assistenzprofessorin für Psychologie, Gesundheit und Lernwissenschaften am College of Education der University of Houston hat jetzt in einer neuen Studie die Ungleichheit bis ins frühe Grundschulalter zurückverfolgt, um festzustellen, ob es stimmt, dass das Programmieren und andere Informatikaufgaben von den meisten Jungen begrüßt, von den Mädchen aber eher gemieden werden.

Vorab: es liegt nicht an den Kindern selbst! Wen wunderts? Das Forschungsteam fand heraus, dass kleinere Mädchen sich durchaus als Informatikerin sehen können, was darauf hindeutet, dass das Stereotyp mit zunehmendem Alter eher von Erwachsenen in ihrem Leben und den Medien, die die Kinder umgeben, übernommen wird.

"In diesem Bereich wurde noch nicht viel geforscht", sagt Master. In einer früheren Veröffentlichung untersuchten sie und ihr Forschungsteam die Herangehensweise von Schüler:innen im Kindergarten bis zur 12. Klasse an MINT-bezogene Fächer, und in dieser neuen Studie wurde die Motivation von Erst-, Zweit- und Drittklässler:innen für das Programmieren am Computer durch eine Umfrage vertieft. Ihre Ergebnisse lassen zwei Haupttrends erkennen: einerseits Gleichheit und andererseits wachsende Unterschiede. Die jüngsten Mädchen und Jungen zeigten nämlich das gleiche Interesse am Erlernen der für das Programmieren erforderlichen Fähigkeiten und das gleiche Vertrauen in den Unterricht.

"Das Schöne an dieser Studie ist, dass wir herausgefunden haben, dass Mädchen in der ersten bis dritten Klasse Programmieren und Informatik gegenüber sehr aufgeschlossen sind. Sie glauben, dass sie gut im Programmieren sein werden und dass es ihnen Spaß machen wird, es zu lernen", sagte Master.

Dieses Interesse und Selbstvertrauen der Mädchen nimmt aber ab der dritten Klasse ab, während das von Jungen im Laufe der Jahre weiter zunimmt. Bei älteren Mädchen schleichen sich offenbar negative Stereotypen ein. Der Grund: "Wenn die Mädchen in der Mittelschule sind und sich umschauen, wer an den Informatikaktivitäten teilnimmt - die außerschulischen Clubs, die Sommercamps - sind es hauptsächlich Jungen. Und wenn Erwachsene über diese Bereiche sprechen, werden negative Stereotypen weiter verbreitet. Im Laufe der Jahre gehen die Angebote für Programmiercamps und naturwissenschaftliche Geburtstagsgeschenke immer häufiger an Söhne und nur selten an Töchter", so Master.

Ab der dritten Klassen werden stereotype Einflüsse stärker

Aber was verursacht die Kehrtwende in der dritten Klasse? Es sei kein Zufall, denn Kinder in diesem Alter fingen an, soziale Medien sowie Bücher und Fernsehsendungen wahrzunehmen, in denen intelligente Wissenschaftler in der Regel als weiße oder asiatische Männer dargestellt werden, selten als Frauen. "Das ist ein starkes Signal", erklärt Master.

Um diesen Stereotypen entgegenzuwirken, teilen Master und ihre Kollegen ihre Ergebnisse mit Lehrer:innen in ihrem frei zugänglichen Artikel "Gender Equity and Motivational Readiness for Computational Thinking in Early Childhood" (Early Childhood Research Quarterly). Außerdem befragen sie Mädchen und Jungen der Mittelstufe dazu, was sie dazu anregen würde, mehr Informatikkurse zu besuchen. "Wir hoffen, dass wir einige Materialien erstellen können, die interessierte Schüler:innen, darunter auch mehr Mädchen, dazu inspirieren könnten, sich für einen grundlegenden Informatikunterricht zu interessieren."

Sie wenden sich auch an jüngere Klassenstufen, in denen sich die Stereotypen noch nicht festgesetzt haben. "Unsere Untersuchungen zeigen, dass dies ein guter Zeitpunkt ist, um Mädchen in den Unterricht einzuführen. Und wenn man sie früh damit beginnen lässt und ihnen diese positiven Erfahrungen vermittelt, werden sie auch in späteren Jahren damit weitermachen wollen", so Master. "Da Technologie und Informatik so viele wichtige Einflüsse auf unsere Gesellschaft haben und darauf, wie wir uns gegenseitig helfen können, halte ich es für wichtig, dass wir die Türen für eine breitere Beteiligung an der Informatik öffnen. Wir brauchen die Vielfalt der Ideen und die ganze Bandbreite der Perspektiven der größeren Gemeinschaft."

Na dann also los: öffnet die KITAs für Programmierkurse, damit Mädchen gar nicht mehr von der Idee abgebracht werden können, IT-Spezialistin werden zu wollen ;-)

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 22. Mai 2023