Eine uralte Prophezeiung trat in genau der Sekunde in Kraft, als die Mauern der Stadt in sich zusammenfielen. Und Monate später, stand ich am Steuer der Alpha SV, ein hochmodernes UFO. Also für andere, nicht für mich. Unser Ziel? Eine neue Stadt erbauen, ein neues Welblatem.
Insgesamt waren noch dreiundzwanzig andere fliegende Untertassen dabei, alle beseelt mit demselben Traum. Unser Orakel hatte nur gesagt: Am besten dort, wo der Pfeffer wächst und auf blauem Boden.
Das Problem? Es ist schwierig in der Milchstraße einen Planeten in der Goldlöckchenzone zu finden. Doch eines Tages hatten wir tatsächlich mal Glück und geschickt setzte ich die Alpha SV zur Landung an. Meine Mutter Bria zappelte vor Freude mit ihren nackten Zehen. Denn wir waren auch homo sapiens und unsere Stadt Welblatem hatte auf einem Exoplaneten des Planeten Erde gelegen.
Mein Vater Ace allerdings schritt würdevoll aus der Beta HG, die er kommandierte, und wählte eine Truppe aus, die mit ihm auf Erkundungstour gehen sollte. Eine Stunde später kam Ace wieder zurück und befahl:
„Lager aufbauen.“
Mitten in der Nacht fuhr ich erschrocken aus dem Schlaf hoch und schaute in die Krone des Baumes, unter dem ich schlief. War da nicht etwas gewesen? Entspann dich, sagte ich zu mir selbst.
Und doch wurde ich das Gefühl nicht los, dass mich jemand beobachtete.
Verunsichert kniff ich angestrengt die Augen zusammen.
Plötzlich zuckte ich zusammen, ein Paar blaugraue Augen starrte mich an und mir gefror das Blut in den Adern. Ich konnte den Blick nicht abwenden.
Ich zitterte und das lag nicht an der nächtlichen Brise. Dann hörte ich den Ton eines Muschelhorns.
Die kräftige Gestalt eines Jungen rannte vom Baum weg und ein greller blauer Hahnenkamm stach mir ins Auge.
„Aufwachen“, schrie ich. „Aufwachen ihr Penner!“
Ace schnellte hoch und griff nach seinem Schwert, während Bria schnell in ihre Sandalen schlüpfte. In der Ferne ertönte der schreckliche Klang von Waffen.
Ayla, meine BFF, schnappte sich ebenfalls Lanze und Bogen und begann, Befehle zu geben.
„Alpha bis Mi an die Front, Ni bis Omega auf die Streitwägen. Dann das Übliche.“
Wir hätten der römischen Legion echt Konkurrenz gemacht. Ich war die Heerführerin und Ayla meine Gefährtin. Schon von Weitem sah ich den blauen Hahnenkamm und mein Herz rutschte mir in die Hose. Ayla bemerkte meinen Blick und folgte ihm. Dann grinste sie.
„Hast du dich in ihn verknallt, oder was?“, fragte sie und ich schüttelte den Kopf. Zu heftig, denn er hatte mich bemerkt. Kein Wunder, denn auch er stand an der Front.
„Nein!“, schrie ich leise, dass es nur Ayla hörte.
Er und ich erstarrten vor Schreck und ich wurde schon wieder von seinen blauen Augen gefangen. Um uns herum brach das reinste Fiasko aus, denn unsere Gegner griffen an. Haarscharf zischte ein Pfeil an meinem Ohr vorbei und riss mich von den unbeschreiblichen Augen los.
„Angriff!“, schrie ich viel zu spät, doch immerhin hatten wir so ein Dutzend gegnerische Krieger in die Unterwelt geschickt. Die, die es überlebt hatten, hatten kein Schild mehr, deshalb hatten wir leichtes Spiel. Ich rannte hierhin und dorthin und durchbohrte so manche Gegner mit meinen Pfeilen. Nur, ich wich dem blauen Hahnenkamm tunlichst aus, doch ich wusste, ich konnte mich nicht ewig verstecken.
Am Nachmittag schickte Ace einen Boten in die Stadt, um nach dem Grund des Angriffs zu fragen.
Am nächsten Morgen kam der Bote wieder zurück und sagte zu Ace: „Er hat gesagt, er wolle nicht, dass wir hier siedeln. Er werde so lange kämpfen, bis wir die Gegend wieder verlassen haben. Allerdings habe ich ihn zu einer Art Kompromiss überredet, aber die Bedingung wollte er mir nicht verraten.“ Ich wurde blass, denn mir schwante nichts Gutes.
„Wir sollen heute in der vierten Stunde am Schlachtfeld sein.“
Meine Lanze lag mir schwer in der Hand, als ich wieder neben Ayla an der Front stand und den König betrachtete. Neben ihm stand der Junge mit dem blauen Hahnenkamm.
Der König räusperte sich.
„Wenn ihr gewinnt, im Zweikampf der Heerführer, dann überlasse ich euch, wo ihr siedeln wollt. Verliert ihr, dann müsst ihr diesen Planeten sofort verlassen. Es wird ein Kampf um Leben und Tod werden“, sagte er, „Und wer ist euer Heerführer?“
„Ich“, sagte ich und trat vor.
Er warf mir einen Blick zu und sagte: „Ich bin nicht zum Scherzen aufgelegt!“
Da sieht man es mal wieder. Männer unterschätzen Frauen immer. Ich hatte große Lust, ihm einen Pfeil durch den Kopf zu jagen.
Ich sah ihn so finster an, dass er klein beigab, doch als ich meinen Gegner sah, wäre ich beinahe geflüchtet. Es war Blauauge.
Plötzlich gab es nur mich und ihn, doch ich konnte ihn nicht einfach umbringen!
Er hatte einen seltsamen Gesichtsausdruck, war es Mitleid?
Ich hob zögerlich die Lanze. Er ebenfalls und wir schleuderten gleichzeitig. Seine verfehlte mich nur knapp. Doch Blauauge hatte weniger Glück. Meine Lanze traf ihn am Unterleib und er stürzte zu Boden.
„Nein!“, schrie ich und war mit einem Satz neben ihm. „Nicht!“
Vorsichtig zog ich meine Lanze aus seinem Körper und er lächelte traurig.
„Vale“, flüsterte er mir ins Ohr.
Nach meinem unverdienten Sieg saß ich an einer Klippe, blickte über das lilafarbene Meer und hing meinen Gedanken nach. Dabei rollten mir Tränen über die Wangen und ich fragte mich, wieso ausgerechnet er dieses Schicksal verdient hatte. Und so bemerkte ich die Gestalt nicht, die an mich herangeschlichen war und mir auf die Schulter tippte.
Erschrocken wirbelte ich herum und hätte beinahe Blauauge von den Füßen gerissen.
„Was machst du denn hier?“, fragte ich erschrocken. „Müsstest du nicht tot sein?“
„Ich werde nicht umsonst Sohn der Göttin genannt. Mutter erkennt wahre Liebe auf den ersten Blick und man hatte mich bereitwillig aus der Unterwelt entlassen“, sagte er und setzte sich neben mich.
„Wer ist deine Mutter?“
Als Antwort zog er mich nur lachend zu sich heran und drückte mir einen sanften Kuss auf die Lippen. Der Wind spielte mit unseren Haaren, während die zwei Sonnen gerade untergingen. Wie auf einer kitschigen Valentinskarte.