RX7Z4 schlägt Alarm

Wettbewerbsbeitrag von Fynn Luno, 14 Jahre

Irgendetwas hatte mich geweckt. Wahrscheinlich das kalte, nasse Gefühl, dass mir meine obere Kopfschicht langsam in mein rechtes Hörloch lief. Das weckt mich meistens. Doch wenn man ein Flubberwesen vom Planeten Gluberdutsch ist, gewöhnt man sich im Laufe seiner Lebenszeit an diese Dinge. Wir Flubberwesen haben nämlich keine Knochen. Wir sind einfach nur ein Stück schleimiger Masse, die gerade macht, was ihr gefällt. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Spezies verfügen wir über einen Mund, eine Stimme, Augen und Hörlöcher und sind somit um einiges besser aufgestellt als viele andere Wesen, die sich im Weltall herumtreiben. Ich hob also meinen flutschigen Kopf und blickte mich im Wohnraum unseres Raumschiffs, der RX7Z4, um. Es herrschte ein absolutes Chaos. Jos, die Flunguste, (er beschreibt sich selbst als Fliegeviech, eine genauere Beschreibung bekommt ihr hier nicht) flog im Zickzack durch den ganzen Raum, K.R.R.X., der Roboter vom Planeten 4452 warf ein Fragezeichen nach dem nächsten durch seinen Beamer auf die Wand, Haoni, die Energie, die sich nur als Summen in unseren Köpfen bemerkbar machte, summte eine chromatische Tonleiter, und Tilda, unser jüngster Zuwachs vom Planeten Erde (in diesem Fall wirklich jung, die Kleine war erst neun), rannte hin und her und versuchte, Jos einzufangen. Hinzu kam noch der schrillende Alarm, mit dem uns unser Schiff auf etwas aufmerksam machen wollte.
„Was ist denn los?“ rief ich Tilda zu. Die zuckte mit den Schultern. „Irgendwas ist kaputt oder so. Ich wollte dich eigentlich wecken, Alice, aber in dem Moment hat Jos Panik bekommen.“ Sofort blieb Jos in der Luft stehen. „Fab ich farnicht“, protestierte er. Uff. So kamen wir nicht weiter!
„Okay Leute kommt mal alle wieder runter“, forderte ich meine Crew auf. Sofort wurde es still und alle wendeten sich zu mir. Ich muss sagen, es hat schon gewisse Vorteile, Kapitänin eines Raumschiffs zu sein. Wenn unsereins spricht, dann wird zugehört! „Etwas ist kaputt…oder so. Auf jeden Fall gibt es einen Alarm, besser gesagt einen Notfall? Was machen wir in einem Notfall? Was wir immer tun. Und das ist?“ fragte ich meine Crew.
„Eine Krisenbesprechung“ kam es auf vier verschiedene Arten zurück. „Ganz genau“, bezeugte ich. In Sachen Krisenbesprechung waren wir fünf schon ein eingespieltes Team. „Also? Wer hat Lösungsvorschläge?“ Haoni meldete sich zuerst zu Wort. Eigentlich erklärt sich das doch von selbst. Summte sie in unsere Köpfe. Was macht man, wenn etwas kaputt ist? Ganz genau: man repariert es. Wie das? Mit summen. Wie immer. Zumindest haben wir Energika das immer so gemacht. Also los. Alle summen, bis wir im totalen Einklang sind. Dann löst sich das Problem ohne weiteres.
„Fas Problem ift nur, daff unfer Schiff nift summen kann“, warf Jos ein. „Wefhalb wir nift im Einklang mit ihm sein können.“
Dann mach einen besseren Vorschlag! Haoni klang schon fast beleidigt. „Alfo fei uns in Fliberling fuhaufe“, meinte Jos, „fa haben fir ja immer nur den Füsenantrieb des anderen angepustet. Fann ging es unf immer gleich fieder gut. Vielleicht füssten fir einfach nur den Füsenantrieb finden.“
„Da muss ich leider widersprechen Flunguste“, sagte ich niedergeschlagen. „Niemand weiß, ob RX7Z4 überhaupt einen Düsenantrieb hat, geschweige denn wo sich dieser befindet.“ Angestrengt dachte ich nach. „Ich könnte versuchen einen Teil von mir abzulösen und mit RX7Z4 zu verbinden. Mein Vater hat das immer gemacht. Früher, wenn ich mit ihm und meinen kleinen Geschwistern auf Urlaub gefahren bin. Unser Flubbermobil hat sich auch immer auf der Hälfte der Strecke aufgelöst.“ Du vergisst das unsere RX7Z4 nicht aus demselben Material ist wie du, meine Liebe! Meine Güte! Musste Haoni immer alles besser wissen?  „K.R.R.X. was sagst du dazu?“ mischte sich Tilda ein, die einen Streit immer schon von Weitem kommen sehen konnte. Der Roboter deutete aufgeregt auf seinen eingebauten Flachbildschirm. Ich habe eine Idee… stand dort. Im Anschluss spielte er ein Werbevideo von einer Firma, die Roboter herstellte, ab. Es war eine Anleitung für den Selbstheilungs-Knopf, der unserem K.R.R.X., laut seinen Geschichten, schon ein paarmal das rostige Roboterleben gerettet hatte. Doch allen war sehr bald klar, dass unser Schiff nicht über solche Fähigkeiten verfügte. Tilda dachte eine Weile nach. „Meine Mutter“, begann sie nach längerem Überlegen, „hat früher immer alles, was kaputt war, einmal an und wieder ausgeschaltet. Und wenn das nicht geholfen hat, dann hat sie die Kabel überprüft.“ In roten Leuchtbuchstaben erschienen die Worte keine Kabel oder Knöpfe auf K.R.R.X.s Stirn, was auch dieser Überlegung ein Ende bereitete. Die Situation spitzte sich gehörig zu. Der Alarm wurde immer lauter, und, meine lieben Freunde, ich muss zugeben, dass sogar ich langsam ein wenig gestresst wurde. Es piepste ununterbrochen und die roten Lichter blinkten wie verrückt. Jos fing wieder an, aufgeregt im Kreis zu fliegen. Haoni summte einen schrillen Ton nachdem anderen. K.R.R.X. spielte ein Yoga/Entspannungsvideo ab. Tilda und ich sahen uns ratlos an. Es war wirklich nicht leicht einen Ausweg aus dieser Situation zu finden. Nicht, wenn wir alle so unterschiedliche Erfahrungen und Ansichten über alles hatten. Und schon gar nicht, wenn keiner von uns auch nur den leisesten Schimmer einer Ahnung von unserem Schiff hatte. Doch gerade als ich kurz davor war Panik zu bekommen, fiel mir ein, wieso ich so ein komisches Gefühl beim Aufwachen gehabt hatte. Ich hatte etwas vergessen! Etwas höchst Wichtiges! So schnell mich mein kleiner Flubberkörper trug, flutschte ich in die Kombüse, um dort meinen Verdacht bestätigt zu finden: Ich hatte vergessen, das einzige Getränk, das wir alle ohne jegliche Ausnahme mochten, von der Aufwärmestelle zu nehmen! Nichts war kaputt, alles war gut, nur meine Altersvergesslichkeit hatte uns mal wieder in Schwierigkeiten gebracht, die diesmal zum Glück gar keine waren: unsere gute RX7Z4 hatte die ganze Zeit nur versucht, mich darauf aufmerksam zu machen, dass die Milch von unserem Kakao übergelaufen war!

Alle Infos

Die Über All Lesung

Lasst euch von sieben der Preisträger:innen des Wettbewerbs Über All in ferne Welten entführen

Die Über All-Preisträger:innen

Vielen Dank an alle Teilnehmenden für diese spannenden Exkursionen ins All und herzlichen Glückwunsch den Preisträger:innen

Die Über All Jury

Teilnahmebedingungen

Preise - Das gibt es zu gewinnen!

Schirmherrin Dr. Suzanna Randall

EINSENDUNGEN

Autorin / Autor: Fynn Luno