Es hat länger gedauert als gedacht. Eigentlich sollte es am 08.12.2180 losgehen, doch schon beim Start ging alles schief. 10, 9, 8 – es wurde wie üblich heruntergezählt – 7, 6, 5 – und alles schien normal zu sein – 4, 3, 2 – doch das war es nicht – 1, 0 – Boom! Eines der vier Triebwerke explodierte, als das Raumschiff gerade mal acht Meter hoch in der Luft war und so stürzte dieses ab. Es wurde zwar glücklicherweise niemand verletzt, doch einige Teile des Raumschiffs wurden beim Aufprall beschädigt und mussten aufwendig repariert oder neu hergestellt und eingebaut werden. Jetzt, 10 Jahre später, ist aber endlich alles so weit: die erste Marsmission kann beginnen!
Es sind noch genau 3 Stunden, 11 Minuten und 15 Sekunden bis zum Start und ich stehe mit meiner Crew vor dem Raumschiff. Meine Crew – dazu gehören Izzy Brown, Liú Lee und ich aka Alexia Schneider. Wir gehen gemeinsam in das Raumschiff und nehmen im Cockpit Platz. Während ich noch darüber staune, wie flach und bettähnlich die Sitze sind, fangen die anderen beiden schon an, die Bordsysteme zu prüfen. Wären die Sitze bloß auch genauso gemütlich wie ein Bett,… Ich reiße mich aus meiner Tagträumerei und helfe beim Bordcheck mit.
So langsam merke ich, dass es ernst wird. Gleich geht es los und wenn alles klappt, werden wir die ersten Menschen auf dem Mars sein! Das ist so krass! Ich freue mich total und werde gleichzeitig kontinuierlich nervöser. 10, 9, 8, 7, 6 – der Countdown beginnt – 5, 4, 3, 2, 1, 0 – und schon geht es los. Ich habe das Gefühl, mein Herz springt gleich aus meinem Brustkorb, so schnell hämmert es, doch ein Zurück gibt es erstmal nicht mehr, ich fliege wirklich ins Weltall!
Unser Flug wird voraussichtlich 2 Monate dauern. Das ist eine ziemlich lange Zeit, doch noch vor 100 Jahren hätte niemand daran geglaubt, dass ein Flug zum Mars jemals so schnell gehen könnte. Damals haben die meisten Menschen sogar ganz die Hoffnung aufgegeben und dachten nicht, dass es je einen bemannten Flug zum Mars geben würde, da viel zu viel Treibstoff benötigt werden würde.
Bloß die Geschwister Scarlet und Vanessa Jones glaubten, dass es eine Lösung für jedes Problem gibt. Sie waren ehrgeizige Forscherinnen und fanden vor 50 Jahren schließlich einen klimafreundlichen und hocheffektiven Treibstoff, der die Welt und das Konzept von Raumfahrt revolutionierte. Mit genau diesem Treibstoff sind wir nun auf dem Weg zum Mars.
So langsam beruhigt sich mein Herzschlag wieder und ich versuche, mich zu entspannen. Ich schließe die Augen und nicke kurzerhand ein. „Piep, piep, piep“, ich werde von einem nervigen Geräusch geweckt. Widerwillig schnalle ich mich von meinem Sitz ab und schwebe unerwartet nach oben. Damit hätte ich wohl rechnen müssen, immerhin befinden wir uns im Weltall. Schwerelos zu sein, fühlt sich witzig an. Ich drücke mich mit den Füßen von der Decke ab und versuche mit Schwimmbewegungen voranzukommen. Das klappt aber nicht so ganz. Anstatt mich wieder dem Boden zu nähern, drehe ich mich jetzt unkontrolliert im Kreis. Ein kleines Lachen entfährt mir. Mich hier richtig fortzubewegen, werde ich zwar noch lernen müssen, doch so macht es irgendwie auch Spaß. Ich schließe meine Augen und genieße die Freiheit, die mir die Schwerelosigkeit bietet.
Plötzlich stoße ich irgendwo gegen: zuerst mit dem Knie, dann mit der Brust und eine Sekunde später auch mit dem Mund und der Nase. Ich öffne meine Augen wieder. Ich bin gegen Izzy gestoßen. Ich schaue ihr in die Augen. Mein Blick wandert weiter nach unten auf ihre Nase und auf ihren Mund. Dabei bemerke ich, wogegen ich eben genau gestoßen bin: gegen ihren Mund! Mein Mund liegt nämlich auf ihrem!
Hektisch bewege ich meine Arme nach hinten, um etwas Platz zwischen uns zu schaffen. So ganz funktioniert das zwar auch noch nicht, aber immerhin liegen jetzt ein paar Zentimeter zwischen uns. Ich gucke Izzy angespannt an. Was wird sie jetzt denken, was wird sie sagen? Meine Gedanken schlagen Alarm. Als Izzy schließlich loslacht, kann ich mich auch nicht mehr halten und lache mit. „Erst drehst du vor mir Pirouetten und dann küsst du mich auch noch. Was habe ich denn Tolles gemacht, dass ich diese Showeinlage verdient habe?“, fragt sie scherzend. Die ganze Anspannung fällt von mir ab.
Auch im Hintergrund lacht jemand auf. Es ist Liú. Er fragt scherzhaft: „Ach, wird das etwa eine Knutschparty? Werde ich denn noch eingeladen?“ Izzy lacht, antwortet aber bestimmt: „Nein.“ Sie zieht mich zu ihr heran. Schon liegen ihre Lippen wieder auf meinen, dieses Mal ist aber alles ganz gewollt. Zuerst bin ich irritiert, doch der Kuss fühlt sich schön an, also schließe ich meine Augen und genieße den Moment.
Als Izzy ihren Kopf zurückzieht, öffne ich meine Augen wieder. Plötzlich bin ich zurück zu Hause und liege in unserem Bett. „Guten Morgen Schlafmütze“, flüstert mir Izzy ins Ohr. Im Hintergrund höre ich den Wecker piepen. „Es ist Zeit aufzustehen“, fügt sie hinzu. „Ich will nicht“, protestiere ich, doch Izzy ist schlagfertig und erwidert direkt, dass ich mich doch heute für die Astronaut*innenausbildung bewerben wollte. Das will ich auch, trotzdem bin ich wie üblich nicht motiviert genug aufzustehen. Izzy weiß schon, wie sie mich rumkriegt und fügt noch hinzu: „Außerdem würdest du einen Kuss von mir bekommen“.
Sie kennt mich einfach zu gut. Schmunzelnd stehe ich also auf und gehe zu ihr. Izzy schließt mich in den Arm und wir küssen uns.
Ich glaube, heute wird ein guter Tag. Ich bin zwar noch nicht auf dem Weg zum Mars, doch irgendwann werde ich das sein und zwar mit Izzy an meiner Seite.
Ich bin mir ganz sicher, das wird eine sehr interessante Reise.