Weniger Fett = weniger Zucker?

Studie: Wenn Verbraucher:innen sich durch Nährwertangaben getäuscht fühlen, kaufen sie die Produkte weniger

Habt ihr euch schon oft dabei ertappt, lieber zum "fettarmen" Produkt zu greifen, weil es möglicherweise gesünder oder kalorienärmer sein könnte? Das Label "fettarm" auf Lebensmitteln kann aber nach neuen Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) mehr schaden als nützen. Bewerben Hersteller ihre Produkte als fettarm, gehen viele Verbraucher:innen offenbar davon aus, dass diese auch weniger Zucker enthalten. Der Zuckergehalt vieler fettarmer Produkte weicht jedoch nicht groß von dem anderer Produkte ab. Davon fühlten sich viele der in der Studie Befragten getäuscht und gaben an, diese Produkte weniger kaufen zu wollen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Knabbersnack Pom-Bär Ofen Minis, den Verbraucher:innen jüngst beim Negativ-Preis "Der goldene Windbeutel" zur dreistesten Werbelüge kürten - nämlich für die Werbung "50 Prozent weniger Fett" bei gleichzeitig einem sechsmal so hohem Zuckeranteil wie im herkömmlichen Produkt.

In drei Online-Experimenten mit 760 Personen aus den USA untersuchten die Forschenden, welchen Einfluss Hinweise auf Joghurt-Verpackungen auf die Wahrnehmung und das Kaufverhalten haben. Die Teilnehmer:innen wurden gebeten, den Kaloriengehalt, den Zuckergehalt und den Fettgehalt auf einer siebenstufigen Skala zu bewerten. Außerdem sollten sie angeben, ob sie das Produkt kaufen würden. "Wir wollten herausfinden, ob Hinweise auf einen reduzierten Fettgehalt den Gesamteindruck eines Produkts verändern", sagt der Wirtschaftswissenschaftler und Studienleiter PD Dr. Steffen Jahn von der MLU.

Angaben auf Lebensmittelverpackungen können Wahrnehmung verzerren

Die Ergebnisse zeigen: Die Befragten schätzten den niedrigeren Kaloriengehalt des fettarmen Joghurts meist richtig ein. Gleichzeitig glaubten sie aber auch, dass der Joghurt weniger Zucker enthielt als der Joghurt ohne diese Angabe. Im zweiten und dritten Experiment wurde einem Teil der Befragten das fettarme Produkt nach dem ersten Durchlauf noch einmal mit den tatsächlichen Nährwertangaben auf der Vorderseite gezeigt. Diese Gruppe korrigierte dann ihre Meinung zum Zuckergehalt. Gleichzeitig sank aber ihre Bereitschaft, den Joghurt zu kaufen, obwohl das fettarme Joghurt weniger Kalorien enthielt. Bei einer Vergleichsgruppe, der fettarme Produkte direkt mit den Nährwertangaben auf der Vorderseite der Packung präsentiert wurden, änderte sich die Kaufabsicht dagegen nicht.

"Viele Menschen wollen sich gesund ernähren, schaffen dies aber aus vielfältigen Gründen nicht. Dabei spielen auch die Angaben auf Lebensmittelverpackungen eine Rolle, da sie die Wahrnehmung der Verbraucherinnen und Verbraucher verzerren können", so Jahn. Diesen Effekt würden sich einige Hersteller zunutze machen: In Australien wurde eine Kuchenmischung mit "97 Prozent fettfrei" beworben, die gleichzeitig zu 55 Prozent aus Zucker bestand.

"Unsere Studie zeigt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sich von einem Produkt getäuscht fühlen können, obwohl Herstellerangaben wie 'fettarm' streng genommen stimmen, aber gleichzeitig einen Teil der Wahrheit verdecken", sagt Jahn abschließend. Der Forscher rät Herstellern diese Praxis zu überdenken, wenn sie langfristig ihre Kund:innen binden wollen. Eine Möglichkeit sei es, die Nährwerte der Produkte direkt auf der Vorderseite anzugeben.

Die Arbeit erschien im Journal "Food Quality and Preference".

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 29. Juni 2023